Hallo liebe Formel-1-Fans, Anerkennung für die Verbesserung eines Uraltrekordes aus dem Jahr 1988. Red Bull hat mit seinen 12 Siegen in Folge McLaren als Rekordhalter überflügelt. Gratulation und Respekt. Dafür treten Profis an: Bestmarken verschieben. Damit werden die Roten Bullen für diese Saison noch nicht am Ende sein.
Die F1 auf dem Weg zur Rentnerserie?
Verstappen macht aktuell Jagd auf Vettels neun Siege innerhalb einer Saison. Lange wird er dafür nicht brauchen. Die Dominanz des Niederländers ist dermaßen eklatant, dass laut Mercedes-Boss Toto Wolff die Konkurrenten im Vergleich mit ihm wie Formel-2-Fahrer aussehen würden.
Die 104. Pole in der Karriere von Lewis Hamilton hat Hoffnung auf etwas Abwechslung an der Spitze geschürt. Die ist aber bereits in der 1. Kurve zerschellt an den harten Realitäten. Verstappen ist einfach Herr der Lage! Nonchalant drückt er den Rekordweltmeister auf der Außenbahn ins Nirvana, auf der Innenseite profitieren die beiden McLaren-Kutscher Norris und Piastri davon und lassen Hamilton hinter sich.
Auf eine einzelne Runde mag Verstappen zu schlagen sein. Über die Renn-Distanz gesehen verhilft ihm die gnadenlos gute Balance seines Boliden zum entspannten Surfen im eigenen Universum. Daran wird sich diese Saison nichts mehr ändern. Die Konkurrenten sind damit beschäftigt, den eingebauten Gimmicks in ihren Kisten zu finden, um ihre eigenen Autos überhaupt mal zu verstehen.
Mercedes kommt voran, McLaren gelingt ein großer Wurf
Mercedes kommt dabei schrittchenweise voran. Immerhin haben die Sterne Kundenteam Aston Martin und vor allem Ferrari derzeit klar hinter sich gelassen. Wären da nicht die rotzfrechen Papayas, die mit einer All-In-B-Variante des McL60 frischen Wind reingebracht haben. Nach den Rennen in Österreich, Silverstone und Ungarn kann man klar festhalten, dass McLaren ein großer Wurf gelungen ist.
Das Auto ist zuletzt auf verschiedensten Strecken-Layouts Podiums fähig gewesen. Und damit aktuell die Nummer 2 im Feld, gleichauf mit Mercedes, würde ich sagen. Ungarn hat unterstrichen, dass Ferrari zunehmend zur Grauen Maus degeneriert. Die Fahrer sind genervt, machen dadurch selbst zu viele Fehler.
Sainz knallt sich im Freien Training im Halbnassen raus, Leclerc kassiert wegen Speeding in der Boxengasse eine Strafe. Seine Stimmungslage ist über Boxenfunk gut herauszufiltern. Viel Geraunze und Beschweren, wenig konstruktive Vorschläge.
In Maranello haben sich die Entscheidungsträger in den zurückliegenden Jahren die Klinke in die Hand gegeben. Eine Umstrukturierung folgt der nächsten. Eine klare Strategie ist bei den Roten nicht zu erkennen. Frederic Vasseur versucht auf seine charmante Art, die Probleme zu verharmlosen und wegzureden. Die Ergebnisse auf der Strecke sprechen eine andere Sprache. Wie der Karren aus dem Dreck gezogen werden soll, ist nicht zu erkennen.
Aston Martin wird durchgereicht
Dabei sollte das McLaren-Beispiel allen anderen Mut machen. Es geht, wenn man will! In den ersten Rennen war die Truppe von Zak Brown Prügelknabe im Feld, jetzt Schlagzeilenproduzent und viel bestaunter Aufsteiger. Wenn einer hochkommt, geht ein anderer runter. In diesem Fall Aston Martin. Die Fahrer bringen gute, bis sehr gute Leistungen. Aber dem Auto fehlt es zunehmend an Performance.
Das Team befindet sich nach wie vor in einem Neuaufbau und im Lernstadium. Die Top-Platzierungen von Altmeister Alonso in der Anfangsphase haben das kaschiert. Aston Martin hatte auf Anhieb eine Kiste, die funktioniert hat. Andere wie McLaren haben sich weiterentwickelt. Aston Martin ist auf Stand Saisonbeginn geblieben und wird jetzt langsam durchgereicht.
Beide Autos in den Punkterängen ist respektabel. Aber weit davon entfernt, was aufgrund der ersten Saisonrennen machbar schien. Stillstand ist in der Formel 1 ein Rückschritt. Noch ist Aston Martin in der Konstrukteurs-Wertung Dritter. Aber wohl nicht mehr lange.
Renault-Motor zeigt Schwächen
Ein bisschen unter dem Radar schleicht sich Williams nach vorne. Alex Albon schrammt als Elfter knapp an Punkten vorbei. Er und Teamkollege Sargeant sind im Qualifying gleich zu Beginn ausgeschieden. Eine clevere Rennstrategie mit einem gelungenen Undercut gleich gegen mehrere Konkurrenten bringt den fehlerfrei fahrenden Albon schön nach vorne.
Davon kann man bei Alpine aktuell nur träumen. Platz 3 bei den Konstrukteuren wurde vor der Saison als Ziel ausgegeben, 2022 stand die Truppe auf Rang 4. Zur Halbzeit der Saison zeigt die Trendkurve klar nach unten. Rang 6 mit gerade einmal 47 Zählern auf dem Konto sind eine magere Ausbeute. Der Ausfall von Ocon und Gasly ist schlicht Pech, vollkommen unverschuldet.
