Der Bann ist gebrochen: Gold für Deutschland! Ricarda Funk (29) gewinnt im Kajakslalom in 105,50 Sekunden vor der Spanierin Maialen Chourraut (106,63) und der Top-Favoritin Jessica Fox aus Australien (106,73).
„Mega“: Funk erfüllt sich Gold-Traum
Am vierten Wettkampftag hat die Wahl-Augsburgerin dem deutschen Team die lang ersehnte erste Goldmedaille beschert. Im Kajak-Einer gelang der Sportsoldatin im Kasai Canoe Slalom Centre ein nahezu perfekter Finallauf, mit über einer Sekunde Vorsprung vor Rio-Siegerin Chourraut und ihrer Dauerrivalin Fox feierte Funk den größten Erfolg ihrer Karriere. (Olympia 2021: Alle Entscheidungen im SPORT1-Liveticker)
Funk: „Es ist unglaublich“
„Es ist unglaublich“, sagte Funk in der ARD: „Ich kann es nicht glauben. Es war mein Traum, und jetzt ist mein Traum Realität geworden. Es ist einfach fantastisch. Mega!“ Für den Deutschen Kanu-Verband (DKV) ist es die zweite Slalom-Medaille bei diesen Sommerspielen, nachdem sich Canadier-Spezialist Sideris Tasiadis (Augsburg) am Montag Bronze gesichert hatte.
Im Freudentaumel dachte Funk auch an die Menschen in ihrer Heimat - sie stammt aus Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz - die stark unter der Flutkatastrophe leiden. „Es war einfach schrecklich, die ganzen Bilder zu sehen. Mein Mitgefühl nach Hause. Ahrweiler ist stark, zusammen sind wir noch stärker. Ich drücke die Daumen, dass wir gemeinsam durchkommen“, betonte sie.
Ihr Vater Thorsten Funk fügte später in der ARD hinzu: „In dem ganzen Schutt und Dreck glänzt die Medaille schon wie ein paar Sonnenstrahlen.“ Ihre Familie ist allerdings nicht unmittelbar von den Überschwemmungen betroffen.
„Großes Lob an Ricarda und an das gesamte Team, das Ricarda so gut vorbereitet hat“, sagte DKV-Präsident Thomas Konietzko und ergänzte: „Ich hoffe, diese Goldmedaille gibt dem gesamten Team Deutschland Auftrieb und Mut.“
Funk profitierte bei ihrem Erfolg auch von zwei Stangenberührungen von Top-Favoritin Fox (+1,23 Sekunden), die als letzte Starterin ins Wasser gegangen war. Die Spanierin Chourraut hatte 1,13 Sekunden Rückstand auf die deutsche Sportsoldatin.
Funk vergießt Tränen der Freude
Als ihr Triumph feststand, schlug die ursprünglich aus der vom Hochwasser schwer getroffenen Region Bad Neuenahr stammende Kanutin im Zielraum die Hände vor dem Kopf zusammen. Es flossen Tränen. Die deutschen Slalom-Kanuten bleiben damit nach dem Traumstart mit der Bronzemedaille von Sideris Tasiadis weiter auf der Erfolgswelle. Funk profitierte bei ihrem Erfolg auch von zwei Stangenberührungen von Topfavoritin Fox.
Funk hatte sich vor dem Rennen mit konkreten Medaillenambitionen zurückgehalten. „Ich träume davon, bei den Olympischen Spielen an der Startlinie zu sitzen und dann DEN Lauf zu haben“, sagte sie 29-Jährige. Schon in den Vorläufen unterstrich die Europameisterin von 2018 dann mit Rang zwei ihre Topform.
Im Halbfinale behielt sie nach zwei Stangenberührungen im oberen Teil der kniffligen Strecke die Nerven, qualifizierte sich letztlich trotz vier Strafsekunden als Dritte souverän für den Endlauf.
Funk vereint Ausdauer, Schnelligkeit und Kraft wie kaum eine andere Slalom-Kanutin, dazu kommt eine ganz besonderes Körpergefühl. Denn neben dem Kanu-Sport war das Tanzen bis zu ihrem 14. Lebensjahr ihr großes Hobby, vom Training mit ihrer Karnevalsgruppe profitiert sie bis heute. Die Slalom-Läufe mit dem Kajak empfindet sie „wie Tanzen auf dem Wasser“, sagte die Athletin des KSV Bad Kreuznach einst.
Funk musste bei Olympia in Rio zuschauen
Mit Olympia hatte die Perfektionistin noch eine Rechnung offen. Denn 2016 in Rio musste Funk zuschauen, obwohl sie im selben Jahr Gesamtweltcupsiegerin wurde. Daraus zog sie den Ansporn noch besser zu werden - und blickte dafür auch viel über den Tellerrand hinaus. Sie schloss ihr Bachelorstudium in Medien und Kommunikation ab, las viele Biografien wie zuletzt die von Michelle Obama. „Sie sind Inspirationsquellen für mich“, erklärte Funk.
Und auch dank dieser Inspiration fand sie in Tokio die Erfolgsspur und veredelte den Traumstart der deutschen Slalom-Kanuten. Mit Hannes Aigner (Augsburg) im Kajak und Canadier-Weltmeisterin Andrea Herzog (Meißen) schickt der Deutsche Kanu-Verband in den ausstehenden Wettbewerben noch zwei weitere Medaillenkandidaten ins Rennen.
-----
Mit Sport-Informationsdienst