Darum setzt die WWE jetzt alles auf Reigns
Seit seinem WWE-Debüt 2012 drängt sich der Cousin von Superstar Dwayne "The Rock" Johnson immer mehr als Star der Zukunft auf.
Als stiller, aber charismatischer Vollstrecker der Gruppierung "The Shield" etabliert, wird dem 120-Kilo-Mann das gewisse Etwas attestiert - auch von früheren Stars wie Bret Hart und Steve Austin.
Das Problem: Gegen den früheren NFL-Aspiranten hat sich auch eine sehr (laut-)starke Anti-Fraktion gebildet.
Warum wird er immer wieder ausgebuht?
Der harte Kern des WWE-Universums - so nennt das Unternehmen seine Fans - ist dem Star-Wars-Anhang nicht unähnlich: Er hat sehr klare Vorstellungen, wie sein Universum auszusehen hat und wie nicht.
Reigns entspricht für viele Wrestling-Fans nicht ganz dem Ideal: Er ist ein von der WWE geformtes Eigengewächs, statt sich in Independent-Ligen hochgearbeitet zu haben, ist Kraftpaket statt Edeltechniker, verlässt sich auf einige wenige, dafür besondere Aktionen statt auf ein großes Move-Repertoire.
Wegen seiner Qualitäten kam er trotzdem lange gut an - bis die Hardcore-Fans das Gefühl bekamen, dass Reigns ihnen als kommende Überfigur aufgedrängt werden sollte. Das mögen sie nicht.
Warum hält die WWE dann trotzdem an ihm fest?
Aus ähnlichen Gründen wie im Fall John Cena, der ähnliches erlebt hat: Dass viele Fans Reigns ausbuhen, ändert nichts daran, dass noch weit mehr hinter ihm stehen. Auch wenn seine Anhänger nicht immer so laut sind wie seine Gegner.
Reigns hat unter den aufstrebenden Stars der WWE die größte Massenwirkung, auf Facebook etwa folgen dem 30-Jährigen schon bald zehn Millionen Fans - deutlich mehr als andere, die die Kritiker gern an seiner Stelle sehen würden: Er übertrumpft seine alten Shield-Kollegen Dean Ambrose (4,4) und Seth Rollins (2,7) und auch den verletzten Ex-Champion Daniel Bryan (7,2).
Die WWE sieht in Reigns ein größeres Vermarktungspotenzial als in seinen Kollegen. Wohl zu Recht.
Warum wird Reigns so plötzlich Champion?
Der übliche Weg zur Krönung eines WWE-Stars ist eigentlich der: Er gewinnt das Hauptmatch der ersten großen Show des Jahres, den Royal Rumble, bei der allergrößten Show im Frühjahr - WrestleMania - holt er den Titel.
Mit Reigns versuchte die WWE das in diesem Jahr und ging baden. Reigns wurde immer wieder von der Bühne gebuht, in Erwartung des Fiaskos warf man Seth Rollins ins Rennen, der Mania stattdessen als Champion verließ. Reigns musste sich davon erstmal eine Weile erholen.
Die nächste WrestleMania-Saison steht nun an, die Zeit, in der der harte Kern am aktivsten ist. Und so merkwürdig es erstmal klingt: Es war ein logischer Schritt der WWE, Reigns den Fans jetzt doch einfach schon vorher als Champion aufzuzwingen - und ihnen gar nicht die Gelegenheit zu geben, das mit der nächsten Mobilmachung zu verhindern.
Und warum gerade jetzt?
Die TV-Quoten der WWE-Shows waren zuletzt schwach, alles zu vorhersehbar, fanden Kritiker.
Die kurze Titelregentschaft von Sheamus ging mit unter, die Fans nähmen seine Fehde mit Reigns kaum an. Zu offensichtlich war der Ire nur Steigbügelhalter.
Die Gelegenheit zum Wechsel war günstig: Er bot eine Überraschung zur rechten Zeit und mit der Krönung Reigns' setzt die WWE zudem auch den Hype um den 13-Sekunden-Rekordsieg von UFC-Federgewichts-Champion Conor McGregor etwas entgegen - die Wrestlingliga kämpft im Großen und Ganzen um dieselbe Zielgruppe wie die Mixed-Martial-Arts-Promotion.
Gut inszeniert war der Titelgewinn auch: Reigns' gewalttätige Konfrontationen mit den bösen WWE-Oberen Vince McMahon und Triple H betonten seine Stärken anstelle seiner Schwächen.
Es wurde belohnt: Das Publikum bejubelte den Wechsel, es gab gute Kritiken und eine gute Quote - die beste seit Ende August. Reigns ist an der Spitze des Universums akzeptiert. Für den Moment.