Hallo liebe F1-Fans,
Dafür hat Haas Hülkenberg verpflichtet
Monza hat bei mir den Eindruck verstärkt, dass die 2023er Saison der Königsklasse ein rasender Rollercoaster ist. Im Schatten der Felswand Red Bull erleben die anderen Teams eine Achterbahnfahrt, die einem Schleudergang in der Waschmaschine gleicht.
Eine Hierarchie, wie wir sie jahrelang erlebt haben, gibt es nicht mehr. Jeder Grand Prix erweist sich abseits der Sieg-Konstante Verstappen als Wundertüte, prall gefüllt mit Überraschungs-Eiern.
Nehmen wir Ferrari. Die letzte Pole vor Monza haben die Roten mit Leclerc sowohl im Sprint als auch im Sonntagsrennen in Baku geholt. 10 Rennen hat es gedauert, bis ein cavallino rampante wieder ganz vorne in der Startaufstellung steht. Damit gerechnet hat vor dem Qualifying in Monza niemand. Sainzs dritter Platz im Königlichen Park war erst die sechste Podiumsplatzierung für die Scuderia in diesem Jahr.
Ferrari hat Sympathie-Punkte gesammelt
Auf der anderen Seite stehen blasse Auftritte und krasse Enttäuschungen wie der Nullpunkte-Auftritt in Melbourne, die Plätze 9 und 10 in Silverstone, sowie folgend die Ränge 7 und 8 in Ungarn. Dazu kommen immer wieder taktische Fehleinschätzungen und Team-, sowie Fahrerfehler, die mögliche Top-Platzierungen vernichten.
Dass beide Jockeys in Monza bis ans Limit gegeneinander fighten durften im Kampf um den Podestplatz, ist erfrischend. That‘s Racing! Allerdings nicht auszudenken, was im Blätterwald und in den Social Medias los gewesen wäre, wenn sich beide rauskatapultiert hätten. Für mich hat Ferrari damit Sympathie-Punkte gesammelt. Trotzdem, für einen echten Red-Bull-Jäger ist das unter dem Strich zu wenig.
Mercedes hat gleich zu Saisonbeginn gemerkt, dass der W14 ein Design-Flop ist. Hin- und hergerissen zwischen den Gedanken, das Auto weiterzuentwickeln, oder gleich eine komplette B-Version aufzulegen, geht es durch die erste Saisonhälfte mit äußerst unterschiedlichen Ergebnissen.
Schwächen von Mercedes sind noch nicht behoben
Platz 2 in Australien von Hamilton war im dritten Rennen des Jahres das erste Podium für den einstigen Abonnement-Meister. Fünf Podiumsplatzierungen in den ersten 10 Rennen inklusive Silverstone sind eine magere Ausbeute. Ein Podium weniger als Ferrari, trotzdem liegt Mercedes in der Konstrukteurswertung 45 Zähler vor den Roten.
Seit dem Heimrennen in England heißt es in der Kategorie Champagnerspritzen aber für die Sterne-Ritter: Fehlanzeige. Die Ingenieure glauben zu wissen, wo der Hund im Auto begraben ist. Behoben sind die Schwächen deshalb bei weitem noch nicht!
Aston Martin war zu Saisonbeginn als positiver Ausreißer das Überraschungsteam schlechthin. Alonso holte in den ersten neun Läufen zwei zweite und vier dritte Plätze! Bockstark, der F1-Opa. Doch nach Kanada folgen sechs Rennen zum Vergessen. Von Platz 2 in der Konstrukteurswertung geht‘s runter auf Rang 4.
Erst in Zandvoort mit neuem Unterboden raste Alonso wieder aufs Podium. Um eine Woche später im Highspeed-Tempel Monza sang- und klanglos als Neunter hinterher zu humpeln. Teamkollege Stroll ist eine Graue Maus im Feld, ein reiner Mitläufer, der das Potenzial, das im Auto steckt, selten bis gar nicht ausreizen kann.
Williams im Aufwind
Williams scheint dagegen immer stärker zu werden. Im Topspeed-Bereich soll der FW45 bereits zu den Besten gehören, was Monza nicht unterstreicht. Denn in Sachen Spitzengeschwindigkeit sind Sargeant als 14er und Albon als 16er weit hinter dem Schnellsten, Lewis Hamilton, zurück.
