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Formel 1: Verstappen im Rambo-Modus | Kolumne von Peter Kohl

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Formel 1: Verstappen im Rambo-Modus | Kolumne von Peter Kohl

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Von allen Seiten unter Beschuss

Max Verstappen und Lando Norris bugsieren sich beim Österreich GP in Spielberg gegenseitig aus den Spitzenrängen. Der Profiteur? Die Formel 1, befindet Peter Kohl in seiner SPORT1-Kolumne.
Gleich drei Teams stehen in der aktuellen Formel-1-Saison ohne Punkte da. Deshalb soll offenbar über eine Veränderung des Punktesystems gesprochen werden.
Peter Kohl
Peter Kohl
Max Verstappen und Lando Norris bugsieren sich beim Österreich GP in Spielberg gegenseitig aus den Spitzenrängen. Der Profiteur? Die Formel 1, befindet Peter Kohl in seiner SPORT1-Kolumne.

Er fährt für die Bullen, und wie ein Bulle zieht er seine Hörner runter und sticht zu, wenn er geärgert und gereizt wird. Max Verstappen im Rambo-Modus in Spielberg. Sein Verhalten, sein Beißen gegen Lando Norris sorgt für satte Emotionen und harsche Reaktionen. Der Weltmeister wird von allen Seiten verbal unter Beschuss genommen. Hallo, liebe Formel-1-Fans. Was wollen wir mehr? Endlich rührt sich wieder was in der F1-Kiste!

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Ich hätte das Duell zwischen Verstappen und Norris liebend gerne bis zum Rennende gesehen. Mit sicherlich offenem Ausgang. Das wäre Spannung pur über eine lange Phase gewesen. Die Reifenschäden an beiden Fahrzeugen nach einer Kollision haben das leider viel zu früh zunichtegemacht. Schade!

Verstappen-Bonus in der Formel 1?

Viel Unterstützung bekommt Verstappen für sein Verhalten auf der Piste und seine anschließenden Erklärungen, warum er so hart gegen Norris gefahren ist, nicht. Für alle klar sichtbar legt er dreimal ein „moving under braking“, also einen Fahrspurwechsel während des Bremsvorgangs hin. Was klar definiert verboten ist!

Bonus für einen Weltmeister und jahrelangen Dominator, dass er die schwarz-weiß-karierte Verwarnungs-Flagge nach den ersten beiden Moves nicht gezeigt bekommt. Hätte man sie ihm gezeigt, wäre das fatale Manöver Drei ausgeblieben!

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Falsch. Das glaube ich nicht. Sich zurücknehmen, die Stärke des anderen akzeptieren, liegt nicht in der DNA des Niederländers. Ein solches Verhalten hat er selbst in seinen ganz jungen F1-Jahren nicht gezeigt. Immer wieder hat er sich dem damaligen Dominator Sebastian Vettel in den Weg gestellt mit Rumpel-Aktionen und Provokationen auf der Piste. ‚Es lebe der König‘ gilt nur, wenn er selbst der König ist.

Damals wurde immer geunkt, Verstappen wird nie Weltmeister, wenn er seine Unbeherrschtheit nicht in den Griff bekommt. Er hat viel dazu gelernt. Die permanenten, überharten Duelle 2021 mit dem damaligen Regenten Lewis Hamilton, haben seine Frechheit genährt, dass er Grenzen ausreizen kann und darf, wie kein anderer. Weil man es zugelassen hat, Bestrafungen ausblieben.

2022 und `23 spielte er nonchalant dank gnadenloser Überlegenheit seines Boliden mit den Konkurrenten, stand nie unter Druck, konnte sich in seiner Dominanz sonnen, ohne alles geben zu müssen.

2024 kommt die Konkurrenz, vor allem McLaren, immer dichter ran. Und wir sehen jetzt wieder den „alten“ Verstappen. Kritik lässt er an sich abperlen. Eine Schuldfrage kann es nur für andere geben. Sein aggressives Verhalten auf der Piste verteidigt er als normal. Weil es ja im Kampf um Rennsiege, wenn es eng wird, immer hart zugehe.

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Verstappen „ein geborenes Alpha-Tier“

Diese Herangehensweise hat ihn dahin gebracht, wo er heute ist. Für ihn war immer klar: ‚Ich bin besser als alle anderen, ich gehöre da vorne hin‘. Nur mit dieser Sichtweise, dieser Einstellung und dem Glauben daran kann man sich eine solche Position erarbeiten, in der sich Verstappen ohne Frage befindet.

Er war nie anders. Er wird nie anders werden. Ein geborenes Alpha-Tier. Vater Jos hat es ihm vorgelebt. Ihn geprägt und früh fit gemacht für das Haifischbecken F1. Wenn Du die anderen nicht frisst, wirst Du gefressen. Mit beiden Daumen die Hosenträger nach vorne durchdrücken, immer allen zeigen, wer Herr im Hause ist. Auf und abseits der Piste. Ein Mantra, das sich für ihn bezahlt gemacht hat und nach wie vor funktioniert.

