Es ist vielleicht DER Aufreger der Olympischen Spiele 2021 in Tokio!
So erlebte Schleu ihr Reit-Drama
Im Modernen Fünfkampf verweigert das Pferd Saint Boy seinen Ritt - und die deutsche Fünfkämpferin Annika Schleu, die zu diesem Zeitpunkt auf Goldkurs lag, versuchte mit allen Mitteln, das Pferd in den Parcours zu bringen. (News: Alles zu Olympia)
Für zusätzliche Aufregung sorgte Bundestrainerin Kim Raisner, als sie von der Seite laut hörbar rief: “Hau drauf, hau richtig drauf!”
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Raisner stand im Gespräch mit dem SID zu ihrer Aussage. “Ich hab gesagt, hau drauf. Aber sie hat das Pferd nicht gequält, in keinster Weise”, sagte die Bundestrainerin: “Dass man mal mit der Gerte hinten draufhaut, ist jetzt keine Quälerei. Sie hat dem Pferd nicht im Maul gerissen. Sie hatte keine scharfen Sporen dran. Pferde quälen sieht anders aus.”
Nach dem letzten Wettbewerb des Modernen Fünfkampfs - dem Laserlauf - äußerte sich Schleu, die den olympischen Wettkampf auf Rang 31 beendete, wie sie die Situation erlebte.
“Ich habe in der ersten Runde schon gesehen, dass die Russin mit dem Pferd Schwierigkeiten hatte”, erklärte sie in der ARD und fügte hinzu: “Das sind immer ziemlich schwierige Ausgangssituationen für uns Fünfkämpfer, weil man keine Zeit hat, das Pferd zu korrigieren.”
Annika Schleu: “Haben uns sehr, sehr gut verstanden”
Die Möglichkeit, ein Ersatzpferd zu bekommen, wurde ausgeschlossen, da ein Tierarzt das Pferd gecheckt und für wettkampftauglich erklärt hatte. Erst bei einer vierten Verweigerung wäre ein Ersatzpferd zum Einsatz gekommen.
Dabei lief es nach Schleus Empfinden im Einreiten noch bestens. “Wir haben uns sehr, sehr gut verstanden.” Aber schon beim Einreiten in den Parcours begann das Pferd zu scheuen und verweigerte den Einritt. “Ich war in diesem Moment schon kurz davor, zu sagen, dass es keinen Sinn hat. Ich möchte es so auch nicht probieren. Aber natürlich versucht man alles, um seinen Traum realisieren zu können.”
Dennoch habe sie in dieser Situation sehr gelitten. “Es waren endlos lange Sekunden. Ich wusste nicht, was los ist.” Sie habe auch versucht, so sanft wie möglich auf das Tier zu reagieren. “Ich habe noch die Hand vorgegeben, damit ich nicht im Maul hänge.”
Lena Schöneborn leidet mit Schleu
Lena Schöneborn, Olympiasiegerin von 2008 in Peking, konnte mit Schleu in diesem Moment mitfühlen. 2016 in Rio erlebte sie eine ähnliche Situation und ging mit null Punkten aus dem Reiten. “Ich bin wahnsinnig überrascht, wie professionell sie sich danach gesammelt hat.”
Das große Problem in dieser Situation sieht sie jedoch beim Verband. “Es ist ein Fehler im Reglement. In so einer Situation muss die Möglichkeit bestehen, ein Ersatzpferd zu nehmen.” Da sei der internationale Verband nun gefordert. “Schaut euch diese Regel an. Da müsst ihr auf jeden Fall dran drehen, damit so etwas nicht mehr passiert”, richtete Schöneborn sich direkt an den Weltverband.
Den Vorwurf des falschen Umgangs mit den Tieren im modernen Fünfkampf, der unter anderem auch von der siebenmaligen Olympiasiegerin Isabell Werth geäußert wurde, wollte Schöneborn aber nicht stehen lassen. “Wir haben bereits 2012 auf gepolsterte Gerten gedrängt. Es geht nicht darum, dem Pferd weh zu tun, sondern mal will damit lediglich ein Zeichen setzen.”
Schöneborn: “Nicht als Tierquälerei bezeichnen”
Später wiederholte sie nochmal: “Ich würde es nicht als Tierquälerei bezeichnen. Mit dem Gerteneinsatz aus dem Handgelenk wollte Annika Schleu dem Pferd einen Antrieb geben, nach vorne zu gehen. Da kriegt das Pferd keine Striemen davon.”
Vor allem die Reaktion des Pferdes selbst hätte gezeigt, dass in dieser Situation alles korrekt abgelaufen sei. Schließlich wäre das Tier danach angelaufen und habe somit “seine Angst überwunden.”
Eine Diskussion, ob das Reiten im modernen Fünfkampf in Frage gestellt werden müsse, empfindet Schöneborn nicht als notwendig. “Ich glaube, dass es da andere Stellschrauben gibt. Eine Möglichkeit wäre es, den Fünfkämpfern bereits einen Tag vorher die Pferde zuzulosen. Dann hätten sie mehr Zeit, um mit dem Pferd ein Team zu werden. Das würde schon viel verändern.”