Es gibt sie immer wieder. Menschen, die sich anlässlich besonderer Ereignisse in ihrem Leben ein Tattoo stechen lassen. Ein solcher Mensch ist auch Alaa Maso. 2021, wenige Wochen nach den Olympischen Spielen in Tokio, tat der Schwimmer genau da. Das Motiv auf dem rechten Unterarm: die olympischen Ringe.
Olympia-Märchen eines Flüchtlings
Ein Symbol und eine ganz besondere Erinnerung. „Das Tattoo wird für immer bei mir bleiben“, erklärte der gebürtige Syrer seinerzeit. Damals wie heute war und ist er als Olympionike Teil der wohl besondersten Mannschaft, dem IOC Refugee Olympic Team.
Seit 2016 existiert dieses besondere Team. Neben sportlichen Leistungen braucht es für die Aufnahme eine Anerkennung des Flüchtlings-Status durch das UNHCR (Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, Anm. d. Red.). Und diese hat der Schwimmer, auch wenn er sich längst in seiner neuen Heimat Deutschland wohlfühlt.
Flucht vor dem Krieg in Syrien
Maso wuchs im syrischen Aleppo auf, war einer der besten Schwimmer seines Landes. So stellte er beispielsweise einen nationalen Rekord über 50 m Kraul auf. Doch der Krieg in seiner Heimat veränderte alles. Von 2013 bis 2015 gab es keinerlei Training, 2015 waren bereits 70 Prozent seiner Heimatstadt zerstört. Schlechte Versorgung, kaum Essen, Bomben – dazu die Angst, dass vor allem sein älterer Bruder Mohamad zum Militärdienst eingezogen werden könnte.
Die Folge: Alaa und Bruder Mohamad beschlossen zu fliehen, peilten die Niederlande, wo sie Freunde und Verwandte haben, als Ziel an. Doch es kam anders. Weil sie zuerst in Deutschland registriert wurden, ging es nach sechs Monaten in den Niederlanden wieder zurück in die Bundesrepublik. Nach einer kurzen Station in Osnabrück durften die Brüder nach Hannover ziehen, wo für Alaa schließlich ein Traum wahr wurde.
Dank vollem Fokus auf den Leistungssport wurde er 2021, im Alter von 21 Jahren, für das Flüchtlingsteam bei Olympia nominiert. Optimal verliefen die Wettkämpfe in Japan zwar nicht - Maso kam nicht über die Vorläufe hinaus – an den einzigartigen Erlebnissen änderte dies jedoch mitnichten etwas.
So hätte der Sportler nur ein paar Wochen vorher wohl kaum gedacht, dass er einmal mit Tennis-Superstar Novak Djokovic am Frühstückstisch sitzen, oder mit seinem Idol, dem französischen Schwimmstar Florent Manadou sprechen würde
Maso erneut bei Olympia
Nun, drei Jahre später, ist der Freistil- und Schmetterlingssprinter aus Hannover noch einmal dabei. Knapp war es zuvor, nicht sicher, ob seine Leistungen für eine Nominierung reichen würden. Doch es klappte. Maso wurde erneut berufen, ist einer von 36 Athletinnen und Athleten aus elf Ländern, die für das Flüchtlingsteam antreten. Randnotiz: Neun von ihnen werden vom Deutschen Olympischen Sportbund betreut.
Noch vor wenigen Wochen trat er erfolgreich bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin an, gewann mit den Staffeln seiner Wassersportfreunde Hannover eine Silber- und zwei Bronzemedaillen.
In Paris stehen nun erneut olympische Wettkämpfe auf dem Programm. Wie sportlich erfolgreich diese für Maso werden, wird sich zeigen. Klar ist aber schon jetzt: nach seiner Flucht vor dem Krieg in seinem Heimatland hat er ein neues Zuhause und Freunde gefunden. Die zwei Olympiateilnahmen krönen dabei seinen Neuanfang.