Er ist erst 26 Jahre jung. Aber er weiß genau, dass er der Boss ist! Alle haben sich nach ihm zu richten. Auch die Teamleitung. Beim Hochploppen der Horner-Affäre und dem annoncierten Abschuss von Helmut Marco hat er sich öffentlich sofort positioniert. Red Bull ist nur dann sein Team, wenn Marco bleibt. Punkt!

Max Verstappen im "Rambo-Modus in Spielberg"
Max Verstappen im "Rambo-Modus in Spielberg"

Horner hat in den vergangenen Wochen mehrfach betont, dass er nicht in Depressionen verfallen würde, wenn Verstappen das Team wechselt. Das Team sei wichtiger, als jeder Einzelne. Gilt nicht für Verstappen! Zuletzt musste Horner zähneknirschend zustimmen, dass die aktuellen Siege Verstappen-Erfolge seien, und nicht die des Teams. Weil er auf der Piste eben dann doch den Unterschied macht.

Er hat einen langfristigen Vertrag bis 2028. Und trotzdem kann er es sich leisten, schon während der gesamten Saison öffentlich damit zu jonglieren, dass er vielleicht doch die Lust an einem Verbleib bei Red Bull verliert. Auch hier spielt er sein Spiel! Er genießt es, dass er bestimmt, wo es lang geht. Der Fahrermarkt ist Gefangener von ihm.

Formel 1: Blutgrätsche gegen Norris?

Erst, wenn er sich eindeutig erklärt, in welchem Auto er 2025 sitzen wird, fallen die anderen Dominosteine. Ein Carlos Sainz sitzt wegen ihm auf glühenden Kohlen. Und nicht nur er. Was Verstappen verständlicherweise egal sein kann und auch ist. Der Titelverteidiger setzt die Maßstäbe.

In Imola, Montreal und Barcelona war Red Bull schlagbar. Verstappen hat alle drei Rennen gewonnen, obwohl nur einmal auf Pole stehend. Weil er es kann, weil er oft nahe der Perfektion agiert in aller Konsequenz. Immer wieder wird ihm das von allen Seiten attestiert. Für Verstappen ist das die Bestätigung für sein Selbstbild. Er ist besser als alle anderen! Er ist etwas Besonderes! Unantastbar nahezu.

Und das gilt es immer wieder zu bestätigen und zu untermauern. Was er, ohne mit der Wimper zu zucken, auch tut. Seine Reaktionen und Aktionen gegen die Attacken von Lando Norris auf dem Red Bull Ring würde man im Fußball als Blutgrätschen bezeichnen. Da wäre er mit Gelb-Rot vom Platz geflogen.

In der Formel 1 hat er offensichtlich einen erheblichen Bonus bei der Rennleitung, die in meinen Augen viel zu zurückhaltend gegenüber Verstappen ist. Und das nicht nur beim Großen Preis von Österreich. Er kommt immer wieder ungeschoren bei kleineren Fehltritten davon. Ob im Freien Training, Qualifying oder im Rennen.

Es wird Zeit, dass bei Verstappen der gleiche Regelmaßstab angewendet wird, wie bei den anderen. Man muss ihm zeigen, dass es auch für ihn Grenzen gibt, die er nicht überschreiten sollte. Die 10-Sekunden-Strafe und die zwei Strafpunkte kommen zu spät. Da ist das Rennen für Norris bereits beendet. Dass er von Red Bull ein erheblich größeres Tempo bei der Weiterentwicklung des Autos öffentlich einfordert, zeigt deutlich, wie der Vorteil seines Technik-Pakets sich aufgelöst hat.

McLaren ist auf Augenhöhe, oder sogar schon stärker, Mercedes hat den Anschluss gefunden. Ferrari lauert. Verstappen weiß, dass die Luft dünner wird. Wir werden verstärkt harte Aktionen gegenüber Konkurrenten auf der Piste sehen, mit Sicherheit auch immer wieder mit Grenzüberschreitungen. Vamos! Die Formel 1 lebt endlich wieder!

„Verstappen wird kein Roger Federer des Motorsports“

Hoffentlich halten die anderen gegenüber Verstappen so rein, wie es Norris auf dem Red Bull-Ring getan hat. Spürt der Niederländer Ellbogen, kommen seine Aktionen wie Reflexe. Und es fliegen die Funken! Das ist sein Selbstverständnis, seine DNA.

Es wird spannend sein, zu sehen, wie sich dieses Thema in den nächsten Wochen und Monaten entwickelt. Angeblich sind Norris und Verstappen ja gute Freunde. Mal sehen, wie lange noch. Oder schafft er es, unter stärker werdenden Druck Champion-Verhalten an den Tag zu legen? Ein Roger Federer des Motorsports wird er nicht werden, glaube ich.

Silverstone wird schon in ein paar Tagen ein weiteres Kapitel zu diesem Thema liefern. Ich freue mich schon riesig auf den Klassiker auf der Insel.

Bis dahin, bleiben Sie gesund und PEDAL TO THE METAL, Ihr Peter Kohl.