Hallo liebe F1-Fans,
Ein absoluter Fehlgriff
totale Dominanz kann erstickend wirken. Die Siege fallen Max Verstappen reihenweise in den Schoss, fast nach Belieben, wie es scheint. Die Weltmeisterfindung ist bereits beendet, sowohl bei den Fahrern, als auch bei den Konstrukteuren.
Verstappen und Red Bull bewegen sich in einem eigenen Universum. Auch die Wetterkapriolen in den Ardennen haben daran nichts ändern können. Ein Nährboden für Tristesse und Langeweile. Dennoch kommt bei mir kein Gähnen auf in der Betrachtung der laufenden Saison. Im Gegenteil. Das Spa-Wochenende empfand ich als äußerst unterhaltsam.
Das Shootout zum Sprint hat die Fahrer schon an ihre Grenzen geführt, Lance Stroll auch darüber hinaus. Dem Sprint sind Alonso und Perez zum Opfer gefallen. Beides überaus erfahrene Profis und Spa-Kenner. Der Spanier hatte für einen klitzekleinen Moment die sich ändernden Bedingungen auf der Piste an seinem 42. Geburtstag nicht im Griff. Perez stand einem deutlich schnelleren Hamilton im Weg und konnte einen Treffer durch den Mercedes nicht unterbinden.
Reifenwechsel, hektische Boxenstopps bei abtrocknender Strecke, eine Saftey-Car-Phase, die ersten Führungskilometer für Supertalent Oscar Piastri, der am Ende sensationeller Zweiter wird. Ein Pierre Gasly der wie Phoenix aus der Asche steigt und erstmals in dieser Saison aufs Podest sprintet. Mercedes zwar mit beiden Autos in den Punkten, als Siebter und Achter aber schwer geschlagen. Ein Daniel Ricciardo, der als Comebacker bei schwierigsten Bedingungen zeigt, dass er nichts verlernt hat und mit einem leistungsmauen Alpha Tauri in die Top 10 fährt. Da war echt eine Menge drin!
„Jammerschade“: Frühes Piastri-Aus in Spa
Der Sonntag hat da nicht ganz Schritt gehalten. Nahezu mühelos kompensiert Verstappen seine Grid-Strafe wegen Teiletausch, benötigt lediglich 17 Runden, um von Startplatz 6 aus in Führung zu gehen und am Horizont zu enteilen. Geistesgegenwärtig in Weltmeistermanier fängt er in der Eau Rouge bei einsetzendem Regen seinen ausbrechenden Boliden ein. An einer Stelle, an der gewiss niemand die Kontrolle verlieren will.
Jammerschade, dass Oscar Piastri im Startgetümmel in die Streckenbegrenzung gedrückt wird und schon nach der ersten Kurve ausscheidet. Ich hätte gerne gesehen, was er auf dieser tollen Traditionsstrecke rausgeholt hätte. Auch am Sonntag sorgt Regen für einen Spannungsmoment. Leider kommt nicht viel Wasser runter. Alle bleiben auf Slicks, aber die unterschiedlichen Reifenstrategien sorgen für Überraschungen.
Trotz steil angestellter Heckflügel in einer Regenabstimmung, die für das Sonntagsrennen ein Fehlgriff ist, kommen Russell und Norris von ganz hinten am Ende auf die Plätze 6 und 7. Russell legt nur einen Boxenstopp ein, exakt zur Rennhalbzeit. Norris stoppt zweimal sehr früh, in der fünften und siebzehnten Runde. Er ist der Einzige, der in diesem Rennen die härteste Mischung verwendet. Ein absoluter Fehlgriff, wie sich auf der Piste zeigt. Set-Up und Strategie sind für den Rennsonntag ein Desaster. Er fällt bis auf Platz 19 zurück!
