Der frühere Formel-1-Chef Bernie Ecclestone sorgt einmal mehr mit kruden politischen Ansichten für Wirbel - diesmal in Bezug auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
F1 distanziert sich von Ex-Boss
In einem teils völlig bizarren TV-Interview im englischen Frühstücksfernsehen bekundete er am Donnerstagmorgen unbeirrt seine Sympathie für den russischen Autokraten Wladimir Putin und verharmloste in vielfacher Ignoranz der Fakten dessen Rolle im tödlichen Geschehen. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Formel 1)
Der 91-Jährige bekräftigte bei Good Morning, Britain auf ITV - von Ibiza aus zugeschaltet - eine frühere Aussage, dass er sich für Putin „jederzeit eine Kugel einfangen“ würde, er sei eine „erstklassige Person“.
Formel 1 distanziert sich schnell
Die aktuellen Verantwortlichen der Formel 1, die nun in den Händen des US-Konzerns Liberty Media ist, veröffentlichten noch am selben Morgen eine Distanzierung: „Die Kommentare von Bernie Ecclestone sind seine persönlichen Ansichten und stehen in sehr starkem Kontrast zu den modernen Werten unseres Sports.“
Ecclestone - zuletzt wegen einer kurzzeitigen Verhaftung wegen eines Schusswaffenfunds in den Schlagzeilen - war bis 2017 Geschäftsführer der Formel-1-Holding SLEC, die ihm danach gegebene Rolle als „Chairman Emeritus“ verkündete die F1 im Jahr 2020 als „abgelaufen“.
In ähnlicher Weise wie jetzt hatte sich die F1 kürzlich auch von den rassistischen Äußerungen Nelson Piquets über Lewis Hamilton abgegrenzt, die Ecclestone nun ebenfalls als „nicht böswillig“ gemeint und nicht weiter der Rede wert abtat. (DATEN: Der Rennkalender der Formel 1)
Ecclestone mit wilden Verdrehungen über Putin und die Ukraine
Für größeren Wirbel sorgten aber Ecclestones Äußerungen über Putin, mit dem er selbst Geschäfte gemacht hatte, als er noch F1-Chef war: Die beiden handelten die Expansion der Königsklasse nach Russland aus, die 2014 mit dem ersten Grand Prix in Sotschi begonnen hatte - dem Jahr der Krim-Annexion und der ersten Zuspitzung der Ukraine-Krise. Ecclestone lehnte damals Forderungen ab, Russland das Rennen zu entziehen.
Einen Grund, seine gute Beziehung zu Putin zu hinterfragen, sieht Ecclestone auch heute nicht - er stellt Putin als guten Menschen dar, der durch unglückliche Umstände unabsichtlich in den Krieg hineingestolpert sei.
„Er ist wie viele andere Geschäftsmänner - ich auch“
„Was er macht, ist etwas, von dem er glaubt, dass es das richtige für Russland ist“, meinte Ecclestone: „Unglücklicherweise ist er wie viele andere Geschäftsmänner - ich auch: Wir machen ab und zu Fehler. Und wenn du Fehler machst, musst du das Beste tun, da wieder rauszukommen.“
Unter völliger Nichtberücksichtigung von Putins jahrelangen Aggressionskurs gegen die Freiheitsbestrebungen in der Ukraine und der Tatsache, dass dieser selbst ihr öffentlich die Staatlichkeit abgesprochen hat, sieht Ecclestone größere Verantwortung bei dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Aus seiner Sicht hätte der sich einfach geschickter anstellen sollen.
„Die andere Person in der Ukraine: Er war ja mal Komiker, habe ich gehört und ich glaube, er scheint diesen Beruf weiter ausüben zu wollen“, sagte Ecclestone: „Hätte er nämlich mehr nachgedacht, hätte er größere Anstrengungen unternehmen müssen, mit Herrn Putin zu sprechen. Er ist eine vernünftige Person, hätte im zugehört und wahrscheinlich etwas getan.“
Als Moderator Ben Shephard dann auf den Tod „tausender unschuldiger Ukrainer und vieler russischer Soldaten“ verwies, antwortete Ecclestone allen Ernstes: „Das war nicht beabsichtigt.“
Demokratie-Gegner Ecclestone verniedlichte auch schon Adolf Hitler
Ecclestone vertritt seit vielen Jahren Sympathien für autokratische Regimes, aus voller Überzeugung.
„Ich hasse Demokratie als politisches System. Sie hält dich einfach nur auf. Ich glaube, die Menschen brauchen jemanden, der für sie entscheidet“, sagte er 2008.
Zwei Jahre später verniedlichte er in ahistorischer Weise selbst Adolf Hitler als jemanden, der „Dinge hinbekommen“ hätte und irgendwie in den Holocaust hineingeschlittert sei: „Am Ende hat er die Orientierung verloren, also war er kein sehr guter Diktator, denn entweder hatte er all diese Sachen und wusste, was vor sich ging und hat darauf bestanden, oder er hat sich dem einfach angeschlossen.“
Über Putin hatte sich Ecclestone auch schon zu Beginn des Kriegs rechtfertigend geäußert - und auch schon mehrfach die Meinung bekundet, dass er ihn gern als Regenten Europas sehen würde.