Nach den aufwühlenden Vorfällen in ihrem Reitwettkampf bei Olympia sind Fünfkämpferin Annika Schleu und ihre Familie Opfer übler Beleidigungen und Drohungen im Netz geworden - und sich deswegen fürs Erste aus dem Netz zurückgezogen.
Übler Hass: Schleu auch privat belästigt
Schleu hat ihren Auftritt bei Instagram für die Öffentlichkeit gesperrt. “Ich habe kurz danach schon schlimme Kommentare bekommen”, sagte die 31-Jährige der Nachrichtenagentur dpa: “Der Account ist nicht gelöscht, aber ich habe ihn zu meinem eigenen Schutz jetzt erst einmal deaktiviert.” Auch ihr Freund und ihre Mutter hätten mit ihre Accounts dasselbe getan.
Ganz abschirmen kann Schleu sich nach eigenen Angaben dennoch nicht. Es gebe “immer Leute, die Handynummern bekommen, die E-Mail-Adressen bekommen. Ganz kann man sich davor nicht schützen.”
Annika Schleu: “Ich wusste, dass Bilder um die Welt gehen werden”
Es seien “teilweise Worte gewählt worden, wo Leute sich angeblich für das Tierwohl und für Lebewesen einsetzen, aber dann in einer Art und Weise mit mir oder auch meinen Angehörigen sprechen, wo ich sage, das ist nicht okay, das geht viel zu weit”, sagte die Berlinerin.
“Ich wusste, dass Bilder um die Welt gehen werden, die nicht schön sein werden, aber ich hatte nicht mit so einer Art von Shitstorm oder mit so viel negativem Hass gerechnet”, sagte Schleu. Es treffe sie, “wenn gesagt wird, dass ich unmenschlich bin, wenn Vorwürfe der Tierquälerei geäußert werden. Ich bin nach bestem Gewissen mit dem Pferd umgegangen.”
Verband verteidigt Schleu und fordert Regeländerungen
In der Fünfkampf-Entscheidung in Tokio war Schleu als Führende in die dritte Teildisziplin Reiten gestartet. Auf dem ihr zugelosten Saint Boy hatte zuvor schon eine Reiterin mit drei Verweigerungen große Probleme gehabt. Noch bevor Sportsoldatin Schleu in den Parcours reiten konnte, blockte das Tier ab. Unter Tränen versuchte Schleu das offensichtlich heftig verschreckte Pferd mit Gerte und Sporen unter Kontrolle zu bringen.
Der Deutsche Verband der Modernen Fünfkämpfer nimmt Schleu in Schutz. Man wehre sich “entschieden dagegen, dass eine Sportlerin persönlich beschimpft und beleidigt wird”. Der DVMF wünscht sich “eine konstruktiv-sachliche Debatte rund um den Modernen Fünfkampf” - und sieht “dringenden Handlungsbedarf” für eine Anpassung des Reglements der umstrittenen Teildisziplin Springreiten. Ähnlich äußerte sich DOSB-Präsident Alfons Hörmann.
Der DVMF beschrieb die Situation “als unglücklichen Konstellation” mit einem traumatisierten Pferd, das “aufgrund des Reglements des Weltverbandes nicht ausgetauscht werden durfte”. Entsprechende Änderungen des Reglements wurden nach Angaben des nationalen Verbandes bereits erarbeitet und dem Weltverband vorgeschlagen. Der DVMF kündigte an, die Geschehnisse aufzuarbeiten.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)