Auf der Bühne ist er der Frontmann der Fantastischen Vier, auf der Nordschleife gibt er für Fourmotors Gas. Rapper Smudo - im normalen Leben Michael Schmidt – fährt auch dieses Jahr wieder die 24-Stunden auf dem Nürburgring. Im SPORT1-Interview spricht er über seine Bio-Autos, Faszination Motorsport und Michael Schumacher.
Smudos Kampf für grünen Motorsport
SPORT1: Smudo, wie kommt man als Popstar zum Motorsport?
Smudo: Mit der Familie habe ich immer Formel 1 geschaut. Erst mit Ayrton Senna, später mit Schumi. Ich war ein Videospiel-Enthusiast. Ich biss mich rein, las sogar Fachliteratur, um besser zu werden. Mit dem Effekt, dass ich plötzlich beim Kartfahren mit meinen Kumpels nicht mehr hinten, sondern vorne rumgefahren bin. Später habe ich mich zu einem Kurs mit Formel-Renault-Fahrzeugen bei der Zakspeed-Rennschule am Nürburgring angemeldet. Einer der Instruktoren fuhr dann mit mir in einem BMW M5, einem handelsüblichen Pkw, um die Nordschleife. Das war umwerfend. Das wollte ich auch machen. Seit 2003 fahre ich mit meinem Freund Tom von Löwis zusammen mit einem eigenen Team.
"Ein sehr ungemütlicher Arbeitsplatz"
SPORT1: Auch 2020 wieder auf der Nordschleife beim 24-Stunden-Rennen. Was ist an der Grünen Hölle so besonders?
Smudo: Die Sonne, das braune Gras neben der Strecke, die rot-weiß lackierten Curbs, die Asphaltbahn im Morgennebel - diese Rennfahrerromantik hat mich sofort gepackt. Die perfekte Runde auf der Nordschleife ist ein sehr befriedigendes Gefühl. Es ist heiß im Cockpit, es ist laut, die G-Kräfte zerren an einem - ein sehr ungemütlicher Arbeitsplatz. Als Rennfahrer musst du trotzdem cool die Entscheidung treffen, ob du in dieser Runde vielleicht einen halben Meter später bremst, um deinen Vordermann zu überholen. Das lässt dich einen Kitzel spüren.
SPORT1: Vor allem, da es ja auch in der Leitplanke enden kann.
Smudo: Genau. Dabei dann eben noch auf eventuelle Unwägbarkeiten richtig zu reagieren und Entscheidungen zu treffen, die unter gewissen Umständen in ihrer Konsequenz weh tun könnten. Das alles fasziniert mich am Motorsport und am Nürburgring.
"So sparen wir bis zu 80 Prozent CO2 ein"
SPORT1: Sie fahren in einem Bio-Auto. Wie hat sich das ergeben?
Smudo: Bio heißt im Rennsport ja nicht gleich Strickpulli (lacht). Wir fingen 2003 mit einem New Beetle TDI an, weil der weniger verbraucht. Schnell kam uns die Idee, nicht nur mit Biodiesel anzutreten, sondern auch Leichtbauteile aus Biofaser anstatt Kohlefaser zu entwickeln und herzustellen. So bauten wir das erste Bioconcept-Car, einen Ford Mustang, mit einer Karosserie aus Biofaserverbünden auf. Das war 2006. Zum Glück ist das Thema heute anerkannt. Damals wurden wir noch ein wenig schräg angeguckt und in die Birkenstockecke gestellt. Die Leute glaubten auch lange, dass unser Sprit - erst Biodiesel, später E20 - schlecht für den Motor wäre. Dabei ist er sogar effizienter. Richtig Schwung kam in die Sache, als wir 2014 anfingen, mit Porsche zusammenzuarbeiten. Diese Marke strahlt halt noch mal anders. Zu Beginn unseres Projektes fragten Porsche-Ingenieure nach unseren Leichtbauteilen aus Biofaser und ob man die nicht auch in unserem Porsche Cayman verbauen könnte und auf der Nordschleife dem absoluten Härtetest unterziehen wolle. Gesagt, getan: Heute sind die Bio-Leichtbauteile im neuen 718 Cayman GT4 CS serienmäßig verbaut.
SPORT1: Ihr aktuelles Arbeitsgerät ist ein Porsche GT3 Cup II mit rund 500 PS. Wir grün ist dieses Auto?
Smudo: Unser Sprit AdvanceE20 von CropEnergies hat einen 20-Prozent-Bio-Ethanol-Anteil aus Reststoffen. Das Öl im Motor ist recycelt. Ganz spannend: Unser Hauptsponsor Wolf Oil verwendet ein von der finnischen Raffinerie STR Tecoil wiederaufbereitetes Gebraucht-Öl und verarbeitet es zu neuem Hochleistungs-Öl. Die Türen bestehen aus einem Biofaser-Verbundstoff, der von Porsche und dem Fraunhofer-Institut für Holzforschung entwickelt wurde. So sparen wir im Team mit den nachhaltigen Technologien bis zu 80 Prozent CO2 ein.
Konzert oder Autorennen? Smudo entscheidet sich
SPORT1: Sind Sie Vorreiter für den Rennsport der Zukunft?
Smudo: Ja. Das Thema CO2 ist nicht mehr wegzudiskutieren. Deshalb ist es wichtig, Zeichen zu setzen. Es wird immer Automobile geben, aber man muss sie zeitgemäß bauen. Und es ist gut, dass wir den Leuten über den Motorsport Vertrauen in umweltfreundliche Technik vermitteln können. Das muss noch viel weiter gehen: Europa braucht E20-Kraftstoff, und wir müssen schrittweise darauf umsteigen.
SPORT1: Können Sie am Wochenende auch gewinnen?
Smudo: Wir fahren in der Klasse für alternative Treibstoffe. Da haben wir Siegchancen. Insgesamt ist unser Ziel, unter die besten 30 zu kommen.
SPORT1: Hand aufs Herz. Was ist für Sie aufregender: Autorennen oder ein Auftritt vor 50.000 Leuten?
Smudo: Beides ist aufregend. Aber nichts ist aufregender als der Start beim 24-Stunden-Rennen. Der Moment, wenn die Ampel auf Grün springt und man mit kalten Reifen und lauter heißen Piloten-Köpfen auf die erste Kurve zustürmt.