Aston Martin fährt in der Formel 1 bisher nur hinterher.
Bittere Abrechnung mit Vettels Team
Für Lance Stroll und den für Sebastian Vettel eingesprungenen Niko Hülkenberg gab es in Saudi-Arabien nichts zu holen. Noch kein einziger Punkt steht nach den ersten beiden Rennen auf dem Konto, die Traditionsmarke teilt sich den letzten Platz in der Konstukteurswertung mit Williams.
Selbst Teams wie Haas, Alfa Romeo oder Alpha Tauri scheinen enteilt, dem eigentlich höchst ambitionierten Rennstall des kanadischen Milliardärs Lawrence Stroll droht eine Katastrophen-Saison.
Eine Katastrophen-Saison mit Ansage, wie ein früherer Chef findet.
Ist Aston Martin ein hoffnungsloser Fall?
„Das wird nichts mehr werden“, sagte Colin Kolles, einst Boss von Force India, dem Vorgängerteam des als Racing Point gestarteten Aston-Martin-Projekts am Sonntagabend bei SPORT1.
Im AvD Motor & Sport Magazin führte Kolles aus: „Man hat einen Teambesitzer, der meint, dass er Teamchef ist, der alles besser weiß und meint mit aller Gewalt seinen Sohn nach vorne zu platzieren. Das ist für mich der völlig falsche Ansatz.“ (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Formel 1)
Der aus Timisoara im auch deutschsprachig geprägten Banat in Rumänien stammende Kolles hat eine ähnliche Vita wie sein Landsmann Otmar Szafnauer, der vor Mike Krack Vettels Boss bei Aston Martin war - und nun bei Konkurrent Alpine wirkt. Schon vorher hatte Szafnauer bei Aston Martin intern an Gewicht verloren, zu Gunsten des früheren McLaren-Bosses Martin Whitmarsh. (DATEN: Der Rennkalender der Formel 1)
Der 54 Jahre alte Kolles, der in der Formel 1 früher auch den Caterham-Rennstall geführt hatte, sieht das Wirken von Whitmarsh und Papa Stroll bei Aston Martin überaus kritisch. Vorsichtig ausgedrückt.
Kolles: Milliardär Lawrence Stroll agiert ohne Plan
„Der Fisch stinkt immer vom Kopf“, sagt Kolles: „Ich sehe sich den Rennstall ins Nirgendwo entwickeln. Solange ein Herr Whitmarsh da das Sagen hat und der Herr Stroll nicht einsieht, dass er daheimbleibt und nur Vorgaben zum Budget gibt und die Leute arbeiten lässt, die sich auskennen und die richtigen Leute holt, die das Team führen, wird das nie im Leben funktionieren.“
Kolles sieht in Stroll das klassische Beispiel eines überambitionierten Geldgebers: „Es gab schon viele Investoren, die mir versucht haben zu erzählen, dass sie wissen, wie Geschäfte laufen. Dann habe ich gesagt, das mag alles sein, aber ich glaube, dass die Formel 1 ein bisschen anders ist. Ich habe denen immer gesagt: Wenn du eine Million jeglicher Währung nimmst und die in ein Feuer schmeißt, wird das Geld genauso schnell verbrennen, wie in der Formel 1, wenn du nicht weißt, was du tust. Und das ist der Fall, der bei Aston Martin passiert.“ (DATEN: Die Fahrerwertung der Formel 1)
Stroll fehle die nötige Kompetenz, findet Kolles: „Wenn jemand meint man kommt in die Formel 1 und wird über Nacht vorne mitfahren, dann wird das nicht so schnell funktionieren. Man muss einen Plan haben. Man hätten den Plan haben können, dass jetzt 2022 neue Regeln kommen und daraufhin arbeiten. Herr Stroll hat aber vor ein paar Jahren entschieden, dass es jetzt, egal was es kostet, schnell gehen soll.“
Macht Sebastian Vettel bald Schluss?
Stroll habe sich „von Mercedes Pläne geben lassen, Autos kopiert, ein erfolgreiches Jahr gehabt“, blickt Kolles zurück: „Alles schien okay, bis man genauer hingeschaut hat und gesagt hat, dass das so nicht geht. Also musste man alles neu machen. Es wurde die falsche Entscheidung getroffen.“
Der Fachmann polterte weiter: „So wurde die Entwicklung im eignen Haus entmachtet. Ich will nicht von ‚Enteierung‘ sprechen, aber im Grunde genommen war es so. Denn die Ingenieure wollen natürlich selbst entwickeln. Die Stimmung im Team ist ganz schlecht, wenn du von woanders Teile nimmst. Weil dann weiß man, dass der Besitzer uns nicht vertraut.“ (DATEN: Die Teamwertung der Formel 1)
Ein düsteres Lagebild für Vettel - und Kolles gehört auch zu denjenigen, die vermuten, dass der viermalige Weltmeister womöglich nicht mehr lange für Aston Martin fahren wird.
„Ich glaube, dass er gar nicht fahren will. Er hat einfach keine Lust, sich das anzutun. Das ist zwar sicher eine sehr gewagte These, aber ich bin mir sicher, dass er sich sehr viele Gedanken macht, ob er sich das noch antut.“