Zhou Guanyu muss in diesen Tagen für alles etwas mehr Zeit einplanen. Jeder will ein Selfie mit dem „Shanghai Tiger“, ob an der Strecke bei seinem Heimrennen oder am Rande der Premiere des Films „The First One“ - in dem es um ihm geht: Chinas ersten Formel-1-Fahrer.
Der stille Mega-Star
„Ich war in den letzten anderthalb Wochen ziemlich sicher der meistbeschäftigte Mann der Stadt“, scherzte Zhou am Donnerstag.
Es ist ein Kontrastprogramm für den 24-Jährigen, der neben Weltmeister Max Verstappen, dem schillernden Rekordchampion Lewis Hamilton oder dem eitlen Altmeister Fernando Alonso im Normalfall eine ganz kleine Nebenrolle spielt.
Wie sollte es auch anders sein bei einem, dessen bestes Ergebnis in 48 Formel-1-Rennen ein achter Platz ist.
Erster Formel-1-Pilot aus China
Beim Comeback der Motorsport-Königsklasse in China (Rennen, Sonntag ab 9 Uhr im LIVETICKER) nach fünf Jahren - Stichwort Corona - spielt diese schmale Ausbeute aber keine Rolle.
Zhou trägt die Hoffnungen einer Weltmacht mit 1,4 Milliarden Einwohnern, die qua ihrer Größe und Wirtschaftskraft für den Automobilmarkt von essenzieller Bedeutung ist, in sich.
„Der Druck bei diesem Rennen ist höher“, räumt er ein. Zugleich habe er seit 20 Jahren, seit er die Zehnzylinder von Michael Schumacher oder Kimi Räikkönen bis in sein Kinderzimmer hören konnte, von diesem Moment geträumt.
Fan-Tribüne nach fünf Minuten ausverkauft
Und China macht mit beim Hype: Zhous 7000 Menschen fassende Fan-Tribüne direkt gegenüber der Garage des Sauber-Rennstalls, für den der Chinese (noch) fährt, war nach fünf Minuten ausverkauft.
Zhou nimmt seine eigene Rolle derweil nicht allzu wichtig. Natürlich wolle er in die Punkteränge fahren, es wäre das erste Mal für ihn in diesem Jahr. Und natürlich hoffe er „auf eine lange Karriere in der Formel 1″.
Zhou als Pionier seiner Sportart
Doch in erster Linie versteht er sich als Pionier in einem Land, in dem Tischtennis, Fußball und Basketball die populärsten Sportarten sind. „Der Motorsport hat ein Luxusimage“, sagt Zhou. Doch der Luxus, zumindest für die Elite, nimmt ja stetig zu im offiziell kommunistischen China.
Bis Chinesen zum Inventar in der Formel 1 gehören, würden wohl fünf bis zehn Jahre vergehen, schätzt Zhou. Um dann selbst noch dabei zu sein, muss er abliefern: Sein Vertrag bei Sauber, das 2026 zum Audi-Werksteam wird, läuft aus.
Favoriten für die Cockpits im kommenden Jahr sind dem Vernehmen nach der dreimalige Grand-Prix-Sieger Carlos Sainz und der Emmericher Nico Hülkenberg.