Dass dem hauseigenen Renault-Motor gegenüber der Konkurrenz angeblich bis zu 30 PS fehlen, ist für einen Weltkonzern peinlich. Die Motoren sind per Reglement bis einschließlich 2025 eingefroren. Nur über eine Sonderregelung ist eine Verbesserung möglich. Dafür braucht es die Zustimmung der Konkurrenz. Ob es die gibt, ist fraglich.
Formel 1: Die Jungen haben es zunehmend schwer
Als gelungen darf man das Comeback von Daniel Ricciardo bezeichnen. Der Honigdachs reißt mit seinem fröhlichen und sonnigen Auftreten gleichmal die gesamte Truppe aus Faenza mit und sorgt damit für gute Stimmung. Auf Anhieb schlägt er im Qualifying und Rennen Teamkollege Yuki Tsunoda. Die halbjährige F1-Pause hat ihm offensichtlich nicht geschadet.
Damit profitiert ein zweites Hinterbänkler-Team nach Haas von einem Wechsel Alt gegen Jung. Bei Haas ist man berechtigterweise überaus zufrieden mit Nico Hülkenberg. Eine Vertragsverlängerung mit dem 35-Jährigen ist reine Formsache. Ricciardo versucht mit 34 seine F1-Karriere noch mal zu befeuern. Respekt für die Rückkehr des Australiers. Die aber auch ein Problem unterstreicht. Die Jungen haben es zunehmend schwer, in der F1 Fuß zu fassen.
Abgesehen von Oscar Piastri, der teamintern die Ingenieure verbal zu Superlativen greifen lässt in der Beurteilung seiner Leistungen und seiner Entwicklung, sind die Newcomer zuletzt alle mehr oder weniger gescheitert. Mazepin mit fehlendem Charakter und Talent, Mick Schumacher und Nick De Vries aufgrund zu hoher Fehlerquoten, Sargeant sitzt angezählt auf einem Schleudersitz wegen fehlender Leistungen.
Tsunoda stagniert in seiner Entwicklung. Auch Zhou reißt keine Bäume aus, wenn er mal weiter vorne startet, wie gestern zu sehen war. Erfahrung schlägt derzeit jungfrische Dynamik. Ein Verstappen, ein Lando Norris haben Jahre gebraucht, um ihre heutigen Leistungen abrufen zu können. Ihnen wurde dafür die Zeit gegeben. Aktuell reißt der Geduldsfaden ziemlich schnell.
Kommt es zur Red-Bull-Premiere?
Dabei haben die Youngster keine Testmöglichkeiten mehr, müssen sich neue Strecken in wenigen Runden erarbeiten und sollen auf Anhieb performen. Kaum machbar. Geht der Trend so weiter, haben die F1-Organisatoren bald das Problem, eine „Rentnerserie“ verkaufen zu müssen. Mit Fahrern, deren Geschichten auserzählt sind. Frisches Blut ist wichtig für neue Szenarien und neue Stories, die daraus entstehen, um die Königsklasse im Gespräch zu halten.
Sergio Perez wird bei Red Bull die Saison zu Ende fahren. Der Vertrag des Mexikaners läuft 2024 aus. In Ungarn hat er sich im Rennen von seiner besseren Seite gezeigt, im Qualifying kam er erstmals seit Miami mal wieder in die Top 10. Ob das zum Arbeitsplatzerhalt reicht, wird die Endabrechnung zeigen. Das Auto ist dermaßen überlegen, dass Platz 1 und 2 in der Fahrerwertung Pflicht sind.
Das wäre ein weiterer Meilenstein in der Teamgeschichte, denn das ist Red Bull bislang noch nicht gelungen. Weder mit der Paarung Vettel/Webber, noch mit Verstappen/Perez. 2022 fehlten Perez dazu drei Punkte, die ihm Leclerc voraushatte. Dass insgesamt die Leistungen von Perez angesichts seines überlegenen Materials zu schwankend sind, steht außer Frage. Aber wer soll ihn ersetzen?
Ricciardo: Nur noch eine Nebenrolle?
Aus dem Nachwuchskader von Red Bull kommt niemand in Frage, um die hohen Ziele zu erreichen, wie vorher erläutert. In den vergangenen Jahren wurden einige Fahrer zu früh, zu jung ins Top-Team befördert und geschreddert. Siehe Alex Albon und Pierre Gasly, die sich mühsam davon erholt haben. Bliebe im Falle des Falles also Ricciardo? Der hatte seine Red-Bull-Chance schon einmal für vier Jahre.
Zunächst neben Sebastian Vettel, den er am Schluss durchaus ärgern konnte, dann neben Max Verstappen. Sein ehrgeiziges Ziel, der Nummer 1 – Fahrer des Teams zu sein, hat er nie umsetzen können.
2019 flüchtete er zu Renault, fortan ging die Spirale abwärts. Heute würde er die Side-Kick-Rolle neben Verstappen, um konstant und ohne Nebengeräusche die Punkte für die Konstrukteurs-Wertung einzufahren, sicher demütig erfüllen.
In Sachen Marketing ist Perez für Red Bull für die hispanische Community sehr wertvoll. Ricciardo ist dafür weltweit ein Publikumsliebling. Einen sympathischeren Markenbotschafter kann man sich kaum vorstellen.
Nach der Hitzeschlacht von Ungarn wartet die Wetterlotterie in den Ardennen auf uns.
Die könnte in Spa für überraschende Effekte und Chaos auf der Rennstrecke sorgen bei wechselnden Verhältnissen. Auf einer Kultrennstrecke, die hoffentlich noch lange im F1-Kalender bleibt. Ich freue mich auf den kommenden Sonntag! Bis dahin, bleiben Sie gesund.
PEDAL TO THE METAL - Ihr Peter Kohl.