Der Formel 1 stehen zwei Vollgaswochen bevor. (DATEN: Der Rennkalender der Formel 1)
Droht Schumacher bei Haas das Aus?
Mit den Großen Preisen von Aserbaidschan und Kanada folgen zwei Rennen aufeinander die besonders für die Logistiker der zehn Teams zur Herausforderung werden.
Aber das Auge der Öffentlichkeit richtet sich natürlich auf die sportlichen Ereignisse. Fest steht: Der WM-Kampf zwischen Red Bull und Ferrari wird in den Saisonrennen acht und neun schärfer denn je.
SPORT1 beantwortet die vier wichtigsten Fragen, die im Vorfeld der GPs in Baku und Montreal gestellt werden müssen.
Kriegt Mick Schumacher noch die Kurve?
Der Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher erlebt gerade die härteste Zeit in seiner Karriere. Schlimm genug, dass er nach 28 Rennen im Gegensatz zu seinem Teamkollegen Kevin Magnussen (15 Zähler) immer noch ohne WM-Punkte dasteht. (DATEN: Die Fahrerwertung der Formel 1)
Was sein Haas-Teamchef Günther Steiner seinem Fahrer aber vor allem übel nimmt: Dass Schumacher junior zu viele Unfälle baut. In Monaco fuhr er bereits das zweite Auto dieser Saison quasi in die Schrottpresse. Deshalb stellt Steiner schon die Fahrer-Sinnfrage: „Was Mick betrifft, müssen wir jetzt erst mal sehen, wie es weitergeht.“ (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Formel 1)
Dieser Satz lässt viel Raum für Interpretationen und schließt inhaltlich selbst einen Rauswurf nicht aus. Das wiederum treibt Micks Onkel Ralf Schumacher auf die Palme. Der ehemalige F1-Star und heutige Sky-Experte zu SPORT1: „So was sagt man nicht, weil dieser Satz zu viele Spekulationen auslöst. Es ist nicht sehr clever. Vor allen Dingen vergisst Steiner, dass auch sein Team Fehler gemacht hat. Und was einen eventuellen Rausschmiss betrifft: Da hat Ferrari noch ein Wörtchen mitzureden.“
Was Schumacher Senior meint: Laut Kooperationsvertrag mit Haas hat Ferrari das Recht, einen der zwei Fahrerplätze mit einem Piloten aus ihrem Juniorkader zu besetzen. Aktuell ist das Mick Schumacher. Ex-Pilot Marc Surer zu SPORT1: „Am Ende trifft nur Teambesitzer Gene Haas diese wichtigen Personalentscheidungen. Nur er hebt den Daumen nach oben oder senkt ihn unten. Sonst niemand.“
Ralf Schumacher rät in der äußerst schwierigen Situation deshalb beiden Parteien: „Mick darf keine Fahrfehler mehr machen. Aber auch Haas muss das Auto weiterentwickeln. Denn es ist jetzt schon abzusehen, dass sich langsam auch Magnussen schwer tut, weil Haas das einzige Team ist, das noch keine Updates gebracht hat.“
Der 46-Jährige geht sogar noch weiter: „Mick hat in seiner Karriere schon sein Potential gezeigt und ich bin sicher, dass er die Kurve kriegt. Andere Mütter haben auch schöne Töchter. Ich glaube sehr wohl, dass andere Teamchefs den Wert von Mick schon erkannt haben.“
Schumacher hat da besonders Aston Martin im Blick, die einer zukünftigen Verpflichtung Mick Schumachers nicht abgeneigt zu sein scheinen. Fest steht: Die Zusammenarbeit zwischen Haas und Mick Schumacher bleibt einer der Brennpunkte der Saison.
Wie geht es mit Sebastian Vettel weiter?
Rein sportlich findet der viermalige Weltmeister langsam wieder in die Spur. Bei den witterungsbedingten extrem schwierigen Rennen in Imola und Monte Carlo fuhr Vettel in die Punkte und bewies, dass er als Fahrer immer noch den Unterschied machen kann.
In Monaco wurde er auf Platz zehn unter Wert geschlagen, weil er Pech hatte und im Verkehr steckenblieb. Sonst wäre mehr drin gewesen mit der B-Version des Aston Martin, die im Prinzip ein völlig neues Auto ist. Jetzt kommt das Rennen in Baku und die Erwartungshaltungen sind groß. Denn im Vorjahr wurde der Heppenheimer auf dem zum Teil ultraschnellen Stadtkurs Zweiter.
Allein: Seine Zukunft in der Königsklasse ist immer noch offen. Der Vertrag des Hessen läuft aus und es bestehen berechtigte Zweifel, ob der neue Nachhaltigkeits-Messias seine Karriere fortsetzen wird. Zu groß erscheinen Vettel-Insidern die moralischen Bedenken, die er bei einer Fortsetzung haben wird. (BERICHT: Das sagt Aston-Martin-Chef)
Rallye-Legende Walter Röhrl, das Idol des Heppenheimers, bringt es in einem Interview mit der Welt auf den Punkt. „Ich mag ihn und hoffe aus meinem Blickwinkel nicht, dass er sich von Autobahnen abseilt, wie das bei Greenpeace immer wieder gemacht wird, um den öffentlichen Verkehr lahmzulegen“, redet der Doppel-Weltmeister Klartext.
