„Ich denke, das sah heute ziemlich albern aus.“
An diesem Problem verzweifelt die F1
Sagte Max Verstappen, Pole-Setter beim Großen Preis von Österreich, Formel-1-Dominator, Weltmeister.
Nicht nur aufgrund dieser Referenzen dürfte es kaum jemanden geben, der dem Niederländer in seiner Einschätzung des Qualifyings am Red Bull Ring widersprechen würde.
Und er fügte an: „Es sah fast so aus, als wären wir Amateure da draußen, bei all den Rundenzeiten, die annulliert wurden.“
Chaos beim F1-Qualifying in Österreich
Die gestrichenen Rundenzeiten, sie waren neben dem kurzzeitigen Wirbel um eine mögliche Strafversetzung Verstappens das große Thema des Freitagabends in Spielberg.
Sage und schreibe 47 (!) Zeiten wurden im Qualifying für das Rennen am Sonntag nicht gewertet, weil die Fahrer mit allen vier Reifen die Streckenbegrenzung überfahren hatten.
Charles Leclerc im Ferrari und Logan Sargeant im Williams waren die einzigen beiden Piloten, die ohne ein sogenanntes „Track Limit Infringement“ davonkamen.
Ein verstörendes Bild bot sich auch in der Formel 3.
„Mein Teamkollege hatte heute im Freien Training 22 Track Limit Infringements“, berichtete die deutsche Pilotin Sophia Flörsch bei Sky: „Ich glaube, es waren insgesamt 240 in der Formel 3 bei 30 Fahrern. Von daher: komplettes Chaos!“
Debakel für Pérez im Red Bull
Ein Chaos, das Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko nicht gefallen konnte. Zum einen, weil es die „derartig tolle Motorsport-Arena“, wie er die Strecke in Spielberg bezeichnete, wie schon bei der Strafenflut im vergangenen Jahr nicht gerade im besten Licht erscheinen ließ.
Zum anderen, weil die Track Limits seinem Piloten Sergio Pérez auf besonders bittere Art und Weise zum Verhängnis wurden. Der Mexikaner bekam in Q2 alle drei schnellen Runden gestrichen, weil er entweder in Kurve 9 oder 10 kurz vor Start-und-Ziel die Strecke verlassen hatte - was zu folgendem Dialog am Boxenfunk führte:
Box: „Wir haben diese Zeit wegen der Track Limits verloren.“
Pérez: „Niemals! Wo?“
Box: „In Kurve 10, Ausgang von Kurve 10.“
Pérez: „F***! Haben wir noch einen Versuch?“
Box: „Das war die karierte Flagge.“
Pérez: „Ah, f***! Was für ein f***ing Witz mit den Track Limits!“
Nahezu dieselben Worte hatte auch Teamkollege Verstappen gewählt, nachdem ihm in Q1 und Q2 jeweils eine Runde aberkannt worden war.
Verstappen zeigt Pérez, wie es geht
Der Unterschied: Der Niederländer fuhr anschließend jeweils wieder auf die Strecke und brannte die nächste schnelle - und vor allem saubere - Runde in den Asphalt.
Dass einem sechsmaligen Grand-Prix-Sieger wie Pérez mit der Erfahrung von weit über 200 Formel-1-Rennen hingegen ein derartiger Fauxpas unterläuft, ist bei aller Empörung über die Begleitumstände kaum zu entschuldigen.
Aber natürlich betraf das Problem nicht nur Pérez. „Es war ja nicht nur Sergio“, betonte auch Marko bei Sky und forderte zugleich, man müsse sich „für das nächste Jahr eine andere Lösung einfallen lassen“.
Wie die aussehen könnte? Darüber gingen die Meinungen auseinander.
„Entweder macht man höhere Curbs, wo das Auto automatisch langsamer wird, wenn du draufkommst“, schlug Marko vor, ehe er lapidar ergänzte: „Oder einfach alte Schule: Man macht Kiesbett - ein paar werden steckenbleiben, ein paar nicht.“
Ferrari-Boss sieht „keine gute Lösung“
Eine Idee, die Ferrari-Teamchef Frédéric Vasseur nicht überzeugte.
„Wenn man Kiesbetten anlegt, dann beschweren wir uns über die Kiesbetten. Wenn wir Leitplanken hinstellen, dann beschweren wir uns irgendwann darüber“, prognostizierte der Franzose bei Sky.
Sein ernüchterndes Fazit: „Ich glaube, es gibt keine gute Lösung.“
Stattdessen thematisierte Vasseur noch ein weiteres Problem, das mit den gestrichenen Zeiten einhergeht: eine lähmende Unsicherheit.
Die Benachrichtigung über annullierte Runden käme manchmal „viel zu spät“, monierte Vasseur: „Wir mussten Carlos (Sainz, Anm. d. Red.) zum Beispiel nochmal auf die Strecke schicken, weil wir nicht genau wussten, was los war. Um sicherzugehen, haben wir ihn nochmal rausgeschickt.“
Wird Ferrari zur Gefahr für Verstappen?
Immerhin: Sainz landete am Ende auf einem starken dritten Platz und könnte im Rennen am Sonntag im Doppelpack mit dem auf Startplatz zwei postierten Teamkollegen Charles Leclerc zum Problem für Seriensieger Verstappen werden.
Zuvor steht am Samstagnachmittag das Sprintrennen in Spielberg auf dem Programm, die Startreihenfolge dafür wird bereits zur Mittagszeit im sogenannten Sprint Shootout ermittelt.
Dabei handelt es sich um ein verkürztes Qualifying, in dem die Zeit noch knapper ist, jede möglicherweise annullierte Runde also noch mehr schmerzt.
Dass die Fahrer das Problem über Nacht in den Griff bekommen, ist angesichts der Flut an gestrichenen Zeiten kaum zu erwarten - neuer Frust scheint also unvermeidbar.
Es wäre daher wohl schon ein Erfolg, wenn die Stars der Formel 1 nicht ganz so albern aussähen wie am Freitag.