Frankreich erwägt als erste Nation aus Sicherheitsgründen öffentlich einen Startverzicht bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang/Südkorea. Dies erklärte Sportministerin Laura Flessel am Donnerstag bei RTL Radio. Man werde keine Sportler zu den Spielen (9. bis 25. Februar) entsenden, wenn sich der Atomkonflikt zwischen dem nur 80 km von Pyeongchang entfernten Nordkorea und den Vereinigen Staaten von Amerika weiter zuspitze.
Frankreich erwägt Olympiaverzicht
"Wir werden unser französisches Team niemals in Gefahr bringen", sagte die 45 Jahre alte zweimalige Olympiasiegerin im Degenfechten: "Wenn sich die Situation verschlimmert und keine definitive Sicherheit gewährleistet ist, wird die französische Olympiamannschaft zu Hause bleiben."
In der Vorwoche hatte IOC-Präsident Thomas Bach bei der Session des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in Perus Hauptstadt Lima noch versucht, jegliche Sicherheitsbedenken zu beseitigen und erklärt: "Die Position des IOC ist genauso unverändert wie unser Vertrauen." Er habe den festen Glauben "an eine diplomatische Lösung und an den Frieden", sagte der Tauberbischhofsheimer weiter.
Da hatte US-Präsident Donald Trump Nordkorea aber noch nicht mit "totaler Zerstörung" gedroht, wie er es am Dienstag in seiner Rede vor dem UN-Sicherheitsrat tat. Vorausgegangen waren ständige militärische Provokationen beider Länder, die befeuert wurden durch mehrere international verurteilte Raketentests des Regimes von Diktator Kim Jong-un. Am Donnerstag erwogen die USA, ihre Sanktionen gegen den kommunistischen Bruderstaat des demokratischen Südkorea zu verschärfen.
Doch bereits vor der jüngsten Zuspitzung waren im Ringeorden erste Zweifel laut geworden an der Realisierbarkeit, die Athleten der Welt im kommenden Winter in Südkorea zu begrüßen. So tat IOC-Exekutivmitglied Gian Franco Kasper Anfang September im SID-Interview zwar seine Überzeugung kund, Pyeongchang werde während der Spiele der "sicherste Ort der Welt" sein, doch der Präsident des Ski-Weltverbandes FIS unkte auch: "Was ich ein bisschen befürchte, ist, dass gewisse Nationen die Spiele boykottieren könnten, weil es ihnen zu riskant erscheint, ihre Athleten dorthin zu schicken."
Auch unter deutschen Sportlern wuchs in den letzten Wochen das Unbehagen. "Die Bedrohung ist sehr ernst zu nehmen. Man muss die Entwicklung total im Auge behalten. Auch was die Rolle der USA angeht", hatte Athletensprecher Max Hartung vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) Anfang September dem SID gesagt.
Auch Ban Ki-moon, früherer Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), versprühte nach seiner Wahl zum neuen Chef der IOC-Ethikkommission in der vergangenen Woche in Lima Optimismus. "Ich kann versichern, dass alle Sportler bei den Spielen in Pyeongchang starten können, ohne dass sie sich Sorgen machen müssen", sagte der Südkoreaner.