Der Bayer rät Vettel, den Helm an den Nagel zu hängen: „Ich habe mich mal gefragt, was mit ihm passiert ist. Aber wenn ich mich nach 15 Jahren im Motorsport besinne und jetzt der Meinung bin, dass ich ein Umweltsünder bin, dann muss ich aufhören, basta!“
SPORT1 weiß: Bis Mitte Juli will Vettel über seine Zukunft entscheiden. Es gilt als nicht unwahrscheinlich, dass er Röhrls Ratschlag befolgt und sich deshalb gerade auf seiner Abschiedstournee befindet. (BERICHT: Folgt Schumacher bei Aston Martin auf Vettel?)
Wie geht der Zweikampf zwischen Red Bull und Ferrari weiter?
Nach dem Sieg von Red-Bull-Pilot Sergio Perez in Monaco ist aus dem Zweikampf zwischen Red-Bull-Titelverteidiger Max Verstappen und Ferrari-Herausforderer Charles Leclerc ein Dreikampf geworden.
Der Mexikaner hat nur noch 15 Punkte Rückstand auf WM-Leader Verstappen (125 Punkte). Leclerc, der in den ersten Saisonrennen der dominierende Fahrer war, liegt dazwischen auf Platz zwei der Fahrerwertung mit neun Zählern weniger auf dem Konto als der Niederländer.
Leclercs Teamkollege Carlos Sainz hat mit 87 Punkten schon ein wenig den Anschluss ans Führungstrio verloren. Der Spanier muss unbedingt aufholen, sonst wird Ferrari bald zur Stallorder greifen.
Allein: Die Stärke von Perez könnte zum Vorteil von Leclerc werden. Denn Perez, dessen Vertrag gerade um zwei Jahre verlängert wurde, genießt freie Fahrt. Da kann es leicht passieren, dass sich beide Piloten Punkte wegnehmen. (BERICHT: Interner Konflikt bei Red Bull)
Red-Bull-Chefberater Helmut Marko analysiert bei SPORT1 die interne Lage. Marko: „Dieses Luxusproblem haben wir uns seit Jahren gewünscht. Beide Piloten sind siegfähig, das ist doch genau so, wie es sein muss. Es gibt keine Stallorder, wir werden Rennen für Rennen entscheiden, wer welche Strategie fährt. In Barcelona profitierte Verstappen davon, in Monaco Perez. Das ist eben so.“
Marko weiter: „Perez kommt mit dem Auto im Moment besser klar als Verstappen, der noch nicht ganz das Vertrauen gefunden hat. Aber wir arbeiten weiter hart daran. Interne Probleme sehe ich nicht. Die beiden verstehen sich sehr gut und das wird in Zukunft auch so bleiben.“
Harmonie also bei Red Bull, Ferrari dagegen steht unter Druck: „Grundsätzlich hat Ferrari ein Auto, das leichter abzustimmen ist, besonders in Bezug auf optimale Reifentemperatur“, erklärt Ralf Schumacher gegenüber SPORT1 und schiebt an, „Red Bull hat aber trotzdem die letzten vier Rennen gewonnen. Das muss sich Ferrari ankreiden lassen. Entweder haben die Piloten Fehler gemacht oder das Team. Das muss Ferrari abstellen, sonst wird es eng im WM-Kampf.“ (DATEN: Die Teamwertung der Formel 1)
Kann Lewis Hamilton endlich gegen Teamkollege George Russell zurückschlagen?
An diese negativen Zahlen muss sich Superstar Lewis Hamilton erst noch gewöhnen. Nach sieben Saisonrennen liegt er nicht nur an siebter Stelle der WM-Wertung und hat kaum noch Hoffnungen auf seinen achten WM-Titel – schlimmer noch: Sein junger Mercedes-Teamkollege George Russell ist Vierter im Fahrerranking und hat 34 Punkte mehr eingefahren als sein britischer Landsmann. Sechs Mal kam Russell dabei vor Hamilton ins Ziel. (BERICHT: Hamilton beklagt sich über sein Auto)
Fazit: Der junge Brite kommt mit dem nervösen Fahrverhalten des Mercedes besser klar und ist deshalb schneller. „Da es nicht um die WM geht, stört das Lewis sicher nicht so extrem“, analysiert Ralf Schumacher.
Zudem meint der sechsmalige Grand-Prix-Sieger: „Würden die beiden um den Titel fahren, sähe das anders aus. Aber ich bin sicher, dass es im Innern von Lewis rumort. Denn er ist nicht gewohnt, dass ein Teamkollege konstant schneller ist. Und dann noch einer aus dem eigenen Land, der Kronprinz sozusagen. Er wird jetzt alles dafür tun, um das Kräfteverhältnis wieder umzudrehen und versuchen, das Auto in seine Richtung weiterzuentwickeln. Einfach wird das aber nicht.“
Ex-Formel-1-Pilot Marc Surer glaubt bei SPORT1: „Russell ist risikobereiter, das macht sich dann in der Rundenzeit bemerkbar. Wenn Mercedes aber wieder auf Augenhöhe mit Red Bull und Ferrari fährt, werden wir auch wieder den alten Lewis sehen. Und seit Barcelona haben sie das Rüstzeug dafür gefunden, weil sie jetzt wissen, wie sie mit dem Hauptproblem, dem Hüpfen des Autos, umgehen müssen. Im Prinzip hat ihre Saison erst jetzt begonnen.“