Bei diesen Zahlen bleibt einem nur das blanke Staunen - oder man findet es einfach nur lustig und amüsant.
Um Lichtjahre enteilt
So wie Isabel Gose im Gespräch mit SPORT1. Als die deutsche Hoffnungsträgerin im Schwimmen bei den Olympischen Spielen in Paris gefragt wurde, was Katie Ledecky besser macht als all ihre Konkurrentinnen, musste sie erst einmal lachen.
„Wenn das so leicht zu sagen wäre“, sagte Gose dann, die sich selbst auch berechtigte Hoffnungen auf eine Medaille über die 800 Meter Freistil macht.
Doch Gold, da ist sich die 22 Jahre alte Berlinerin sicher, ist eigentlich schon vergeben. „Katie schwimmt auf einem Niveau, auf dem seit Jahren keine andere Frau so richtig angekommen ist“, sagte Gose und verwies eben auf diese erstaunlichen Zahlen.
„Ihre Bestzeiten sind ja wirklich meilenweit von dem entfernt, was wir anderen im Moment so ins Wasser bringen können“, erklärte die 400-Meter-Europameisterin von 2022 – übertrieb damit keinesfalls.
Ledecky über 800 und 1500 Meter nicht zu schlagen
Über 800 Meter Freistil, wo beide am Samstag kommender Woche im Finale erwartet werden, hat Ledecky weltweit die 29 (!) schnellsten Rennen absolviert.
Oder anders ausgedrückt. Die zweitbeste Schwimmerin schafft es in dieser Liste nur auf Position 30 - und ist achteinhalb (!) Sekunden langsamer als die US-Amerikanerin bei ihrem Weltrekord bei Olympia 2016. Von den besten 52 Zeiten der Geschichte stammen 43 von Ledecky, eine ebenso absurde wie einmalige Bilanz.
Gewinnt sie über diese Strecke auch in Paris, würde sie zum vierten Mal in Folge Olympia-Gold in einer Disziplin holen. Das ist bislang noch keiner Athletin gelungen.
Ähnlich beeindruckend sieht die Liste über 1500 Meter aus. Die 19 schnellsten Zeiten auf dieser Strecke sind alle von der 27-Jährigen geschwommen worden, unter den Top 30 findet sich der Name Ledecky gar 27 (!) Mal. Fast 20 Sekunden ist ihre Bestzeit schneller als die der zweitschnellsten Schwimmerin der Geschichte über diese Distanz.
Ledecky gelingt Sensation als 15-Jährige
Ledeckys Stern ist dabei bereits vor zwölf Jahren aufgegangen. Bei den Olympischen Spielen 2012 in London war sie erst 15 - und damit die jüngste US-Teilnehmerin. Im Vorlauf schwamm sie zunächst die drittbeste Zeit und so redeten im Vorfeld alle nur über den erwarteten Zweikampf zwischen Lokalheldin Rebecca Adlington und Lotte Friis aus Dänemark.
Selbst die US-Kommentatoren merkten daher zunächst nur an, wie naiv schnell Ledecky ihr Rennen angehen würde, als diese im Finale rasch in Führung gegangen war. Dieses Tempo könne sie aber auf gar keinen Fall durchhalten, so lautete die eindeutige Meinung der Experten.
Doch sie hatten sich getäuscht, die 15-Jährige hielt durch - und wie! Ledecky gewann sensationell Gold über 800 Meter Freistil. „Das ist surreal, das ist unglaublich“, wurde sie nach dem Triumph von der Washington Post zitiert.
Ihr Olympiasieg läutete eine Ära ein, die ihresgleichen sucht, und bis heute anhält. Es folgten sechs weitere Olympiasiege und nicht weniger als 21 WM-Titel. Bei den Olympischen Spielen in Rio 2016 kam sie dabei 22 (!) Sekunden vor der zweitplatzierten ins Ziel.
Rennen, bei denen die besten Schwimmerinnen der Welt (nach ihr) nicht einmal mehr im Bild zu sehen sind, sind alles andere als unüblich - zu gewaltig fällt ihr Vorsprung oft aus.
China-Affäre: Ledecky findet klare Worte
Ihre Dominanz ist so groß, dass selbst die Chinesinnen trotz ihrer umstrittenen Praktiken in all den Jahren nicht den Hauch einer Chance gegen Ledecky hatten.
Die siebenmalige Schwimm-Olympiasiegerin bezieht darauf angesprochen auch klar Stellung und bat um eine lückenlose Aufklärung der Thematik: „Wir werden häufig stichprobenartig getestet und müssen unseren Aufenthaltsort bekannt geben. Und alles, worum wir bitten, ist, dass diese Regeln weltweit fair und konsequent angewendet werden.“
Aber auch keine Chinesin wird verhindern können, dass Ledecky in Paris über ihre beiden Paradestrecken als haushohe Favoritin ins Rennen geht. Ihren ersten Start plant sie indes bereits bei den Vorläufen über 400 Meter Freistil am Samstag - und zumindest dort könnte sie im Kampf um Gold schlagbar sein.
Ledeckys Kakaomilch-Video geht viral
Doch Ledecky ist nicht nur die Frau der schnellen Zeiten und beeindruckenden Rekorde. Sie verfügt auch über erstaunliche akrobatische Fähigkeiten und eine fast schon magische Körperbeherrschung.
Mitte Juni ging ein Video um die Welt, in der sie eine Bahn schwimmt - und dabei über die gesamte Distanz ein volles Glas Kakaomilch balanciert. Nicht ein Tropfen fiel dabei aus dem Glas.
Bis zu 17,7 Millionen Mal wurde das auf X gepostete Video bislang angeklickt.
Ledecky auf den Spuren von Schwimm-Gigant Phelps
In Paris wären ihr jedoch die olympischen Gold-Medaillen Nummer acht und neun sicher wichtiger als ein Schluck Kakaomilch. Und womöglich kommt sogar noch einmal Gold mit der Staffel hinzu.
Mit dann zehn olympischen Goldmedaillen wäre sie die erfolgreichste Olympionikin der Geschichte - und würde somit ihrer unglaublichen Bilanz einen weiteren Rekord hinzufügen.
Nur ihr legendärer ehemaliger Schwimm-Kollege Michael Phelps wäre auf beide Geschlechter bezogen noch erfolgreicher. Die 23 Goldmedaillen ihres Idols, auf das sie einst als kleines Kind auf einem Parkplatz wartete, um ein Autogramm zu erhalten, wird sie kaum noch erreichen können.
Fairerweise sei aber angefügt, dass Phelps zehn seiner Olympia-Goldmedaillen mit der US-Staffel gewann, Ledecky nur eine. Setzt sie ihre Schwimm-Karriere bis zu ihren „Heim-Spielen“ in Los Angeles 2028 fort, könnte sie also zumindest in Sachen Einzel-Goldmedaillen dem Schwimm-GOAT noch gefährlich nahekommen.
Aber auch wenn es damit nicht mehr klappen sollte, ist die Dominanz von Ledecky über ihre Paradedistanzen beispiellos. Besiegen kann sie dort auf absehbare Zeit wohl nur ein Fisch.