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Formel 1: Vettel-Abschied und Mick-Aus "das Ende von Formel-1-Deutschland" - Kohl-Kolumne

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Formel 1: Vettel-Abschied und Mick-Aus "das Ende von Formel-1-Deutschland" - Kohl-Kolumne

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Das Ende von Formel-1-Deutschland

In seiner SPORT1-Kolumne zum Saisonende in Abu Dhabi widmet sich Peter Kohl dem Abschied von Sebastian Vettel aus der Formel 1. Auch die Aussortierung von Mick Schumacher ist Thema.
Mächtig Bewegung in der Formel 1 aus deutscher Sicht. Sebastian Vettel beendet seiner Karriere, Nico Hülkenberg übernimmt für Mick Schumacher.
In seiner SPORT1-Kolumne zum Saisonende in Abu Dhabi widmet sich Peter Kohl dem Abschied von Sebastian Vettel aus der Formel 1. Auch die Aussortierung von Mick Schumacher ist Thema.

Hallo liebe F1-Fans,

da war er also, der Tag, an dem eine märchenhafte Karriere endet. Der (vorerst) letzte Auftritt von Sebastian Vettel. Sein 299. GP mit seinem letzten WM-Punkt. Trotz verpatzter Reifenstrategie seitens des Teams, dank Ausfall von Hamilton. (BERICHT: Auszeichnung für emotionalen Vettel)

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Der Heppenheimer tut bei allem Ballyhoo um seine Person auf der Piste das, was er immer gemacht hat. Verbissen kämpfen bis zum letzten Meter.

Sein unbändiger Ehrgeiz hat ihm vier WM-Titel gebracht, 53 Laufsiege, einen Sack voller Poles. Er ist nach Michael Schumacher der zweiterfolgreichste deutsche F1-Fahrer der Geschichte. (DATEN: Die Fahrerwertung der Formel 1)

Vettel füllt die Schumacher-Lücke

Hat er in Deutschland die Anerkennung bekommen, die er dafür verdient? In jungen Jahren sehr wohl.

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„The Next German Wunderkind“ hat schnell die Lücke gefüllt, die Michael Schumacher hinterlassen hat. Deutschland blieb dank Vettel Formel 1-Land. Der bodenständige Bub aus Heppenheim ohne Starallüren mit dem herzerwärmenden Lächeln und dem hessischen Akzent sorgte für eine Vettel-Mania.

Höchste Einschalt-Quoten waren dank seiner Erfolge garantiert. Aus einem Show-Team und Marketing-Tool für einen Energy-Drink wurde ein konkurrenzfähiger, bis dato dominanter Mitstreiter im Feld. Auch und vor allem dank des Ehrgeizes und der Erfolge von Sebastian Vettel.

Sebastian Vettel ist nicht Superman

Für die Teamkollegen war er hartes Brot. Mark Weber, Daniel Ricciardo und später Charles Leclerc bei Ferrari werden das bestätigen. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Formel 1)

Dass die Leidenschaft für Vettel in der Heimat zunehmend am Abklingen war, lag zum einen an den ausbleibenden Erfolgen mit Ferrari. Der Dauersieger wurde zum Dauergeschlagenen.

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Auch Vettel schaffte es nicht, die Hamilton-Dominanz zu brechen. Ein weiterer Beweis dafür, wie abhängig ein Fahrer von seinem Material ist.

Auch Vettel ist nicht der Superman, der das umgehen kann. Unter dem Druck, gewinnen zu müssen, passieren auch ihm Fehler, die Dellen im Heldenlack hinterlassen.

Dazu die konsequente Verweigerung dem Boulevard gegenüber. Die komplette Abschottung des Privatlebens und der Familie. Der Vettel außerhalb des Fahrerlagers bleibt vielen unbekannt. Der Mensch Vettel reift als Familienvater.

Ein herzlicher Abschied von Vettel

Seine Wahrnehmung des Formel-1-Hochglanz-Zirkus, dem er als junger Bub unbedingt angehören wollte, wird kritischer.

Er legt zunehmend den Finger in die Wunden dieser surrealen Welt mit ihrem Verschwendungswahnsinn. Dem fehlenden Mut und Willen, sich heutigen Gegebenheiten und Bedürfnissen nach Nachhaltigkeit anzupassen.

Vettel ist den Machern im Hintergrund damit ein Dorn im Auge. Er hat gute Argumente, die Macher darauf keine Antworten.

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Dass seine jetzige Gedankenwelt mit der Formel 1 nicht mehr zusammenpasst, ist offensichtlich, bei aller verbliebenen Leidenschaft fürs Racing. Auch da ist der Heppenheimer konsequent. Er zieht den Stecker, verabschiedet sich auf seine Weise.

Mit ehrlichen Worten, ehrlichen Gefühlen, offen in unzähligen Interviews, ohne hollywoodreife Inszenierung mit in Tränen aufgelöster Familie. Bewundernswert!

