Oliver Zeidler schlenderte nach seiner Spazierfahrt ins Viertelfinale völlig entspannt zum Bus. Auf dem Weg zurück ins Olympische Dorf richtete der Einer-Dominator seinen Fokus umgehend auf die nächsten Aufgaben, nachdem er seine Gold-Mission in Tokio mit einem ungefährdeten Vorlaufsieg begonnen hatte.
Ruder-Zlatan greift nach Gold
„Das Rennen war wichtig, um reinzukommen. Von der Anstrengung her war es sehr überschaubar bei mir“, sagte Zeidler nach seiner Olympia-Premiere. Sein volles Potenzial musste der Weltmeister noch nicht abrufen. Es sei so gelaufen, „wie ich es mir vorgenommen hatte. Ich bin sehr gut zurechtgekommen“.
Einen Tag später wiederholte er seine Show und zog locker ins Halbfinale ein.
In gewisser Weise dürfte sogar Michael Jordan dabei sein, wenn Zeidler in Tokio seinen beeindruckenden Aufstieg auf die Spitze treibt. Schließlich dient die Geschichte der Basketball-Legende in diesen Tagen als Motivation, als Antrieb, aber auch als Inspiration für die Gold-Mission der deutschen Ruder-Hoffnung.
Es gebe sogar „gewisse Parallelen“, betonte Zeidler: „Ich stelle mir auch meine Gegner vor und denke mir: Du willst mich schlagen? Vergiss es!“
Zeidler: „Mein Ziel ist klar: Olympiasieger werden“
Jordan ist das große Vorbild, dabei schreibt Zeidler seine ganz eigene Geschichte. Eine, die ihn erst vor fünf Jahren vom Schwimmen zum Rudern gebracht hatte und die bei den Olympischen Spielen ihren Höhepunkt erreichen soll. „Ich will nichts verschreien, aber mein Ziel ist klar: Olympiasieger zu werden“, betonte der 24-Jährige aus Schwaig bei SPOX. Er wolle „mit jeder Zelle meines Körpers“ ausstrahlen, „dass hier niemand anderes Gold holt“.
An Selbstvertrauen mangelt es dem Einer-Dominator, der neben dem Sport als Steuerfachangestellter arbeitet, keineswegs. In den vergangenen Jahren beherrschte Zeidler das Feld, sicherte sich zwei EM-Titel und wurde 2019 Weltmeister. Dies könne man „schon als Märchen bezeichnen“. Dass er sich seinen Olympia-Traum so schnell erfüllen konnte, sei schon „überraschend“, sagte Zeidler nach dem Training am Donnerstag.
Die Favoritenstellung bei seiner Olympia-Premiere dürfte sich Zeidler beim Start seiner Ruder-Karriere kaum erträumt haben. Die Trainingsgruppe des Ex-Schwimmers hatte sich aufgelöst, der 2,03 m große Modellathlet suchte nach einer neuen Herausforderung, fand sie und entwickelte sich zu einem der Aushängeschilder des deutschen Ruderns.
„Ich bin wahrscheinlich das, was man einen positiv Besessenen nennt“, sagte Zeidler. Und er besitzt ein Talent, das nicht von ungefähr kommt. Vater Heino war Ruderer und ist nun sein Trainer. Großvater Hans-Johann Färber holte ebenso Olympia-Gold wie Tante Judith Zeidler. In wenigen Tagen könnte es einen weiteren Olympiasieger in der Familie geben.
Um sich an die extremen Wetterbedingungen in Tokio zu gewöhnen, griff sein Vater im Vorfeld in die Trickkiste. Er richtete für seinen Filius eine selbst gebastelte Hitzekammer im heimischen Keller in Schwaig (bei München) ein. Zeidler Junior strampelte auf einem Ergometer in Unterhose, weil er seine Shirts so schnell durchschwitzte und gewöhnte sich so an die Hitze der japanischen Hauptstadt.
Zeidler auf den Spuren von Zlatan
Nach dem Vorlauf am Freitag blickt Zeidler bereits auf das Finale, auf den bevorstehenden Dreikampf mit dem Dänen Sverri Nielsen und Kjetil Borch aus Norwegen. Zudem beginnen für die Doppelvierer und die Doppelzweier des Deutschen Ruderverbandes (DRV) die Wettkämpfe, der Deutschland-Achter ist am Sonntag gefordert.
„Keine Medaille zu gewinnen, wäre nach der Dominanz, die ich ausgestrahlt habe, auch komisch“, meinte Überflieger Zeidler, der in dieser Saison von Sieg zu Sieg gefahren war. Für die anderen solle es auch diesmal „nur um Rang zwei bis sechs“ gehen. Es ist die nächste Kampfansage eines Mannes, der immer wieder mit markigen Worten auffällt.
Nicht umsonst werden inzwischen Vergleiche zum extravaganten Fußballstar Zlatan Ibrahimovic gezogen. Mit dem Spitznamen „Zlatan des Ruderns“ könne er auch ganz gut leben, versicherte Zeidler. Vor allem, „weil Zlatan jemand ist, der nicht nur Sprüche klopft, sondern dann auch Leistung folgen lässt“. Das ist auch Zeidlers Plan in Tokio.