Er war ein Frauenschwarm, Sohn aus gutem Haus mit perfekten Manieren, Adelsspross, Landwirt, Lebemann und einer der besten Formel-1-Fahrer seiner Zeit - bis zu seinem tragischen Ende auf der Rennstrecke.
Der schlimmste Unfall der Formel 1
Am 10. September 1961 in Monza kam Wolfgang Graf Berghe von Trips auf dem Weg zum WM-Titel bei einem Crash kurz vor der berüchtigten Parabolica ums Leben. Sein tobender Ferrari riss an jenem schicksalhaften Tag vor 63 Jahren 15 Menschen mit in den Tod. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Formel 1)
Wolfgang Graf Berghe von Trips: Letzter Spross einer Dynastie
Trips kam am 4. Mai 1928 in Köln zur Welt, als letzter Nachkomme eines niederrheinischen Adelsgeschlechts, das auf der Burg Hemmersbach bei Kerpen residierte - wo später auch die Rennfahr-Dynastie Schumacher ihren Ursprung hatte.
Wolfgang Alexander Albert Eduard Maximilian Reichsgraf Berghe von Trips, wie er mit vollem Namen hieß, hatte trotz seiner privilegierten Herkunft keine leichte Kindheit, war mehrfach schwer krank, hatte Kinderlähmung, eine Hirnhautentzündung und eine Mittelohr-OP.
Der Rennsport war anfangs ein gesundheitlicher Ausgleich, Trips fuhr anfangs unter dem Pseudonym Axel Linther in einem VW Käfer und verheimlichte seine Karriere damit vor seinen besorgten Eltern. Trips tat sich in diversen Rennserien hervor, war anfangs ein Vorzeigefahrer von Mercedes, dann holte ihn Ferrari in die Formel 1 - auf den Tag genau fünf Jahre vor seinem Tod.
Bekannt als Sportsmann, aber auch als Crash-Pilot
Trips war in der Szene ausgesprochen beliebt, er war offen, freundlich, stets fair. 1957 überließ er Ferrari-Kollege Piero Taruffi den ersehnten letzten Sieg zum Abschied beim Traditions-Rennen Mille Miglia, obwohl dessen Getriebe kurz vor dem Ziel schlappgemacht hatte.
Aber Trips war auch ein Haudrauf, ein Rennfahrer durch und durch, der zwar schon mal den Gegner, aber nicht sein eigenes Auto und sich selbst schonte, „Count Crash“ nannten sie ihn deshalb, den Crash-Grafen.
Enzo Ferrari zog Trips nach wiederholten Unfällen zwischenzeitlich für ein Jahr aus dem Verkehr, Gräfin Tessa von Trips bat ihren einzigen Sohn in einem offenen Brief in der Welt am Sonntag, doch endlich mit dem Rennsport aufzuhören.
Trips hörte nicht auf seine Mutter: Er war zu gut, in dem was er tat.
Als WM-Führender nach Monza
In der Saison 1961 war Trips‘ Ferrari nach einer Regel-Reform das Maß der Dinge, am 22. Mai 1961 schrieb Trips beim Großen Preis der Niederlande in Zandvoort Geschichte als der erste Deutsche, der je ein F1-Rennen gewann.
Ein weiterer Sieg beim England-GP in Aintree und diverse andere gute Platzierungen bescheren ihm Platz 1 der Fahrerwertung. Der Titel war zum Greifen nah, Trips musste in Monza nur noch vor Teamkollege Phil Hill ins Ziel kommen, um die WM zu sichern. Stattdessen kam es zur Katastrophe.
15 Zuschauer sterben mit Trips
Es lief die zweite Runde des Italien-Grand-Prix, Trips war im Anflug zur Parabolica vom Gas gegangen, der seitlich hinter ihm fahrende Jim Clark konnte nicht mehr reagieren, sein Lotus touchierte den linken Hinterreifen von Trips‘ Auto.
Wie ein Jet hob der Ferrari mit der Startnummer 4 nach links ab, schleuderte die Böschung hinauf, erfasst die Menschen hinter dem Zaun, überschlug sich mehrfach und krachte zurück auf den Asphalt. (DATEN: Die Fahrerwertung der Formel 1)
Zerstörerische Kräfte rissen den Fahrer aus dem Cockpit, eine leblose Puppe, die mit zerschmettertem Genick in dem Inferno liegenblieb. Trips war längst tot, auch 15 Zuschauer starben infolge des bis heute folgenschwersten Crashs der Formel-1-Geschichte, 60 weitere wurden teils schwer verletzt. Unter den Todesopfern war eine Gruppe Schweizer Fans, die eines der später an die Öffentlichkeit gelangten Videos des Crashs drehten. Der Clip, an dessen Ende Trips‘ Ferrari auf die Kamera zufliegt, dokumentiert auch ihre letzten Sekunden.
Gegen den in den Unfall verwickelten Clark - sieben Jahre später in Hockenheim selbst tödlich verunglückt - wurden nach Trips‘ Unfall staatsanwaltschaftliche Ermittlungen aufgenommen und wieder eingestellt.
Adelsfamilie starb durch Trips‘ Tod aus
Als Wolfgang von Trips am 14. September 1961 in der Familiengruft auf Burg Hemmersbach beigesetzt wird, platzt Kerpen aus allen Nähten. Trauergäste aus der ganzen Welt sind in die kleine Gemeinde gekommen, um Abschied zu nehmen.
Im Dezember 1961 nehmen die tief gebeugten Eltern Eduard und Tessa von Trips für ihren Sohn posthum die Auszeichnung als Sportler des Jahres entgegen. Aus dem Vermögen der durch Trips‘ Tod ohne weitere Nachkommen gebliebenen Familie entstand eine Stiftung und ein Rennsportmuseum in der Villa Trips.
„In Morte Vita“ steht unter dem Wappen derer von Trips. Im Tod ist das Leben.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)