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Als ein Schachspiel die Welt in seinen Bann zog

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Als ein Schachspiel die Welt in seinen Bann zog

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Das „Match des Jahrhunderts“

1972 treffen mit Bobby Fischer und Boris Spasski die beiden größten Schachspieler des 20. Jahrhunderts in einem Showdown aufeinander und schreiben Sportgeschichte. Auch im Nachgang des zweimonatigen Duells sorgen die Beteiligten für Schlagzeilen.
Bobby Fischer krönt sich 1972 zum Weltmeister
Bobby Fischer krönt sich 1972 zum Weltmeister
© IMAGO/ZUMA Press Wire
1972 treffen mit Bobby Fischer und Boris Spasski die beiden größten Schachspieler des 20. Jahrhunderts in einem Showdown aufeinander und schreiben Sportgeschichte. Auch im Nachgang des zweimonatigen Duells sorgen die Beteiligten für Schlagzeilen.

Durchschnittlich 2.500 Zuschauer und hunderte Journalisten beobachteten 1972 nicht, nur wie über zwei Monate Sportgeschichte geschrieben wurde, sondern auch, wie in der Laugardal-Sporthalle zwei Systeme aufeinandertrafen.

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In der Hochzeit des Kalten Krieges konnte dem „Spiel des Jahrhunderts“ der beiden größten Schachspieler des 20. Jahrhunderts wohl keine größere Bedeutung innewohnen. Bis heute zeugt in der isländischen Hauptstadt Reykjavik eine Dauerausstellung im Kulturhaus von den Geschehnissen der damaligen Zeit.

Nach einem langen Hin und Her erhielt Island, das mit einem Preisgeld lockte, welches sonst nur im Boxsport gezahlt wurde, den Zuschlag, die Schachweltmeisterschaft und das Duell der Giganten auszutragen.

Fischer das „cholerische Genie“

Der Russe Boris Spasski, 35, wurde als amtierender Weltmeister von seinem US-amerikanischen Kontrahenten Bobby Fischer, 29, herausgefordert. Fischer, der schon mit 15 Jahren zum damals jüngsten Großmeister aller Zeiten wurde, konnte wohl nicht unterschiedlicher als sein Gegenüber sein.

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Warum ihn die New York Times unter anderem als „cholerisches Genie“ bezeichnete, machte sich schnell bemerkbar. Zur WM-Eröffnungsfeier am 1. Juli 1972 erschien Fischer nicht. Die hohen Erwartungen und Preisgeld-Forderungen hielten ihn davon ab.

Erst das Handeln eines Londoner Millionärs, der das Preisgeld auf 275.000 Dollar erhöhte, und die Bitte des späteren US-Außenministers Henry Kissinger bewegten den exzentrischen Fischer dazu, doch noch ins Flugzeug nach Island zu steigen. „Amerika wünscht sich, dass Sie hinfahren und den Russen besiegen“, erklärte Kissinger damals dem Hoffnungsträger, der zuvor noch nie gegen Spasski gewinnen konnte.

Fischers skurrile Forderungen

Bevor Fischer schließlich am 3. Juli auf der Vulkaninsel landete, bewies Spasski indessen seinen Sportsgeist und verzichtete darauf, eine Disqualifikation des Herausforderers zu bewirken.

Bis zum sieben Tage verspäteten Auftakt der WM zeigten sich die unterschiedlichen Charaktere der Duellanten weiter deutlich. Während Spasski sich ruhig in aller Öffentlichkeit vorbereitete, zog sich Fischer in eine teure Hotelsuite zurück, bat um Geleitschutz und eine Limousine mit Diplomatenkennzeichen.

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„Bobby Fischer hat sich über alles und jeden beschwert. Einmal wollte er, dass alle Kinder aus dem Parkett verschwinden, dabei herrschte absolute Stille“, wurde der Journalist Valur Gunnarson, der das Match live verfolgte, von der der Zeit zitiert. Ob es die Lichtverhältnisse, der Dreck auf dem Schachbrett oder andere Gründe waren, Fischer hatte scheinbar immer etwas auszusetzen.

Ein Umstand, der sich auch zum Auftakt der auf maximal 24 Spiele festgesetzten WM zeigte. Bereits das erste Spiel verlor Fischer nach einem vermeidbaren Anfängerfehler deutlich und trat zum zweiten erst gar nicht an, da ihn die Fernsehkameras ablenken würden.

Die psychologische Wende

Doch nach zwei Niederlagen sollte sich das Blatt um 180 Grad wenden. Nach drei Siegen und einem Remis konnte Fischer die erste Führung erringen, ehe in den verbliebenen Spielen nur noch eine weitere Niederlage und ein Remis folgen sollten.

Am 1. Dezember 1972 war es dann schließlich so weit. „Meine Damen und Herren, Herr Spasski hat die Partie um 12.50 Uhr telefonisch aufgegeben. Herr Fischer hat hiermit den Wettkampf gewonnen“, verkündete der Hauptschiedsrichter vor rund 300 Zuschauern und kürte Fischer endgültig zum Sieger.

Spasski wollte das unvermeidbare Ende nicht mehr am Brett austragen, nachdem ihm am Abend zuvor ein folgenschwerer Fehler unterlaufen war, der die sowjetische Schach-Dominanz nach 25 Jahren beenden sollte.

Doch ähnlich zu der Aufmerksamkeit, die die Partie vor und während der Weltmeisterschaft erhielt, hatte der Ausgang auch im Nachhinein Konsequenzen für die Kontrahenten. So verlor Spasski nahezu über Nacht viele Privilegien des Staates und wurde nach einiger Zeit als Nummer eins der Sowjetunion verdrängt.

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Auf der anderen Seite weigerte sich Fischer, seinen Titel zu verteidigen und lebte in Anonymität und Angst. 1975 wurde ihm sein Titel folglich aberkannt.

Das „Rachespiel des 20. Jahrhunderts“

Nur einmal sollte Fischer noch am Schachbrett in Erscheinung treten. Beim „Rachespiel des 20. Jahrhunderts“ 1992 traten Fischer und Spasski mitten im Bürgerkrieg zum Rückkampf auf der jugoslawischen Insel Sveti Stefan an, für das ein Preisgeld von drei Millionen Dollar ausgeschrieben wurde.

Bei seinem erneuten Sieg gegen Spasski verstieß Fischer jedoch gegen ein US-Wirtschaftsembargo und wurde anschließend per Haftbefehl gesucht. Sein Heimatland sollte er nie wieder betreten.

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Seine verbliebenen Sympathien verspielte Fischer, indem er den Holocaust leugnete, die Anschläge vom 11. September begrüßte und auch sonst mit antisemitischen, politischen und konspirativen Äußerungen auffiel.

Fischer sucht Asyl

Über Umwege flüchtete Fischer nach Japan, wo er 2004 festgenommen wurde, sich um Asyl bemühte und seine US-Staatsbürgerschaft symbolisch ablegte. Zu seinem 62. Geburtstag erhielt er schließlich die isländische Staatsbürgerschaft und lebte dort zurückgezogen mit seiner Lebensgefährtin.

Im Jahr 2008 verstarb Fischer schließlich an Nierenversagen, da er die notwendigen Medikamente verweigerte. „Auch wenn er nur drei Jahre hier gelebt hat, war er ganz bestimmt der großartigste Schachspieler, den Island je hatte. Und als solchen werden wir ihn bei aller Fehlbarkeit für immer in Erinnerung behalten“, erklärte der isländische Historiker und Journalist Valur Gunnarson der Zeit.

Und zur Not gibt es ja die Dauerausstellung in Reykjavik, die diese Erinnerung auffrischt.