Als das Siegerfoto geschossen wurde, stand Lena Dürr im Abseits.
Gold verpasst: Dürr ringt mit den Tränen
Mit Tränen in den Augen musste die Münchnerin mitansehen, wie die Medaillen im Slalom, die für sie greifbar nah waren, von drei anderen Läuferinnen bejubelt wurden. Als Beste des ersten Laufs war Dürr in das olympische Finale auf der „Eisfluss“-Piste gegangen, auch bei den Zwischenzeiten lag sie knapp vorne, im Ziel aber leuchtete neben ihrem Namen nur die „4″ auf.
Lena Dürr: „Es tut grad richtig weh“
„Es tut grad richtig weh, noch dazu war es echt knapp“, sagte Dürr mit Tränen in den Augen kurz darauf im ZDF - sie rang nach Worten. 0,07 Sekunden fehlten zu Bronze, und es wäre noch mehr drin gewesen. Olympiasiegerin Petra Vlhova (Slowakei), die von Rang acht nach vorne fuhr, lag nur 0,19 Sekunden vor der Deutschen, die ernüchtert feststellte: „Es ist bitter, es ist auch ganz knapp auf den ersten Platz.“ (DATEN: Alle Ergebnisse bei Olympia 2022)
Dürr habe es „in der Hand gehabt, das war die Chance ihres Lebens, mit dem großen Vorsprung dann noch, ein paar der anderen haben gepatzt. Extrem bitter, sehr, sehr schade“, kommentierte die dreimalige Olympiasiegerin Maria Höfl-Riesch. Höfl-Riesch hatte 2010 mit Slalom-Gold die bislang letzte DSV-Medaille bei Olympia in dieser Disziplin geholt.
Für Dürr war die Chance auf das Rennen ihres Lebens in der Tat groß wie nie. Mikaela Shiffrin (USA) schied wie schon im Riesenslalom im ersten Lauf aus. Dürr führte knapp vor Michelle Gisin (Schweiz) und Riesenslalom-Olympiasiegerin Sara Hector (Schweden). Vlhova patzte. Zweiter Lauf: Gisin fuhr schlecht, Hector schied aus, und als Dürr ins Finale startete, tat sie das mit 0,72 Sekunden Vorsprung auf Vlhova. Doch sie verlor unterwegs den Rhythmus, der Vorsprung schmolz - und war dahin.
Shiffrin mit nächstem Drama
Vlhova, Slalom-Dominatorin und bereits Weltcupsiegerin in diesem Winter, gewann schließlich vor Weltmeisterin Katharina Liensberger (Österreich/+0,08 Sekunden), Wendy Holdener (Schweiz/+0,12) - und eben Dürr. Emma Aicher belegte Rang 18. Shiffrin dagegen erlebte einen weiteren Albtraum: Nach ihrem Aus im Riesenslalom am siebten Tor scheiterte sie diesmal schon nach einem Fehler an der vierten Richtungsstange.
Völlig niedergeschlagen saß sie noch lange am Pistenrand, im Ziel vermisste sie ihren 2020 tödlich verunglückten Vater Jeff. „Ich würde ihn jetzt gerne anrufen“, sagte sie unter Tränen, er habe sie immer getröstet. Dass das nicht mehr möglich ist, mache es alles noch viel schlimmer. „Ich bin ziemlich sauer auf ihn“, sagte Shiffrin und weinte.