Ein Rüffel, aber keine Sperre: Sebastian Vettel durfte an seinem 30. Geburtstag einmal tief durchpusten.
Vettel muss Sozialstunden leisten
Der F1-Pilot entging nach seinem Rammstoß gegen Lewis Hamilton (Merdeces) in Baku einer harten Strafe, der Automobil-Weltverband FIA akzeptierte eine öffentliche Entschuldigung und brummte dem Ferrari-Star mehrere Stunden in Nachwuchsserien auf, bei denen er seiner Vorbildfunktion nachkommen soll.
Anklagebank statt Geburtstagsparty
Auch eine Sperre für das kommende Formel-1-Rennen in Österreich (Sonntag, 10 Uhr im LIVETICKER) hatte im Raum gestanden. Vettel war seinem WM-Rivalen Hamilton zuletzt während einer Safety-Car-Phase ins Auto gefahren. Seinen Geburtstag verbrachte Vettel daher auf der Anklagebank. Statt ausgelassen mit Familie und Freunden zu feiern, verteidigte sich der viermalige Weltmeister am FIA-Sitz in Paris für seinen umstrittenen Rempler.
Am Abend nahm Vettel auf seiner Homepage noch einmal Stellung zu dem Vorfall. "Während der Neustartphase wurde ich von Lewis überrascht und bin ihm aufgefahren. Im Nachhinein denke ich nicht, dass er irgendwelche schlechten Absichten hatte. In der Hitze des Gefechts habe ich überreagiert, und deswegen möchte ich mich bei Lewis und allen Zuschauern direkt entschuldigen. Mir ist klar, dass ich kein gutes Vorbild war", schrieb Vettel.
Weiter hieß es: "Ich hatte zu keiner Zeit die Absicht, Lewis in Gefahr zu bringen. Aber ich verstehe, dass ich eine gefährliche Situation verursacht habe. Daher möchte ich mich entschuldigen. Ich akzeptiere und respektiere die heute in Paris getroffene Entscheidung ebenso wie die Strafe der Stewards in Baku. Ich liebe diesen Sport und bin entschlossen, ihn so zu repräsentieren, dass es ein Vorbild für künftige Generationen sein kann."
Zuvor hatte die FIA mitgeteilt, Vettel habe die "volle Verantwortung" für den Vorfall übernommen und sich "bei der Motorsport-Familie entschuldigt. Der Heppenheimer hatte für den Zusammenstoß bereits drei Strafpunkte vom Weltverband kassiert, damit ist sein Punktekonto auf neun angewachsen. Bei drei weiteren Zählern muss er ein Rennen aussetzen.
Glück für den Wiederholungstäter
"Die Leute wollen doch, dass wir mit Ellenbogen fahren. Dafür sind wir hier", hatte der WM-Führende Vettel nach dem Vorfall in Aserbaidschan gesagt, schon die Zehn-Sekunden-Zeitstrafe für seinen Rempler hatte der Ex-Weltmeister da nicht verstanden. Da Vettel aufgrund seines Punktekontos als Wiederholungstäter gilt, war eine höhere Strafe durchaus im Bereich des Möglichen (SERVICE: Die Fahrerwertung).
Zudem waren der FIA auch noch die Vorkommnisse vom vergangenen Jahr in Erinnerung, als Vettel beim Großen Preis von Mexiko mit drastischen Beschimpfungen gegen Red-Bull-Fahrer Max Verstappen und Rennleiter Charlie Whiting ("Fuck you Charlie, fuck you") unangenehm aufgefallen war. In Sotschi zeigte er Williams-Pilot Felipe Massa zuletzt aus seinem Cockpit den Mittelfinger.
"Aus meiner Sicht ist das Verhalten von Vettel untragbar. Wenn er sich so etwas auf der Straße leisten würde, wäre er seinen Führerschein los", hatte der langjährige FIA-Präsident Max Mosley angesprochen auf die Rambo-Attacke gesagt. Ross Brawn aus der Führung der Formel 1 war da etwas milder: "So etwas hätte nicht passieren dürfen. Sebastian hat etwas getan, das er lieber hätte lassen sollen. Aber er hat seine Strafe erhalten."
Auch eine nachträgliche Disqualifikation hatte im Raum gestanden. Das galt allerdings als eher unwahrscheinlich, denn die FIA dürfte kaum Interesse daran haben, aktiv in den packenden WM-Kampf einzugreifen. Zudem verhängten die Sportkommissare in Baku bereits während des Rennens eine Zehn-Sekunden-Strafe gegen den Deutschen, der Hamilton während einer Safety-Car-Phase ins Auto gefahren war.
Vettel hatte zuvor fälschlicherweise angenommen, Hamilton habe ihn absichtlich ausgebremst - und Vettel war ihm ins Heck gefahren. Danach "revanchierte" er sich für das Manöver. "Die Strafe stand in keinem Verhältnis zu seiner unfairen, überzogenen emotionalen Reaktion", sagte Niki Lauda, Aufsichtsratsvorsitzender des Mercedes-Teams, der Welt am Sonntag: "Ich verstehe nicht, dass Sebastian seinen Fehler trotz der eindeutigen Faktenlage nicht erkennt."