Wie geht es weiter zwischen Mick Schumacher und seinem Haas-Team?
Mick nur dank Ferrari noch in der F1?
Am Sonntag vor dem GP in Aserbaidschan warf Teamchef Günther Steiner TV-Sender Sky im Interview vor, das Team von außen zu spalten. Der Südtiroler bezog sich dabei auf eine einseitige Unterstützung von Schumacher Jr. und überzogene Kritik am Haas-Team. (DATEN: Der Rennkalender der Formel 1)
Allein: Dem Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher helfen solche Diskussionen auf Dauer genauso wenig wie seinem Team. Deshalb gilt es vor dem Großen Preis von Kanada in Montreal am kommenden Wochenende, das Kriegsbeil zu begraben. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Formel 1)
„Alles wurde gesagt, von beiden Seiten, und das ist auch richtig so“, betont Micks Onkel und Sky-Experte Ralf Schumacher bei SPORT1. „Aber jetzt ist die Zeit, sich zusammenzuraufen und den Zeiger wieder auf Null zu stellen. Mick darf keine Fehler machen und Haas muss ihn unterstützen, damit er wieder zur Normalform zurückfindet. Gemeinsam müssen sie dafür sorgen, dass es schon am Wochenende in Kanada besser läuft für Mick. Sie müssen an einem Strang ziehen. Alles andere wäre schädlich für beide.“
Hass-Boss Steiner sauer über Kritik von Wolff und Co.
Rückblende: Vor dem GP in Baku kritisierte Ralf Schumacher Steiners autoritären Führungsstil als nicht mehr zeitgemäß. Der Haas-Teamchef reagierte gereizt.
„Wir wollen Mick erfolgreich haben. Wie wir es machen, ist unsere Sache. Wir brauchen keine Beratung. Die Spaltung des Teams von außen ist nicht gut für Mick“, schimpfte er im Gespräch mit Sky-Moderator Peter Hardenacke.
Emotional sichtbar aufgewühlt ließ er sich zu einer weiteren missverständlichen Kritik hinreißen: „Wenn ich nach einem Rennen lese, was wir alles falsch gemacht haben ... Ich habe für jede dieser Dinge zehn Sachen, wo Mick schlecht ist.“
Was Steiner auch zur Weißglut trieb: Dass Teamchef-Kollegen wie Franz Tost (AlphaTauri), Andreas Seidl (McLaren) und Toto Wolff (Mercedes) Ralf Schumachers These unterstützten, Steiners harter Umgang mit seinem Fahrer in der Öffentlichkeit sei der falsche Weg.
Will Wolff Schumacher zu Mercedes lotsen?
Besonders die Kritik von Wolff kam überraschend. Genau wie die Aussage: „Mick, mit oder ohne den Namen Schumacher, ist mit seinen Stärken jemand, der für uns immer auf dem Radar sein wird.“ Ist das mehr als nur eine verbale Streicheleinheit?
Mitnichten. SPORT1 weiß: Mick Schumacher spielt in den Plänen von Wolff derzeit keine Rolle. George Russell ist langfristig gesetzt und gilt als Mercedes‘ Zukunft.
Als Ersatz für Lewis Hamilton, sollte der siebenmalige Champion seinen Helm an den Nagel hängen, hat der Österreicher andere Namen in der Pipeline.
Zwar drängen sich supertalentierte Piloten wie einst Russell aus dem Mercedes-Junior-Kader im Moment nicht auf, aber dem Franzosen Pierre Gasly werden gute Chancen eingeräumt.
Schumacher mit Vergangenheit bei Mercedes
Gasly steht bis Ende des kommenden Jahres bei Red-Bull-Schwesterteam AlphaTauri unter Vertrag, wo er regelmäßig Top-Leistungen abruft. Gaslys Landsmann Esteban Ocon, der von Mercedes an Alpine ausgeliehen wurde, stand bei Wolff einst auch hoch im Kurs.
