Spiel, Satz und Sieg beim GP von Bahrain für Formel-1-Überflieger Max Verstappen. Pole Position, schnellste Rennrunde und am Ende über 20 Sekunden Vorsprung.
Verstappen-Klausel aufgedeckt!
Der Niederländer geht mit seinem Red Bull nicht nur beim nächsten Rennen am Samstag in Saudi-Arabien als haushoher Favorit an den Start – Konkurrenten wie Mercedes-Teamchef Toto Wolff trauen ihm sogar zu, alle 24 Rennen der längsten Formel-1-Saison aller Zeiten zu gewinnen. „Max fährt in einer anderen Galaxie“, lobte Wolff voller Bewunderung bei Sky.
Allein: Der Wiener rollte Verstappen nicht ganz ohne Grund den roten Teppich aus. Denn er sieht plötzlich eine Chance, Verstappen schon nächstes Jahr in seinen Mercedes zu setzen und damit sogar seinen zu Ferrari abwandernden Superstar Lewis Hamilton (39) gewinnbringend zu ersetzen.
Verstappen mit brisanter Red-Bull-Klausel
SPORT1 erfuhr von einer Ausstiegsklausel im Red-Bull-Vertrag des Niederländers, die es Verstappen möglich macht, den von der thailändischen Yoovidhya-Familie geführten Getränkekonzern sofort zu verlassen.
Demnach ist Verstappen frei, wenn sein Förderer und Vertrauter Helmut Marko (80) Red Bull verlässt – und das ist nach den Ereignissen der letzten Wochen wegen der angeblichen sexuellen Nötigung durch Teamchef Christian Horner gegenüber einer Mitarbeiterin nicht mehr ausgeschlossen.
Marko wirkt desillusioniert, zeigt sich aber loyal zu seinem Arbeitgeber, indem er gebetsmühlenartig wiederholt: „Die internen Ermittlungen sind abgeschlossen. Mehr sage ich dazu nicht.“
Zu Mercedes? F1-Ikone glaubt an Verstappen-Wechsel
Nur zu den Verstappen-Mercedes-Gerüchten und der Verstappen-Ausstiegsklausel äußert er sich bei SPORT1: „Was mich betrifft: Ich werde Max nicht im Wege stehen.“
Formel-1-Ikone und Red-Bull-Insider Gerhard Berger bringt es am ehesten auf den Punkt. Der Tiroler war in Bahrain und konnte die Schmierenkomödie aus der ersten Reihe verfolgen. Sein Eindruck: „Stand jetzt: Horner bleibt, Helmut Marko und Adrian Newey hören auf und Max geht zu Mercedes.“
Fest steht: Der Sumpf um Horner wird immer tiefer, die Gräben zwischen dem Teamchef und seinen Unterstützern aus Thailand auf der einen Seite und den Minderheitsteilhabern aus Österreich, Marko, Chefdesigner Adrian Newey und der Verstappen-Familie auf der anderen werden immer größer.
Bei den Jubelszenen vor der Siegerehrung im Fahrerlager sprang Verstappen voller Dankbarkeit und Loyalität Marko und Newey geradezu an den Hals. Die beiden standen eng zusammen, um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, dass sie zu einer Partei gehören.
Verstappen senior erhöht Druck auf Red Bull
Zahlreiche Meter weiter klopften ihm der Boss aus Thailand, Horner und dessen Ehefrau, Ex-Spice-Girl und Schauspielerin Geri Halliwell (Gran Turismo), die in Bahrain Oscarreif ihre vielleicht größte Rolle spielte, auf die Schulter.
Verstappen, das war zu sehen, ließ die Lobhuldigungen sehr reserviert über sich ergehen. Er will keine schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit waschen.
Braucht er auch nicht. Denn sein Sprachrohr ist Vater Jos. Und der machte bei einem Daily-Mail-Reporter unmissverständlich klar. „Es wird hier Spannungen geben, solange Horner in seiner Position ist“, sagte der 51-Jährige. „Das Team läuft Gefahr, zerrissen zu werden. Es kann so nicht weitergehen, es wird explodieren.“
Verstappen senior machte Horner für mögliche interne Probleme verantwortlich und betonte, dass er „das Opfer spielt, obwohl er derjenige ist, der die Probleme verursacht“.
Ihm tue auch die Mitarbeiterin leid, die durch den Horner-Freispruch der Thailänder in den Schmutz gezogen wurde. Ihr Name ist jetzt öffentlich und sie hat eigentlich keine andere Wahl mehr, als vor ein ziviles Gericht in Großbritannien zu ziehen, um ihren Namen wieder reinzuwaschen.
Man kann das so verstehen: Wenn die Thailänder Horner weiter stützen und der trotz aller Vorwürfe bleiben darf, sind die Verstappens weg. Dazu passt, dass Jos Verstappen schon während des Bahrain-Wochenendes ein vertraut wirkendes Dinner mit Toto Wolff hatte und auch sonst keinen großen Wert darauf legte, im Paddock nicht im Gespräch mit dem Mercedes-Teamchef gesehen zu werden.
Wird Red-Bull-Machtkampf zur Zerreißprobe für die Formel 1?
Fest steht: Der Red-Bull-Konzern steht vor einer Zerreißprobe, die weit über das Teilgeschäft Formel 1 hinaus geht. Ford, zukünftiger Technikpartner von Red Bull in der Formel 1 und wichtiger Verbündeter auf dem US-Markt gegen Konkurrent Coca Cola, prüft gerade, ob die schon beschlossene Allianz doch noch gelöst werden kann.
Auch ihnen liegen die geleakten Details vor, die während des Bahrain-Wochenendes mit anonymer E-Mail-Adresse an das ganze Fahrerlager verschickt wurden. Neben angeblichen Textnachrichten an seine Mitarbeiterin gibt es offenbar auch pikante Fotos von Horner. Der Brite bestreitet weiterhin standhaft alle Vorwürfe und hält die Dateien für Fake.
Was die Formel 1 betrifft: Da geht es bei Red Bull gar nicht mehr nur um einen Machtkampf, den die Österreicher faktisch nicht gewinnen können. „Es ist zu viel kaputtgegangen auf persönlicher Ebene,“ sagt Sky-Experte Ralf Schumacher zu SPORT1, „das kannst du nicht mehr kitten. Für Red Bull wäre es am besten, wenn Horner zurücktritt. Aber ich bezweifle, dass er das macht.“