„Dieser Name und dieser Ruf wurde in wenigen Monaten kaputtgemacht!“
Audi? „Ruf kaputtgemacht“
Dieses harte Urteil fällt Vincent Vosse über Audi. Der WRT-Chef, der mit seinem Team erst im vergangenen Jahr von Audi zu BMW gewechselt war, lässt am momentanen Kurs der Ingolstädter kein gutes Haar.
Ab der Saison 2026 will der Konzern mit den vier Ringen in der Formel 1 mitmischen - und ist offensichtlich bereit, diesem Plan alles unterzuordnen.
Ab 2024 soll es keine Werksunterstützung mehr für die rund 300 Teams geben, die mit Audi kooperieren. Das betrifft unter anderem die prestigeträchtige Rennserie DTM sowie die 24-Stunden-Klassiker auf dem Nürburgring und in Spa. Dazu wird auch der Fahrerkader aufgelöst.
Alle Gefahren für das F1-Projekt beseitigen
„Audi Sport Customer Racing war das Aushängeschild von Audi Sport - und Vorsprung durch Technik“, beschrieb Ernst Moser, langjähriger Teamchef des Audi-Werksteams Phoenix in der DTM, bei motorsport-total.com die Situation. „Für mich ist das auch ein persönliches Thema von gewissen Leuten in der oberen Entscheidungsriege: Bevor er geht, macht da jemand alles, damit das Formel-1-Engagement umgesetzt werden muss.“
Diese Worte waren klar an Audi-Boss Markus Duesmann gerichtet, der im September seinen Posten als Vorstandsvorsitzender abgeben wird.
Dass der Schnitt dabei so radikal ausfällt, dafür hat Moser nur eine Erklärung. Zwar hätte man die Kundenprogramme mit kleinen Budgets weiterlaufen lassen können, „aber wenn dieses Pflänzchen weiterwächst, könnte es für das Formel-1-Projekt vielleicht gefährlich sein. Daher wird es nicht mehr gegossen und ausgetrocknet.“
Im weiteren Gespräch wurde der 62-Jährige, der sich zum Saisonende aus dem Motorsport zurückziehen wird, noch deutlicher: „Alles, was das Formel-1-Projekt vielleicht noch verhindern könnte, wird jetzt plattgemacht.“
Audi-Fokus auf Formel 1? „Ein Witz“
Diese Fokussierung kann Vosse jedoch in keiner Weise nachvollziehen. Mercedes habe schließlich eindrucksvoll bewiesen, dass ein Doppelprogramm möglich sei. Zumal die Kosten nicht allzu hoch seien. Daher hat der Belgier für diese Entscheidung nur eine Antwort übrig: „Das ist ein Witz. Formel 1 hat nichts mit Kundensport zu tun.“
Immerhin wurde die Abteilung Audi Sport Customer Racing nicht komplett zugemacht. Ein Grund zur Hoffnung also?
Keineswegs, geht es nach Audi-Sportchef Rolf Michl. Zwar hoffe er für die Mitarbeiter, dass es ein Weiter geben wird, glaubt aber nicht wirklich an ein Weiterleben der Motorsport-Abteilung. Vielmehr gehe es nur noch darum, gültige Verträge einzuhalten. „Das hat damit zu tun, dass sie zumindest ihre existierenden Kunden betreuen müssen. Sie müssen weiter Teile verkaufen“
Auch Moser sieht darin nur noch eine Formalie. „Wenn man Autos verkauft, muss man einige Jahre Service und Ersatzteile bereitstellen.“
Duesmann-Abschied als Hoffnungsschimmer
Schon eher ein Hoffnungsschimmer ist der Personalwechsel an der Audi-Spitze. Nach Duesmann übernimmt Gernot Döllner den Posten. „Ich freue mich auf jeden Fall, dass ein Wechsel da ist“, positioniert sich Moser klar.
Ins gleiche Horn stößt auch Attempto-Teamchef Arkin Aka, der mit seinem Audi-Team weiterhin an der DTM und der GT-World-Challenge Europe teilnimmt.
„Duesmann hat der Marke Audi nicht sonderlich gutgetan hat. Diese Visionen, die er hat, waren wirklich nur Visionen, die sich nicht umsetzen lassen. Ich hoffe, dass sie zur Erkenntnis gekommen sind, dass sie eigentlich auf den Kunden hören sollen“, sagte der türkischstämmige Rennstall-Besitzer bei motorsport-total.com.
Der prestigeträchtige Einstieg in die Formel 1 - so viel steht jetzt schon fest - hat bei Audi viel verbrannte Erde hinterlassen.