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Der deutsche Sport nach Olympia 2016 im Check für Tokio 2020

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Der deutsche Sport nach Olympia 2016 im Check für Tokio 2020

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Die düstere Vision Tokio 2020

Der Abwärtstrend des deutschen Sports setzt sich bei Olympia 2016 fort. Speziell in den Kernsportarten gibt es kaum Silberstreife für Tokio. Es hakt nicht nur finanziell.
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© SPORT1-Grafik: Eugen Zimmermann/Getty Images/Imago
Der Abwärtstrend des deutschen Sports setzt sich bei Olympia 2016 fort. Speziell in den Kernsportarten gibt es kaum Silberstreife für Tokio. Es hakt nicht nur finanziell.

Der Abwärtstrend setzt sich fort.

Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro hat sich gezeigt, dass Deutschland auf dem besten Weg ist, sich vom Etikett Sportnation zu verabschieden.

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Der vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) vorgegebene Medaillenkorridor (42 bis 71) wurde gerade so touchiert, aber speziell in den Kernsportarten lässt fehlende Spitzenklasse und Breite für Tokio 2020 kaum Optimismus zu.

"Wenn wir nicht zügig und klar agieren, dann wird Olympia 2020 und noch viel mehr 2024 und 2028 nicht so laufen, wie wir es uns vorstellen", sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann in Rio.

Seit 1992 in Barcelona - als Athleten aus dem DDR-System das Ergebnis schönten - gehen Medaillen und Endkampfplatzierungen unter den Top Acht (nur noch 99 in Rio) stetig zurück. Der nun beginnenden Olympiade kommt eine existenzielle Bedeutung zu.

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SPORT1 blickt auf die Perspektive Richtung Tokio 2020.

- Kernsportarten I:

Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) wähnte sich nach acht Medaillen in London und der WM 2015 eigentlich auf einem guten Weg, Rio geriet jedoch zum Rückschritt.

Die Vorgabe von viermal Edelmetall wurde um eine Medaille verpasst. Dass nur die Werfer zuschlugen - und das auch nur in zwei Disziplinen - ist besorgniserregend.

Vor allem die Topstars wie Robert Harting oder Christina Schwanitz gingen leer aus, Christin Hussong, immerhin Deutsche Meisterin im Speerwurf, landete im Finale auf dem letzten Platz. In den Läufen kommt viel zu wenig nach und die Springer präsentierten sich weitestgehend desaströs.

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Nur wenige Nachwuchskräfte wie Weitspringerin Malaika Mihambo überzeugten, Hoffnungsträger wie Hochspringerin Marie-Laurence Jungfleisch oder Dreisprung-Europameister Max Heß erreichten ihre durchaus guten Vorleistungen nicht.

Trotz einiger Lichtblicke - z.B. Gesa-Felicitas Krause, Gina Lückenkemper - fehlt es in der Breite. Zwischen 400 und 1500 Metern sind keine Läufer auch nur in der Nähe der Weltklasse, die einstige Medaillenbank Stabhochsprung ist schwach wie lange nicht.

Nur acht Bestleistungen bei 89 Athleten sprechen eine deutliche Sprache. Zudem werden mit Robert Harting und Co. Topleute eher früher als später wegbrechen, zumindest machen einige Endkampfplatzierungen Mut.

- Kernportarten II:

Während es in der Leichtathletik oder im Radsport mit Abstrichen durchaus Silberstreife am Horizont gen Tokio gibt, drohen andere Sportarten im Mittelmaß zu versinken.

Die Fechter blieben erstmals seit dem BRD-Boykott 1980 ohne Medaille und brachten auch nur ein Mini-Aufgebot von vier Athleten auf die Planche - hoffnungsvolle Talente: Fehlanzeige.

Nur wenig besser sieht es im Schwimmen aus. Statt der von Bundestrainer Henning Lambertz erhofften zwei bis drei Medaillen, sprangen sechste Plätze und gerade einmal fünf Finals heraus.

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Wesentlich erschreckender ist jedoch, dass sich der DSV im Vergleich zum London-Fiasko noch weiter von der Weltelite entfernt hat.

Viele Strecken liegen völlig brach. Youngster vom Schlage eines Jacob Heidtmann muss man mit der Lupe suchen. Der große Star Paul Biedermann ist weg. Philip Heintz, Sechster über 200 m Lagen, denkt mit gerade mal 25 Jahren ans Aufhören - mangels Förderung.

Das Konzept von freier Hand für die Spitzenathleten ist gescheitert, stattdessen muss zentraler gearbeitet oder verstärkt über den College-Weg in den USA gegangen werden, um die nie um Alibis verlegenen Schwimmer wettkampfhärter zu machen.

Aber wer soll das umsetzen? Präsidentin Christa Thiel hört wohl ebenso auf wie Sportdirektor Lutz Buschkow. Es wäre wünschenswert, Ex-Stars wie Biedermann oder Franziska van Almsick einzubinden. Für Tokio ist der Zug allerdings fast schon abgefahren.

- Randsportarten:

Wie drückte es Kanu-Olympiasieger Max Rendschmidt aus: "Es ist armselig. Wir heben jedes Mal den Medaillenschnitt und dann gehen wir der Öffentlichkeit wieder am Arsch vorbei."

Genau darin besteht die Gefahr: Auf Dauer wird Sportarten wie Kanu oder Schießen, die in Rio den Großteil des Edelmetalls holten, ohne vernünftige Förderung oder TV-Präsenz der Nachwuchs fernbleiben.

Im einst so erfolgreichen Rudern ist dies bereits eingetreten. Zwar wurde das Ziel mit drei Medaillen in Rio erreicht, alle anderen Boote blieben jedoch teils blamabel im Vorlauf hängen, einige Klassen wurden gar nicht besetzt.

Auf Sicht könnten auch die Sebastian Brendels dieser Welt verschwinden. Ob die Spitzensportreform daran etwas ändert, ist äußerst fraglich.

Das Bundesinnenministerium steuert jährlich rund 150 Millionen Euro bei, mit nur teilweise staatlich-finanzierten Systemen wie in Großbritannien ist so nicht zu konkurrieren - vom US-College-System ganz zu schweigen.

- Ballsportarten:

Der einzig relativ zukunftssichere Bereich mit Blick auf Tokio und darüber hinaus: König Fußball ist finanziell und sportlich so gut aufgestellt, dass selbst eine nicht optimal besetzte Männermannschaft ins Finale einziehen konnte.

Aber auch die Handballer sind durch ausgezeichnete Nachwuchs-Förderung mit den jungen Bad Boys und weiteren nachstoßenden Talenten gut aufgestellt - zumindest bei den Männern.

Im Hockey meldeten sich auch die Frauen mit der ersten Medaille seit 2004 in der Weltspitze zurück, Bundestrainer Jamilon Mülders mahnte aber sofort nach dem Bronze-Coup die strukturellen Schwächen und dringende Investitionen an: "Das gesamte Setup ist erst einmal weg." Im Volleyball sieht es ähnlich aus.

Die Alarmsignale in Richtung Tokio sind sportartenübergreifend mehr als deutlich.