Robert Kubica ist dafür bekannt, Klartext zu sprechen: „Jeder Rennfahrer will als Erstes in die Formel 1. Als Zweites will er sich in der Formel 1 etablieren. Und als Drittes will er den WM-Titel oder einmal für Ferrari fahren.“
Kubicas später Traum erfüllt sich
Die Bilanz des Polen kann sich sehen lassen, wenn man diese Sätze als Grundlage nimmt: Nur Punkt drei hat er nicht geschafft. 2008 gewann er beim Kanada-GP im BMW Sauber, aber am Ende fehlten 23 Punkte auf den späteren Weltmeister Lewis Hamilton (McLaren-Mercedes). „Dass wir damals unsere WM-Chance nicht richtig erkannt und dafür gepusht haben, bereue ich am meisten“, hadert Kubica.
Und auch der Wechsel zu Ferrari hat nicht geklappt. „Aber ich war nah dran“, erinnert sich der heute 39-Jährige. 2012 sollte er Felipe Massa bei Ferrari ersetzen, der Vertrag war längst in trockenen Tüchern. „Ich hätte weniger verdient als bei Renault“, verrät Kubica.
Doch dann verunglückte er 2011 bei der Andorra-Rallye in der F1-Winterpause schwer. Eine Leitplanke durchbohrte sein Auto, sein rechter Arm hing nur noch an wenigen Sehnen. Bis heute ist die Bewegung eingeschränkt, aber er hat sich angepasst. 2019 gelang ihm sogar das Comeback in der Formel 1 mit Williams – ohne Erfolg.
Fast bei Ferrari: Kubica startet in WEC durch
Doch das war längst nicht das Ende seiner Rennfahrerkarriere. Das Stehaufmännchen wechselte in den Sportwagen. Drei Jahre lang war er für WRT und Prema in der LMP2 unterwegs – und das mit Erfolg: Zwei Mal war er bei den 24h von Le Mans Zweiter seiner Klasse, 2021 gewann er die europäische Le-Mans-Serie und 2023 den Titel in der WEC für die rund 540 PS LMP2-Prototypen.
Aber Kubica will mehr: „Ich würde den Titel in der WEC jederzeit gegen einen Sieg in Le Mans eintauschen. Das Rennen ist einfach sowas Spezielles.“
2024 hat er sogar die Chance auf beides. Denn er ist in der Topklasse der Sportwagen angekommen, fährt sowohl in der WEC als auch in Le Mans um den Gesamtsieg. Saisonstart ist an diesem Samstag in Katar, SPORT1 überträgt das Rennen live.
Kubica erfüllt sich dabei gleich seinen Traum: Denn er fährt ein 499P Hypercar von Ferrari, mit dem die Scuderia aus Maranello 2023 in Le Mans gewann.
Kubica in einem gelben Ferrari
Allein: Kubicas Göttin wird nicht rot sein, sondern gelb – wie die Farbe der Ferrari-Heimat Modena. Die Italiener wollen so das dritte Hypercar, in dem neben Robert Kubica auch Robert Shwartzman und Yi Yefei sitzen werden, von den beiden Werksautos abgrenzen. Kubicas Sponsor, die polnische Mineralölfirma Orlen, bezahlt den Einsatz.
Übrigens: Gelbe Ferrari hat es im Rennsport immer wieder gegeben. 1961 fuhr Olivier Gendebien (mit Ferrari auch viermaliger Le-Mans-Sieger) beim Belgien-GP sogar einen gelben Formel-1-Ferrari, weil Gelb die belgischen Landesfarbe war und der Belgier Jacques Swaters den Einsatz finanzierte.
Das hauseigene Ecuria Nationale Belge Team war mit dem Emeryson-Maserati nicht konkurrenzfähig. Also kaufte sich Swaters Gendebien ins Ferrari-Werksteam ein. Mit Erfolg: Gendebien wurde Vierter – hinter drei anderen Ferrari-Piloten!
An einen solchen Erfolg will Kubica 2024 anknüpfen. Die Vorzeichen stehen gut. Es ist zwar das erste Mal seit dem Jahr 1999, dass Ferrari ein Kundenauto in der Le-Mans-Topklasse einsetzt (damals kam der Ferrari 333 SP LMP1 für das JMB-Team von Ex-F1-Pilot Jean-Pierre Jabouille nicht ins Ziel), aber den Einsatz betreut AF Corse – das auch die beiden Werks-Ferrari einsetzt.
15 ehemalige Formel-1-Fahrer in der WEC
Hinter AF Corse steckt Amato Ferrari – der mit Enzo Ferrari aber weder verwandt noch verschwägert ist. Seit Jahren betreut er in Le Mans und in der WEC Ferrari-Rennwagen – mit Erfolg, wie sieben Le-Mans-Klassensiege zeigen, darunter der Gesamtsieg im Vorjahr.
Kubicas Teamkollegen werden Robert Shwartzman und Yi Yefei. Der Chinese Yefei war 2023 schon für das Porsche-Kundenteam Jota in der WEC und in Le Mans in der Topklasse unterwegs. Shwartzman ist ein Ferrari-Junior, der in den vergangenen zwei Jahren auch bei vier Freien Trainings der Formel 1 im Ferrari saß. 2023 gewann er im Ferrari GT3 ein Rennen zur GT World Challenge, auch schon für AF Corse.
Es ist also alles für Kubicas verspäteten Traum angerichtet. Nur ist die Konkurrenz riesig: 19 Autos sind gemeldet, besetzt unter anderem mit 15 ehemaligen Formel-1-Fahrern. Dazu zählen Ex-Weltmeister Jenson Button und Mick Schumacher.