Am Tag, als Niki Lauda zur Legende wurde, schaute er in die Hölle. 55 unendliche Sekunden lang.
Laudas Arzt: Gibt keine Todesursache
Am 1. August 1976 schießt Lauda mit seinem Ferrari über die Nürburgring-Nordschleife, er verliert die Kontrolle, kracht in eine Felswand und geht mit seinem Wagen in Flammen auf. Den Zuschauern bleibt die Luft weg. 800 Grad Hitze umschließen Lauda, das Auto beginnt zu schmelzen, die Dämpfe verätzen seine Lunge. 42 Tage später zwängt sich Lauda wieder in seinen Rennwagen, das Gesicht entstellt, der Kopf blutig - eine Legende ist geboren.
Später sprach der für seinen trockenen Humor bekannte Wiener im Rückblick auf seinen Schicksalstag von seinem "Barbecue". Sein größter Sieg sei es gewesen, die Formel 1 überlebt zu haben, sagte Lauda ebenfalls immer wieder. Eine Aussage, die beileibe kein Scherz war: Als Lauda Rennen fuhr, war der Tod an den Rennstrecken omnipräsent.
Nie war klar, ob er und die anderen Piloten aus den Höllenmaschinen lebend herauskommen würden. Die Frauen hatten immer auch ein schwarzes Kleid mit an der Strecke - man wusste ja nie. "Wir waren getrieben von dem Wahnsinn, den wir selbst gemacht haben. Beinahe in jedem Jahr ist einer von uns gestorben", sagte er einmal der FAZ.
Keine genaue Todesursache
Am Montag hat der Tod Lauda im Alter von 70 Jahren, weit nach dem Ende seiner Rennfahrerkarriere, schließlich eingeholt. "Es gibt keine Todesursache. Es war ein langer Prozess, an dessen Ende der Patient gegangen ist", äußerte sich Prof. Dr. Walter Klepetko vom Allgemeinen Krankenhaus in Wien gegenüber der Kronenzeitung.
"Niki Lauda hat gekämpft. Er war ein toller Mann. Aber es war seit einiger Zeit klar, dass wir ihn nicht mehr auf die 'Rennstrecke' zurückbringen können", so der Mediziner weiter.
Der Wiener sei im Kreise seiner Familie "friedlich entschlafen", hieß es in einem Statement der Familie, das in österreichischen Medien zitiert wurde.
"Seine einzigartigen Erfolge als Sportler und Unternehmer sind und bleiben unvergesslich. Sein unermüdlicher Tatendrang, seine Geradlinigkeit und sein Mut bleiben Vorbild und Maßstab für uns alle. Abseits der Öffentlichkeit war er ein liebevoller und fürsorgender Ehemann, Vater und Großvater. Er wird uns sehr fehlen", stand dort weiter.
Lungentransplantation noch im August
Der eiserne Kämpfer hatte zuletzt verbissen um seine Gesundheit gerungen. Im vergangenen Sommer musste sich Lauda einer Lungentransplantation unterziehen, mehr als zweieinhalb Monate verbrachte er anschließend im Krankenhaus. Für den ewig Getriebenen war diese Zeit noch schlimmer als die Genesung nach seinem Feuerunfall.
"Diesmal war es wirklich lang. Doch ich bin immer noch hier", sagte Lauda nach seiner Entlassung - in der Hoffnung, schnell wieder der Alte zu sein. Anfang des Jahres war ein weiterer Aufenthalt im Krankenhaus wegen einer Grippeerkrankung gefolgt.
Zuletzt Dialyse - aber woran starb Lauda?
Zuletzt wurde er vor rund drei Wochen zur Dialyse in eine Schweizer Privatklinik verlegt, weil offenbar eine seiner Spender-Nieren Probleme bereitete. Laudas genaue Todesursache ist bis dato allerdings noch nicht bekannt.
Aufgrund von Spätfolgen nach seinem schweren Unfall musste sich Lauda zweimal einer Nierentransplantation unterziehen.
Tatsächlich aber führte der Weg des ewigen Stehaufmännchens nicht mehr zurück an die Rennstrecken, an denen er als Aufsichtsratschef des dominierenden Mercedes-Teams bis zum Sommer 2018 zum Inventar gehört hatte.
Lauda dachte nie ans Aufgeben
Lauda war zeitlebens ein Kämpfer, er musste sich seine Triumphe hart erarbeiten. Er hatte nicht das Talent eines Ayrton Senna oder das Charisma seines großen Rivalen James Hunt. Aber aufgeben galt für Lauda nicht. Er tüftelte an seinen Wagen, trieb seine Mechaniker in den Wahnsinn - und holte so mehr heraus als alle anderen.
Als ob nichts gewesen wäre, hätte er nach der Flammenhölle fast noch seinen WM-Titel aus der Vorsaison erfolgreich verteidigt. Beim letzten Saisonrennen in Fuji aber steuerte Lauda seinen Ferrari im monsunartigen Regen freiwillig an die Box und überließ seinem britischen Kontrahenten Hunt den Titel.
"Ich wollte mich nicht ein zweites Mal umbringen", sagte er später. Eine unglaubliche Geschichte, die 2013 sogar Hollywood in dem Streifen "Rush" verfilmt hat. 1977 wird Lauda erneut Champion. 1984, nach einer kurzen Auszeit, zum dritten Mal. Ein Jahr später beendete er seine Karriere.
Nikolaus Andreas Lauda liebte schon als Kind Autos über alles. Mit zehn sitzt er erstmals am Steuer, mit 15 hat er seinen ersten Wagen, mit 19 fährt er sein erstes Rennen. Die Schule interessiert den Sohn eines Großindustriellen nicht so sehr, sein Abiturzeugnis fälschte er zusammen mit einem Freund: "Die Mutter hat mich geküsst, der Vater war glücklich."
Vater von fünf Kindern
Aus Lauda, in zweiter Ehe verheiratet und Vater von fünf Kindern, wurde bekanntlich trotzdem ein erfolgreicher Macher, nicht zuletzt als Gründer von Fluggesellschaften. Beinahe nebenbei erklärte der Charakterkopf von 1996 bis 2017 den RTL-Zuschauern die Formel-1-Welt. Immer unverblümt ehrlich, und dabei immer herzlich. Eine echte Legende.