Ganz entspannt sei er gewesen, versicherte Toto Wolff nach dem Rennen - bis hinein in die letzte Runde.
Silber-Streit eskaliert: Jeder gegen Jeden
Dann aber geschah das, was der Motorsportchef von Mercedes nicht mehr erwartet hatte. Seine Reaktion darauf fiel wohl auch deshalb ungewohnt emotional aus.
Mit der Faust schlug der sonst so beherrschte Österreicher auf sein Regiepult in der Box, als er sah, wie seine beiden Piloten kollidierten - im Kampf um den Sieg in den letzten Kurven des Rennens.
Sieg verkommt zur Randnotiz
Dass sich Lewis Hamilton trotz des Zusammenstoßes mit Nico Rosberg dann doch noch den Sieg sicherte, verkam angesichts des erneuten Eklats zur Nebensache. "So geht es nicht mehr", wütete Wolff bei Sky und sprach dann eine Drohung aus, die für zusätzlichen Zündstoff innerhalb des Teams sorgen könnte.
"Vielleicht muss man unpopuläre Entscheidungen treffen und die beiden nicht mehr frei gegeneinander fahren lassen. So wie es alle Teams in der Vergangenheit gemacht haben: mit Stallorder", brach es aus ihm heraus.
Lauda pfeift Wolff zurück
Eine Überlegung, die prompt zurückgewiesen wurde. Und zwar von keinem Geringeren als Niki Lauda, Aufsichtsratschef des Mercedes-Teams. "So weit kommt es noch, dass unsere Fahrer nicht mehr frei fahren dürfen", pfiff der dreimalige Weltmeister seinen Landsmann zurück.
Beide waren sich zwar in der Bewertung der Schuldfrage einig und machten Rosberg, der schließlich auch eine Zehn-Sekunden-Strafe aufgebrummt bekam, zum Hauptverantwortlichen für den Crash.
Die grundverschiedenen Aussagen über mögliche Konsequenzen lassen aber vermuten, dass nicht nur der Streit zwischen den beiden Piloten wieder voll entbrannt ist. Auch das Verhältnis der Bosse, das schon in der Vergangenheit nicht immer das beste gewesen sein soll, erhält nach dem Österreich-Grand-Prix neue Kratzer.
Wolff jedenfalls dachte, dass die Fahrer spätestens nach dem Crash Mitte Mai in Barcelona ein für alle Mal wüssten, wie man sich als Angestellte der Sternenmarke zu verhalten habe. Er irrte offensichtlich - und war vielleicht auch deshalb etwas vorschnell in der Ankündigung einer möglichen Stallorder.
Wer soll von Stallorder profitieren?
Denn wie eine Stallorder durchzusetzen ist, wenn sich noch nicht ansatzweise eine Hierarchie in der WM-Wertung abzeichnet - Rosberg liegt bei zwölf noch ausstehenden Rennen gerade einmal elf Punkte vor Hamilton -, weiß wohl Wolff selbst noch nicht so richtig.
Und den jeweiligen Pole-Setter zum Sieg zu lotsen, während der Teamkollege mit einem Überholverbot belegt wird, ist ebenso absurd. Schließlich zieht die Formel 1 aus Mangel an anderen Konfliktpotenzialen gerade aus der Rivalität der Sterne-Piloten ihren Reiz.
Hamilton gegen Rosberg, Rosberg gegen Hamilton. Dieses Duell wird die Königsklasse auf jeden Fall noch weiter beschäftigen - aller Voraussicht nach auch über dieses Jahr hinaus.
Denn Auswirkungen auf die Verhandlungen über einen neuen Vertrag von Rosberg sieht Wolff nicht, Crash hin oder her: "Der Vertrag ist eine langfristige Entscheidung und wird nicht von einem einzigen Vorfall im Rennen abhängen."