Der einsetzende Regen und der sofortige Wechsel auf die Softs bringen Norris zurück ins Spiel. Neun Runden nach dem zweiten Stopp pusht er sich durch freie Fahrt bis auf 7 nach vorne. Hamilton, Albon und Sargeant legen jeweils drei Boxenstopps ein, sind damit die häufigsten Boxengassenbesucher. Nur bei Williams und Red Bull werden jeweils für die beiden Fahrer die selben Reifenstrategien angewendet. Bei allen anderen Teams gibt es die unterschiedlichsten Herangehensweisen bei der Reifenwahl.
Unterschiedliche Gefühlswelten bei Ferrari - Mercedes-Problem kehrt zurück
Ferrari bekommt dank Charles Leclerc auf Platz 3 zwar einen Motivationsschub mit in die Sommerpause, aber Carlos Sainz muss nach dem Kontakt mit Oscar Piastris McLaren in der ersten Kurve nach 25 Runden waidwund auf der rechten Fahrzeugseite die Segel streichen. Somit mal wieder unterschiedliche Gefühlswelten bei den Roten nach einem Rennen.
Mercedes bleibt zum 11. Mal in dieser Saison in einem Lauf, inklusive der Sprints, ohne Podestplatz. So richtig voran in der Aufholjagd geht‘s nicht bei den Sternen. Im Gegenteil. In Spa kehrt auf den Geraden das gehasste Bouncing zurück und niemand weiß warum.
Während Aston Martin das beste Teamergebnis seit dem Red Bull Ring einfährt. Fernando Alonso hat erstmals seit Spielberg wieder ein gutes Gefühl in seinem Auto und sieht sein Team vor der Sommerpause auf dem richtigen Weg, um wieder Topergebnisse wie im ersten Saisondrittel holen zu können.
Yuki Tsunoda schafft im 10. Rennen seit Baku endlich mal wieder den Sprung in die Top 10, gibt eine respektable Antwort auf die schallende Ohrfeige, die ihm Alpha-Tauri-Einsteiger Daniel Ricciardo noch vergangene Woche in Budapest verpasst hat, indem er auf Anhieb schneller war, als der etablierte Teamkollege.
Entertainment auf und neben der Strecke
Tsunoda und Ocon sorgen mit spektakulären Überholmanövern in Spa für bestes Entertainment auf der Strecke. Überhaupt gab es reihenweise Positionswechsel im Mittelfeld. Da war richtig viel Bewegung drin. Selbst Nico Hülkenberg und Kevin Magnussen kämpfen phasenweise um einen Top-10-Platz, ehe sie der Haas typische Reifenfraß in der Schlussphase zum billigen Opfer werden lässt.
Und auch abseits der Piste ist mächtig was los. Bei Alpine gibt‘s ein Personalerdbeben in einer Form, die ich während eines Grand-Prix-Wochenendes so noch nicht erlebt habe. Der ehemalige Motorenverantwortliche Bruno Famin, vor drei Wochen zum stellvertretenden Präsidenten der Motorsportabteilung gekürt, lässt am Freitag in Spa Köpfe rollen, indem er Teamchef Otmar Szafnauer, als auch Sportdirektor Alan Permane und Cheftechniker Pat Fry auf die Straße schickt.
Szafnauer und Permane müssen allerdings in Spa ihren Job trotz Entlassung noch an der Boxenmauer verrichten. Skurril, und schwer verständlich, vor allem was das Timing der Entlassungen angeht. Bei den Franzosen brennt der Baum gewaltig. Woher Famin entsprechende Experten holen will, um diese wichtigen Positionen ad hoc zu besetzen, ist eine spannende Frage.
Ein wirklich interessantes F1-Wochenende, wie ich finde. Trotz der erdrückenden Verstappen-Dominanz an der Spitze.
Mal sehen, wer die Sommerpause am intelligentesten nutzen kann für den Restart der Saison in Zandvoort. Bis dahin, bleiben Sie gesund. Pedal To The Metal, Ihr Peter Kohl.