Aber die Balance des Autos scheint sehr, sehr gut zu sein. Alex Albon hält in Monza über viele Runden beide McLaren hinter sich, obwohl Norris und Piastri DRS zur Verfügung haben, und er nicht. Zwei Top-10-Platzierungen von Albon in den ersten zehn Rennen zeigen, dass Williams nicht mehr der weit abgeschlagene Rote-Laterne-Halter ist.
Mit den Plätzen 8 und 7 in Zandvoort und Monza lässt Albon zuletzt stark aufhorchen. Es geht mit dem Traditionsteam signifikant nach vorne. Haas, Alfa Romeo und Alpha Tauri hat Williams bereits hinter sich gelassen.
Ein Team bleibt total unberechenbar
Alpine werden sie nicht mehr einholen. Aber die Franzosen enttäuschen bislang fast auf ganzer Linie. Der Gesamtvierte von 2022 wollte aus eigener Kraft in Richtung Laufsieg-Fähigkeit marschieren. Ocon holte in Monaco im sechsten Lauf des Jahres mit Platz 3 die erste Podiumsplatzierung. Davor sind Ocon und Gasly in Australien sowie im Sprint und Hauptrennen in Baku komplett leer ausgegangen.
Nach Monaco folgte das nächste Tief. In fünf Rennen holen die beiden insgesamt nur drei Top-10-Platzierungen und damit Punkte im hinteren Bereich. In Ungarn gab es das Komplett-Fiasko mit einem Doppel-Ausfall. Im Sprint von Spa stand Gasly plötzlich wie aus dem Nichts als Dritter auf dem Podium, obwohl am Tag zuvor in der Führungsebene des Teams die Köpfe rollten und Team intern ein echtes Erdbeben alle Grundfesten erschüttert hat.
In Zandvoort konnte er das wiederholen - um eine Woche später in Monza als 15er komplett abzurauchen. Alpine bleibt total unberechenbar! Auf den Fünften McLaren fehlen bereits 42 Punkte!
Die Papayaorangen haben die Wende des Jahres hingelegt. In den ersten acht Läufen, inklusive der beiden Sprints in Baku und am Red Bull Ring, gingen Norris und Piastri sieben Mal komplett leer aus. Am Red Bull Ring, in Ungarn und in Silverstone schlugen die beiden dank eines überragend funktionierenden Up-Dates mächtig zu.
McLarens Zauber ist bereits verflogen
Norris wurde zwei Mal Zweiter, insgesamt wurden in diesen drei Rennen 70 WM-Punkte eingesackt! Auf Strecken mit unterschiedlicher Charakteristik. Alle sind davon ausgegangen, dass der McLaren jetzt auf allen Strecken funktioniert und die neue zweite Kraft hinter Red Bull ist.
In den vergangenen vier Sonntagsrennen war Platz 7 aber schon das höchste der Gefühle. Vorbei ist der kurz aufgeflackerte Zauber. So wirklich verstehen tut‘s keiner. Da passt ins Bild, dass Piastri nach seinem Boxenstopp Teamkollege Norris in der Schikane in die Kiste knallt! Etwas unkontrolliert, das Ganze.
Ausgerechnet im Highspeed-Tempel Monza fuhr Bottas mit dem Alfa Romeo erstmals seit Kanada wieder in die Punkte. Erwarten konnte das keiner. Es ist erst der vierte Punktgewinn für den Tabellenvorletzten in der kompletten Saison.
Bei Haas geht es nur noch nach unten
Haas sah in den Vorsaisontests richtig gut aus. In den ersten fünf Rennen gelangen auch drei Punkteplatzierungen. Danach gab es nur noch ein Mal WM-Zähler durch den sechsten Platz im Sprint am Red Bull Ring für Nico Hülkenberg. Rang 12 des Emmerichers in Zandvoort war danach das beste Ergebnis für das Team.
Die Haas-Achterbahn schießt nur noch im rasenden Tempo nach unten. Bitte fest anschnallen! Dass Hülkenberg die Hutschnur dann auch mal platzt, und er das Team verbal anzählt, ist völlig ok. Für diese Ehrlichkeit und das Gerade-Heraus-Sein hat man ihn ja auch verpflichtet.
Man darf gespannt sein, was der ausgeleuchtete Hochhaus-Schluchten-Kanal von Singapur an Überraschungen zu bieten hat. Die einzige Konstante wird auch dort wohl nur Red Bull sein. Dahinter ist alles möglich! Und das macht diese Saison in meinen Augen sehr unterhaltsam!
Bleiben Sie gesund.
Pedal To The Metal,
Ihr Peter Kohl.