Der Skandal um den geheimen Deal zwischen der FIA und Ferrari - er ist durch die Corona-Krise fast in Vergessenheit geraten. Doch die Geschichte ist noch nicht zu Ende.
Neue Regeln nach Ferrari-Schummel
Knapp vier Wochen vor dem Neustart der Saison in Spielberg (5. Juli) nimmt die Diskussion um die Abmachung hinsichtlich des vermeintlich nicht ganz legalen Ferrari-Antriebs wieder Fahrt auf.
Hintergrund: Der Automobilweltverband hatte Ferraris PS-Monster bereits 2019 untersucht und 2020 offenbar Unregelmäßigkeiten gefunden. Anstelle einer Strafe wurde im Februar aber eine "Einigung" verkündet, über deren Details und Konsequenzen Stillschweigen vereinbart wurde. Die gegnerischen Teams gingen deshalb auf die Barrikaden und forderten Transparenz.
Dann kam Corona. Und der potenzielle Skandal wurde zur Nebensache. Bis jetzt. Am 5. Juli startet die Formel 1 in Österreich endlich in die Saison - und damit geben die Protagonisten auch politisch wieder Gas.
F1-Bosse beäugen Ferrari-Verhalten genau
Renault-Teamchef Cyril Abiteboul warnt jetzt: "Dieses Thema ist noch nicht erledigt." McLaren-Rennleiter Andreas Seidl ergänzt: "Ferrari hätte sich mit mehr Transparenz einen Gefallen tun können."
Und Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko bestätigt bei SPORT1: "Zuletzt mussten wir uns wegen Corona leider mit anderen Dingen beschäftigen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht weiter in der Sache FIA und Ferrari tätig sein werden, wenn die Dinge wieder normal verlaufen."
Sogar die FIA selbst legt mit weiteren Klarstellungen zum Antrieb den Finger in die Ferrari-Wunde. Drei neue Direktiven wurden am 4. Juni an die Teams verschickt. In der Szene werden sie längst als Ferrari-Formeln bezeichnet. Getreu dem Motto: Hier darf Ferrari jetzt nicht mehr schummeln.
FIA erlässt neue Direktiven
Die Details: In der technischen Direktive 18/20 geht es um den Einsatz eines zusätzlichen Sensors. Er soll noch genauer messen, wie viel elektrische Energie durch das Hybridsystem fließt.
Richtlinie 19/20 hat den Ölverbrauch im Visier, der in der Saison 2020 auf drei Deziliter pro 100 Kilometer verringert worden ist. 2019 waren es noch 0,6 Liter. Damit soll ausgeschlossen werden, dass Öl zur Leistungssteigerung in die Brennräume gespritzt wird. Richtlinie 20/20 beschreibt zudem eine noch genauere Kontrolle der Daten aus der Benzinfluss-Regelung.
Drei Schlupfloch-Deckel, die zeigen: Der Weltverband FIA will nicht länger akzeptieren, dass Teams mit cleveren - aber eben doch illegalen - Einfällen die Regeln umgehen und sich hinterher rausreden, die Regelhüter könnten den Betrug nicht nachweisen.
Fingerzeig an Ferrari
Dazu passt: Bereits 2019 wurde in der TD35/19 klargestellt, dass Manipulationen am Benzinmengensensor illegal sind. Im Mittelpunkt damals: die Direktive TD/042-19, die einen zweiten Sensor zur Messung der Benzindurchflussmenge (max. 100 kg/h) verlangt. Der wird hinter dem ersten angebracht, ist verschlüsselt und misst auf einer anderen Frequenz, die nur die FIA kennt.
Laut Paragraph 7.9 des technischen Regelwerks ist außerdem nur noch ein zusätzlicher Öltank erlaubt, der nicht mehr als 2,5 Liter fassen kann.
Insgesamt fünf Direktiven, die Schummeleien in Zukunft verhindern sollen. Und die vor allem ein Fingerzeig an Ferrari sind.