Sebastian Vettel hat vor dem nahenden Ende der Zusammenarbeit mit dem Formel-1-Traditionsrennstall Ferrari ein ernüchterndes Fazit gezogen und dabei nicht mit Selbstkritik gespart.
So lange will Vettel noch fahren
"Wir als Team haben in den vergangenen Jahren extrem viel probiert, aber unter dem Strich sind wir, wenn man es ganz hart formuliert, gescheitert - weil wir eben nicht gewonnen haben", sagte der viermalige Weltmeister der Wochenzeitung Die Zeit: "Ich glaube, dass ich meinen Anteil daran hatte und habe."
Vettel feierte in sechs Jahren im Cockpit der Scuderia unter anderem 14 Grand-Prix-Siege. Den WM-Titel brachte der 33-Jährige allerdings nicht nach Maranello. Die Saison 2020 erwies sich als besonders schwierig.
Vettel spürt Selbstzweifel
"Ich spüre auch Selbstzweifel, weil ich, sagen wir es ruhig, noch nicht auf den grünen Zweig gekommen bin", sagte Vettel. Er empfinde sich als "sehr selbstkritisch". Vor allem schaue er, "wenn es nicht läuft, zuerst auf das, was ich hätte besser machen können, bevor ich mit dem Finger auf andere zeige."
Auch zu der eher unrühmlichen Trennung, und wie es seitdem weitergegangen ist, hat Vettel Stellung bezogen. "Seit bekannt ist, dass sich unsere Wege trennen, ist die Situation schon anders. Ich bin nicht mehr so involviert wie früher. Damit will ich jetzt nicht sagen, dass ich meine Zeit absitze. Aber entscheidend ist jetzt wirklich nur, was unmittelbar vor mir liegt."
Alles was darüber hinausgeht, "darf mich nicht mehr interessieren, es bringt mir nichts und Ferrari auch nicht.
Neuanfang bei Aston Martin
Ab dem kommenden Jahr fährt Vettel für den britischen Rennstall Aston Martin. Ein Kapitel, auf das sich der Deutsche sehr freut, vor allem weil damit ein Neuanfang verbunden ist. Ans Aufhören denkt er dagegen noch nicht. Mit 40 Jahren wolle er keine Rennen mehr fahren, aber "alles so zwischen drei und sieben Jahren könnte realistisch sein."
Neben der Analyse seiner persönlichen Leistungen bei der Scuderia hat sich der viermalige Weltmeister auch zur generellen Entwicklung der Königsklasse geäußert - und dabei kein allzu positives Bild gezeichnet.
"Die Formel 1 ist eine Sportart, in der man sehr abhängig ist von der Technik. Auch schon für frühere Zeiten gilt: Hätte man die besten Fahrer in das schlechteste Auto gesetzt, wären auch die vorne nicht mehr aufgetaucht", ist sich der Deutsche sicher.
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Formel 1 zu perfekt
Wirklich Gefallen findet er daran dennoch nicht: "Natürlich kann ein Fahrer nach wie vor einen Unterschied machen. Aber in einer Welt, die immer größere Perfektion anstrebt, lässt sich darüber streiten, wie groß dieser Anteil ist. Vielleicht würde es der Formel 1 guttun, wenn sie nicht immer so perfekt wäre", glaubt er und erklärt: "Sie ist immer steriler geworden, gerade was das Fahren angeht."
Jeder Zentimeter wird registriert, Onboard-Kameras zeichnen alles auf. Sogar teamübergreifen können Daten verglichen werden. "Mit mehr Menschlichkeit wäre das Ganze vielleicht manchmal interessanter."
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mit Sport-Informations-Dienst (SID)