Mamma mia, Ferrari! Bei der Scuderia aus Maranello ist schon nach dem zweiten Saisonrennen in Saudi-Arabien wieder ordentlich Druck auf dem Kessel.
Ferrari-Ingenieur am Pranger
Enttäuschend sind aus Sicht der Roten am Sonntag in Jeddah nicht nur die Plätze sechs und sieben für Carlos Sainz und Charles Leclerc, sondern vor allem deren Zustandekommen. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Formel 1)
Besonders bei Leclerc entlädt sich der ganze Frust in Runde 20 am Funk: Nach seiner Rückversetzung in der Startaufstellung um zehn Plätze für den Einbau einer neuen Kontrollelektronik (als Spätfolge vom Ausfall in Bahrain; d. Red.) legt Leclerc zunächst eine tolle Aufholjagd hin: Vom zwölften Platz aus rast er nach vorne, liegt nach gerade einmal 13 von 50 Runden schon wieder auf dem starken sechsten Platz.
Dann beordert Ferrari ihn aber relativ früh zum Reifenwechsel, um dem Monegassen dadurch das direkte Duell auf der Strecke gegen den ebenfalls von hinten vorpreschenden Max Verstappen zu ersparen. Bitter: Kurz nach dem Leclerc-Stopp rollt Aston Martins Lance Stroll mit Defekt am Streckenrand aus, das Safety-Car kommt auf die Strecke und alle Gegner, die anders als Leclerc und Teamkollege Sainz noch nicht gestoppt haben, bekommen dadurch einen zeitgünstigen Stopp geschenkt. Einfach Pech für Ferrari. (DATEN: Die Teamwertung der Formel 1)
Leclerc tobt nach erneutem Ferrari-Fehler
Dann aber pennt die Scuderia selbst gewaltig: Denn hinter dem Safety-Car dürfen die Piloten aus Sicherheitsgründen eine gewisse Rundenzeit nicht unterschreiten, können sich ihre Pace jedoch gemäß den Deltazeiten einteilen. Leclerc bummelt entsprechend rum, als ihm sein Renningenieur per Funk mitteilt: „Versuch ab der ersten Safety-Car-Linie zu pushen, Hamilton war gerade an der Box.“
Der Funkspruch erreicht den Monegassen aber viel zu spät. Er muss zusehen wie Hamilton vor ihm auf die Strecke zurückfährt und ihn dadurch beim Stopp überholt. Leclerc schlägt mit der flachen Hand aufs Lenkrad und tobt am Funk: „Xavi, das musst du mir früher sagen!“
Xavier Marcos Padros in der Kritik - nicht zum ersten Mal
Renningenieur Xavier Marcos Padros, der bereits seit Leclercs erster Ferrari-Saison 2019 mit dem 25-Jährigen zusammenarbeitet und wegen unpräziser Funkansagen in der Vergangenheit schon öfter in der Kritik stand, antwortet schmallippig: „Verstanden.“ Leclerc hat sich da noch nicht beruhigt und legt nach: „Nein, aber komm schon!“
Auch nach dem Rennen ist der amtierende Vizeweltmeister wegen der Szene noch bedient: „Ich dachte, dass wir okay sind und mit niemandem kämpfen. Deshalb habe ich etwas Puffer gelassen, um dann wieder Druck machen zu können mit den Reifen“, erklärt Leclerc seine langsame Fahrt im letzten Sektor und auf der Start-Ziel-Geraden. „Xavi hat mir erst vor Kurve eins gesagt, dass wir gegen Hamilton racen. Das war dann zu spät, um noch im Zeitlimit zu bleiben.“ (DATEN: Die Teamwertung der Formel 1)
Ex-F1-Pilot Alex Wurz schüttelt im ORF den Kopf: „Natürlich muss ihm der Ingenieur das rechtzeitig sagen, damit er es sich noch einteilen kann. So hat er eventuell die Position hergeschenkt.“ Für Leclercs Frust hat der Österreicher Verständnis: „Es ist das gute Recht des Fahrers sich hier zu beschweren, denn das war die Aufgabe des Renningenieurs und Strategen.“
Nach zwei Rennen bereits Krisenstimmung bei Ferrari
Leclercs Rennen ist nach dem Vorfall gelaufen, dafür hat er auf Rang sieben einen Logenplatz, um zuzusehen wie Hamilton sich vor ihm auch noch Teamkollege Sainz packt. Der Spanier muss nach dem Rennen einräumen: „Wir waren heute nur das viertschnellste Auto und müssen uns ansehen warum. Klar ist, dass wir uns verbessern müssen, denn jetzt sind es schon zwei verschiedene Strecken, auf denen unsere Rennpace nicht toll war.“
Fest steht: Ferraris neuer Teamchef Fred Vasseur - Nachfolger des glücklosen Mattia Binotto - muss bereits jetzt Krisenmanager spielen. „Das Rennen wurde vom letzten Stint entschieden, der war heute der längste“, fasst der Franzose das größte Problem seines Rennstalls zusammen, denn: „Mit dem harten Reifen hatten wir einfach nicht die Pace, da waren wir im Nirgendwo. Das ist einfach inakzeptabel und das müssen wir schnellstens korrigieren.“
Trotzdem will der Neuzugang von Alfa Romeo die Moral bei den Roten hoch halten und verweist auch auf die seiner Meinung nach „vielen positiven Aspekte dieses Wochenendes: zum Beispiel die Haltbarkeit oder unsere im Vergleich zur direkten Konkurrenz starke Quali-Pace.“ (DATEN: Der Rennkalender der Formel 1)
Doch was nützt die, wenn im Rennen am Ende wieder einmal die anderen die Ernte einfahren, während sich Ferrari vor allem selbst im Weg steht?