Dass Malaika Mihambos gold-blonde Haare passend zur Goldmedaille glänzten, war keine Vorahnung, sondern eher ein Malheur. “Es war zuerst ein Rosé-Ton, aber der hat sich ausgewachsen. Auch schön”, erklärte Deutschlands neue Weitsprung-Olympiasiegerin zuletzt im Bunte-Interview.
Mihambos Gold glänzt besonders
Der neue Look sagte ihr trotzdem zu: “Ich erlebe gerne unterschiedliche Facetten in mir. Das Selbstbild ist bei vielen Menschen manchmal festgefahren, es tut gut, dann was zu verändern. Ich wollte mir den Raum für ein anderes Selbstbild geben.”
Vielleicht ist es diese Offenheit, die ihr geholfen hat “im spannendsten Weitsprung-Wettkampf der Geschichte”, wie sie den Thriller von Tokio selbst einordnete.
Studium, Klavierunterricht, Projekt für Kinder
Mihambo studiert Umweltwissenschaften, sie nimmt online Klavierunterricht und hat schon eine kleine Sonate komponiert mit dem Titel “Erkenntnis”, sie betreibt das Projekt “Herzsprung” und treibt damit Kinder zu mehr Bewegung an. “Ich bin geerdet. Ich weiß: Ich bin viel mehr als eine Weltmeisterin”, sagte sie vor den Olympischen Spielen: “Ich weiß, ich kann Druck im Stadion aushalten und notfalls im letzten Versuch weit springen.”
Diesen Worten ließ sie am Dienstag eindrucksvoll Taten folgen. Nur noch einen Versuch hatte Mihambo, um sich nach den Europa- und Weltmeistertiteln auch den Olympiasieg zu schnappen. Sie verfehlte das Brett und landete trotzdem bei exakt 7 Metern - Bestweite! Beim letzten Sprung der Britin Brittney Reese saß Mihambo an der Grube und hielt sich die Augen zu. Als ihr Gold nicht mehr zu nehmen war, brach es aus Mihambo heraus: ein Schrei, Tränen, ein Küsschen für die Kamera.
Ohne den anderen Sportlern zu nahe zu treten: Mihambos Sieg ist wohl der spektakulärste deutsche Erfolg in Tokio. Aus gleich mehreren Gründen.
Die Spannung: Mihambo hatte nur noch diesen einen Sprung, um sich den Traum von Gold zu erfüllen und bewies famos Nervenstärke.
Der Druck: Leichtathletik steht bei Olympia stets besonders im Fokus. 2016 in Rio war Mihambo als Vierte noch knapp an einer Medaille vorbeigesprungen. Als Europa- und Weltmeisterin lag auf Mihambo in Tokio eine extreme Last.
Vierte deutsche Weitsprung-Olympiasiegerin
Die historische Dimension: Die Fußstapfen ihrer Vorgängerinnen waren groß, doch der letzte große Sprung lag schon 21 Jahre zurück. Nun ist Mihambo die vierte deutsche Weitsprung-Olympiasiegerin nach Heide Rosendahl (1972), Angela Voigt (DDR/1976) und Heike Drechsler.
Drechsler war eine der ersten Gratulanten aus der Ferne. “Wahnsinn. Ich freue mich riesig für sie, das hat sie sich verdient - was für eine Nervenstärke”, sagte Drechsler dem SID. Den Goldsprung feierte Drechsler zu Hause in Helsinki vor dem Fernseher mit ihrem Ehemann Arto Bryggare: “Wir werden mit einem Gläschen Champagner anstoßen. Ich bin sehr berührt, habe fast geheult.”
Mihambo durchsteht schwere Phase
Verletzung und Zweifel: Vor den Olympischen Spielen hatte Mihambo eine schwierige Phase zu durchstehen. Auch wegen einer Verletzung und um sich zu schonen, hatte sie ihren Anlauf von 20 auf 16 Schritte verkürzt. Mihambo kam damit überhaupt nicht klar, kehrte zu ihrem alten Anlauf zurück. Doch die Sicherheit fehlte.
Selbst im Finale haderte sie noch. “Irgendwas ist anders geworden”, rief sie ihrem Trainer Ulrich Knapp auf der Tribüne zu - und setzte doch noch zum goldenen Sprung an.