Sein aktuelles Problem heißt aber Fernando Alonso. Der Spanier fährt Ocon bei Alpine regelmäßig um die Ohren. Dessen Image ist deshalb angekratzt.
Was Schumacher betrifft: Kaum jemand erinnert sich, dass er zu Beginn seiner Karriere im Mercedes-Nachwuchskader war. Doch Wolff kämpfte nicht um den Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher, der seine Karriere ebenfalls bei Mercedes begonnen hatte. Deshalb schlug Ferrari zu und nahm den Junior in seine Nachwuchsakademie auf.
Dort entwickelte sich der Deutsche prächtig, gewann die Nachwuchsserien Formel 3 und Formel 2. Auch sein Debütjahr in der Königsklasse 2021 verlief noch nach Plan. Der Haas war zwar das mit Abstand schlechteste Auto im Feld, Schumacher aber hatte seinen Teamkollegen Nikita Mazepin deutlich im Griff. (DATEN: Die Teamwertung der Formel 1)
Schumacher bei Haas vor der Ablösung?
Seine Krise begann erst 2022: Mit einem Auto, das aufgrund eines völlig veränderten Fahrzeugreglements am Limit schwieriger zu fahren ist, hinkte er zu Saisonbeginn hinter seinem neuen Teamkollegen Kevin Magnussen her.
Der Däne dagegen fuhr in den ersten beiden Rennen gleich zweimal in die Punkte. Danach häuften sich die Unfälle. Mit dem Ergebnis, dass Schumacher zwei Totalschäden in Saudi-Arabien und Monaco ablieferte. Danach begann die öffentliche Kritik von Steiner. (DATEN: Die Fahrerwertung der Formel 1)
Mehr noch: SPORT1 erfuhr von Gerüchten im Fahrerlager von Baku, wonach der Haas-Teamchef Schumacher sogar schon für das Rennen in Aserbaidschan auswechseln wollte - doch angeblich legte Ferrari ein Veto ein.
Hintergrund: Die Scuderia hat laut dem Kooperationsvertrag mit Haas das Recht, einen der beiden Fahrerplätze beim US-Partnerteam zu besetzen. Bis Ende der Saison scheint das Cockpit für Schumacher deshalb gesichert.
Aston Martin: Schumacher für Vettel?
Doch was folgt 2023? Unterstützt Ferrari seinen Junior weiterhin, muss Haas den Deutschen weiter fahren lassen.
Eine Alternative wäre ein Wechsel zu Aston Martin, sollte Schumachers Mentor Sebastian Vettel dort aufhören. Aston Martin will besonders auf dem deutschen Automobilsektor expandieren - ein Schumacher als Marken-Ikone würde dabei helfen.
Dazu kommt: Vettel würde im Falle eines Rückzugs alles dafür tun, dass Mick Schumacher sein Nachfolger wird. Micks Vater Michael war und ist immer noch das Idol des viermaligen Champions. Für einen Deal mit Aston Martin müsste Schumacher aber seinen Vertrag mit Ferrari auflösen.
Wichtiger ist für den mental sichtlich angeschlagenen Schumacher Jr. die nahe Zukunft.
Ex-Formel-1-Pilot Marc Surer meint bei SPORT1: „Er ist verunsichert, dass merkt man einfach. Er fuhr extrem defensiv in Baku, um keinen weiteren Unfall zu haben. Deshalb ist für mich unter diesen Umständen der Rückstand zu Teamkollege Magnussen auch einfach zu erklären. In Montreal muss er am Wochenende wieder zum normalen Speed finden und den Kopf freibekommen.“
In erster Linie brauche Schumacher ein Erfolgserlebnis, „egal wie. Dann ist alles davor schnell wieder vergessen. Autofahren kann er, da bin ich sicher: Er gewann die Nachwuchsserien, fuhr auch starke Zeiten bei Testfahrten im Ferrari. Das zeigt für mich, dass er es drauf hat und den Platz in der Königsklasse absolut verdient. Es ist nicht sein Gasfuß, der ihn im Moment einbremst, sondern sein Kopf.“