Welch Stellenwert der 35-Jährige weltweit hat, zeigt die Zuneigung, die ihm in Abu Dhabi entgegengebracht wird. Noch nie ist ein Fahrer von seinen Konkurrenten und Mitstreitern mit so viel Herzlichkeit und Anteilnahme in den (vorläufigen) Ruhestand verabschiedet worden, wie Vettel. (BERICHT: Ultimative Vettel-Huldigung von Alonso)

Verdient, denn er hat sich in all den Jahren, bei aller Rivalität auf der Piste, immer wieder um andere gekümmert, wenn es denen schlecht ging. Angerufen nach schweren Unfällen, Trost zugesprochen.

Hülkenberg statt Schumacher - nachvollziehbar

Wie wertvoll ein Typ wie Vettel für die Szene ist, wird erst richtig auffallen, wenn er nicht mehr dabei ist. Ein Nico Hülkenberg kann diese Lücke nicht füllen. Das weiß er.

Die Freude über sein Comeback bei Haas ist aber richtig. Nach drei Jahren ohne Stamm-Cockpit, mit 35 nochmal eine solche Chance zu bekommen, ist großartig.

Ich kann die Entscheidung von Haas nachvollziehen. Hülkenberg bringt Ruhe, beherrschtes und kontrolliertes Fahren sowie enorm viel Erfahrung mit. (DATEN: Die Teamwertung der Formel 1)

Gold wert für ein Mittelfeld-Team, das auf jeden Euro schauen muss. Bitter, dass er mit Mick Schumacher einen jungen Deutschen verdrängt.

Wie Haas in der Außenkommunikation mit dem Thema Schumacher umgegangen ist, kann man durchaus hinterfragen. Unsensibel in erster Linie. Nicht gut für die Entwicklung und die Psyche eines jungen Menschen. Aber auch das ist Formel 1. Ein gnadenloses Haifischbecken.

Mick Schumacher hat zu viel liegen lassen

Mick hat viel Material zerstört in dieser Saison, zu viel liegen lassen. Dass er Latifi final völlig unnötig in Abu Dhabi in den Koffer knallt, ist sinnbildlich.

Die positiven Ausreißer sind Ausnahmen geblieben, trotz einer signifikanten Steigerung in der zweiten Saisonhälfte. Geduld ist keine Grundtugend in der Königsklasse. Wer nicht wie gewünscht funktioniert, wird aussortiert. (DATEN: Der Rennkalender der Formel 1)

Schumacher und Haas haben nicht wirklich zusammengepasst. Bleibt zu hoffen, dass es eine Rückkehr für Mick gibt. Der Junge ist nachweislich schnell, ist konkurrenzfähig.

Er braucht die notwendige Rückendeckung, das Gefühl, dass man ihn schätzt und auch wirklich als Fahrer will. Er hatte in allen Nachwuchsserien Anlaufschwierigkeiten, hat am Ende immer geliefert. So auch 2020 mit dem Meistertitel in der Formel 2.

In Deutschland kein Nachwuchs für die Formel 1

Der Blick in den Unterbau der Formel 1 unterstreicht, wie es um das Formel 1-Land Deutschland bestellt ist.

Lirim Zendelli und David Beckmann sind die Einzigen, die 2021 + 2022 Formel 3 und Formel 2 gefahren sind. Teilweise nur sporadisch, nie eine gesamte Saison, weitab von der Spitze im Feld. Da drängt nichts und niemand nach.

Über Jahrzehnte waren die Nachwuchs-Formel-Serien in Deutschland maßgeblich für die Talentsichtung weltweit. Der aktuelle Stand: es gibt keine mehr hierzulande.

Weil überzogener Ehrgeiz mit Testtagen ohne Ende und Materialschlachten auf höchstem Niveau diese Serien unbezahlbar gemacht haben. Schon eine Saison in Jugendkartserien kostet mehr als ein gehobener Mittelklassewagen, wenn man konkurrenzfähig sein will. Der pure Wahnsinn.

Vettel-Karriere in Deutschland aktuell nicht mehr möglich

Eine Karriere, wie sie Sebastian Vettel erleben durfte mit seinen Voraussetzungen, ist unter diesen Bedingungen in Deutschland in absehbarer Zeit nicht mehr möglich!

Nico Hülkenberg ist mit seinen 35 Jahren kein Zukunfts-, sondern ein Auslaufmodell. Jedes Rennen sei ihm von Herzen gegönnt. Als letzte verbleibende deutsche Farbe im Fahrerfeld. 2010 sind noch sieben Deutsche zu Einsätzen in der Formel 1 gekommen.

Der Abgang von Vettel wird erst in den nächsten Jahren wirklich als das wahrgenommen werden, was er ist – das Ende von Formel-1-Deutschland für lange Zeit. Dass es seit Jahren keinen heimischen Grand Prix in dem Autoland der Welt schlechthin gibt, passt ins Bild.

PEDAL TO THE METAL, bleiben Sie gesund,

Ihr Peter Kohl.

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