Der Bruchteil einer Sekunde genügte, um Nico Hülkenbergs Traum von erneuten Punkten zu zerstören. Der Deutsche, ursprünglich auf Rang zwölf gestartet, hatte sich in der ersten Runde des Großen Preises von Japan auf Rang zehn vorgekämpft und durfte somit beim Neustart des Formel-1-Rennens von diesem Platz starten.
Wird es doch noch Liebe?
Doch der zweite Start wurde zur Katastrophe: Hülkenberg kam fast überhaupt nicht vom Fleck und wurde quasi komplett durchgereicht. Nach einem frühen Wechsel auf die harten Reifen fand sich der Emmericher ganz am Ende des Feldes wieder.
„Ich habe einen Anti-Stall erlebt. Die Software merkt, der Motor wird abwürgen, dann greift die Kupplung ein, um das zu verhindern“, erklärte er am Sky-Mikro die Szene.
Direkt nach dem Rennen konnte er den Grund für die Probleme aber noch nicht ausmachen. „Da muss ich auf die Daten schauen, ob das was Technisches war, oder ich zu aggressiv beim Kommenlassen war. Das passiert schnell und da ist dann auch nicht mehr viel zu retten, wenn es einmal passiert ist.“
Formel 1: Hülkenberg verpasst Punkte knapp
Hülkenberg kämpfte sich dennoch auf Rang elf vor, gewann damit auch erneut das Duell gegen seinen Teamkollegen Kevin Magnussen (Platz 13). Am Ende fehlten beim Sieg von Weltmeister Max Verstappen rund fünf Sekunden auf den Lokalmatadoren Yuki Tsunoda auf Rang zehn.
Kein Wunder also, dass der Haas-Pilot ein zweigeteiltes Fazit zog. Er sei „natürlich enttäuscht über den zweiten Start und die verpasste Chance auf ein besseres Resultat“, sagte er im Sky-Interview.
Allerdings lobte er auch „den Speed, den wir hatten.“ Dass er am Ende nur fünf Sekunden hinter den Punkten ins Ziel fuhr, überraschte den 36-Jährigen dann doch: „Das ist eigentlich ein kleines Wunder. Das ich habe ich nicht erwartet.“
Das Rennen auf der Reifenfresser-Strecke von Suzuka habe gezeigt, „dass wir auf einer Strecke, wo wir Bauchschmerzen hatten, doch recht konkurrenzfähig waren und im Vergleich zu den anderen Mittelfeldteams durchaus mithalten konnten.“ Platz zehn wäre drin gewesen, Hamilton auf dem neunten Rang kam allerdings fast 50 Sekunden vor Tsunoda ins Ziel.
Hülkenberg schwärmt: „Sieht sogar ein Laie“
Trotz des knapp verpassten vierten WM-Punktes zog Hülkenberg ein positives Fazit nach den ersten vier Läufen. „Wir haben eine ganz andere Ausgangsposition als letztes Jahr. Das sieht sogar ein Laie“, schwärmte er.
Während es im vergangenen Jahr nach dem Start „immer eine Einbahnstraße nach hinten, also in die falsche Richtung“ gewesen sei, hätten die vier unterschiedlichen Strecken gezeigt, dass der Haas durchaus konkurrenzfähig sei. „Wir haben es nicht zwingend so erwartet, dass es so gut ist.“
Allerdings: Zu einem solchen Aufschwung gehört immer auch ein guter Fahrer. Und Hülkenberg zeigt in der Frühphase dieser Saison, zu was er trotz seiner mehrjährigen Pause in der Lage ist. Schon der zwölfte Platz in der Quali war eine „mittelschwere Sensation“, wie es der Deutsche am Samstag selbst ausgedrückt hatte. Intern war mit einem Aus in Q1 gerechnet worden, am Ende verpasste Hülkenberg nur hauchzart Q3 - es fehlte nicht mal eine Zehntelsekunde. Sein Teamkollege Magnussen wurde dagegen nur 18. in der Qualifikation.
In der zweiten Saison harmonieren Haas und Hülkenberg immer besser miteinander. Während er in der Vorsaison teils deutliche Worte für die Performance des US-Teams fand („Wir sind unterirdisch schlecht im Vergleich zur Konkurrenz“), erlebt man dieser Tage einen entspannten, gut aufgelegten Deutschen, der aus seiner Stimmung auch gar keinen Hehl machte: „Ich bin happy und bin heiß auf mehr.“
Zukunft bei Haas? „Auf keinen Fall“
Hülkenberg und Haas – wird es doch noch Liebe? Klar ist: Der Deutsche genießt seit jeher einen guten Ruf bei den Teamchefs und bringt sich durch seine Leistungen auf dem Fahrermarkt in Stellung. Und das Fahrerkarussell in dieser Saison dreht sich so früh wie selten. Schuld daran ist Lewis Hamilton mit seinem Wechsel zu Ferrari im kommenden Jahr, den er schon vor Saisonbeginn angekündigt hatte.
Macht er so weiter, könnte der Emmericher, der bereits über 200 WM-Rennen bestritten hat, möglicherweise nochmal einen größeren Deal an Land ziehen. Zum Beispiel bei Audi, wo er als Wunschkandidat von CEO Andreas Seidl gilt.
Oder macht es für Hülkenberg vielleicht sogar Sinn, bei Haas zu bleiben, wenn die Entwicklung des US-Teams so weitergeht? Ralf Schumacher hat da eine klare Meinung: „Auf keinen Fall! Haas ist sicherlich ein tolles Team und das wird alles besser werden“, sagte der Sky-Experte, führte dann aber aus: „Die Struktur steht nicht in Richtung Zukunft. Investitionen werden nicht gemacht, weil Gene Haas eine andere Vorstellung hat.“ Vielmehr sei Haas ein schönes kleines Team für Neueinsteiger.
Das ist Hülkenberg 14 Jahre nach seinem ersten Formel-1-Rennen natürlich schon längst nicht mehr. Für den Moment genießt er den Höhenflug seines Teams, das ihm nach zwei Jahren ohne Cockpit im vergangenen Jahr als Nachfolger von Mick Schumacher verpflichtete.
In zwei Wochen steht mit dem Großen Preis von China dann das nächste Rennen an. Die nächste Chance für „Happy Hülkenberg“, sich für einen neuen Vertrag zu empfehlen. Bei welchem Rennstall wird sich zeigen.