Zur persönlichen Mondlandung wurde der glamourös angekündigte Las-Vegas-GP vom amerikanischen Formel-1-Vermarkter im Vorfeld geradezu euphorisch hochstilisiert. Doch schon nach acht Minuten des ersten freien Trainings erinnerte das ehrgeizige Prestigeprojekt der Amerikaner eher an die krisengeschüttelte Apollo-13-Mission denn an Apollo 11.
F1-Farce! Nun könnte es teuer werden
„Vegas, we have a problem“, stand in den mittlerweile blass gewordenen Gesichtern der Verantwortlichen geschrieben. Einer von etwa 160 über der Strecke verteilten Metalldeckeln hat wegen der Urgewalt der darüber rasenden Formel-1-Boliden die Bodenhaftung verloren und wurde für Ferrari-Pilot Carlos Sainz zum gusseisernen Geschoss.
Ergebnis: Auto völlig zerstört, Sainz zum Glück unverletzt, aber das auf 60 Minuten angesetzte Training wurde abgebrochen. Erst nach notdürftigen Nachbesserungen startete das zweite, jetzt auf 90 Minuten angesetzte Training mit mehr als zweistündiger Verspätung.
Droht der Formel 1 eine Reihe von Schadenersatzklagen?
Allerdings ohne Fans an der Strecke. Die wurden, obwohl sie bis zu 20.000 Dollar (im noblen VIP-Bereich) für das Ticket bezahlt haben, vorher nach Hause geschickt. Aus logistischen Gründen, so lautete das Argument für den Schichtwechsel der Sicherheitsleute. Und das könnte Liberty Media noch teuer zu stehen kommen.
Grund: In den USA blüht das Geschäft von Schadenersatzklagen, nach denen spezialisierte US-Anwälte geradezu Ausschau halten. Nicht nur VW kann nach dem Diesel-Skandal mehr als ein Lied davon singen. Auch die Formel 1 weiß, was es in den USA bedeutet, mehr zu versprechen als man halten kann.
Beim Indianapolis-Skandal-Rennen 2005 musste der Veranstalter Millionen von Dollar an die Fans bezahlen, die für ein ganzes Starterfeld bezahlt haben und nicht nur für die sechs von Bridgestone ausgestatteten Autos.
Die von Michelin bereiften Boliden konnten aus Sicherheitsgründen nicht am Rennen teilnehmen. Die Fans buhten, pfiffen und klagten schließlich. Mit Erfolg.
Vegas-Drama: Schadenfreude bei Formel-1-Fans
Millionenklagen blühen jetzt auch dem Veranstalter in Las Vegas. Also Liberty Media selbst. Schlimmer fast als der finanzielle Schaden: Der Imageschaden ist jetzt schon kaum noch zu kitten. Das gelobte Land Amerika könnte für die Formel 1 zum Albtraum werden.
Fest steht: Ein großer Schritt für den Großteil der Menschheit war die „Mondlandung“ in der berüchtigten Wüstenstadt der Sünde in Nevada eh nicht. Sogar viele eingefleischte Formel-1-Fans kritisierten schon im Vorfeld das Rennen als künstlich aufgeblasenen, unnötigen Ballast, der nur einen Zweck hat: So viel Geld wie möglich zu verdienen.
Gerade bei denen wird die Schadenfreude jetzt groß sein. Dabei ist das sicher noch das kleinste Übel, mit dem Formel-1-Chef Stefano Domenicali in Zukunft klarkommen muss.