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Leichtathletik-WM 2023: Große Verletzungsprobleme! Lügt sich der DLV selbst in die Tasche?

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Leichtathletik-WM 2023: Große Verletzungsprobleme! Lügt sich der DLV selbst in die Tasche?

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Absagen-Flut: Viele Fragezeichen

Mit einem großspurig angekündigten Projekt trat der DLV 2019 an, die Verletzungen der deutschen Stars zu reduzieren. Das Lazarett vor der WM in Budapest lässt vermuten, dass der Verband aufs falsche Pferd gesetzt hat. Davon will Chef-Bundestrainerin Annett Stein allerdings nichts wissen.
Leichtathletik-Bundestrainerin Annett Stein wehrt sich vor dem WM in Budapest gegen Kritiken am Setup der deutschen Leichtathletik.
Mit einem großspurig angekündigten Projekt trat der DLV 2019 an, die Verletzungen der deutschen Stars zu reduzieren. Das Lazarett vor der WM in Budapest lässt vermuten, dass der Verband aufs falsche Pferd gesetzt hat. Davon will Chef-Bundestrainerin Annett Stein allerdings nichts wissen.

Wenn die Leichtathletik-WM am Samstag in Budapest startet, dann wird ein Großteil der deutschen Stars nicht um die Medaillen kämpfen, sondern die Titelkämpfe zu Hause am Bildschirm verfolgen – falls sie überhaupt Muße dazu haben.

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Denn ausgerechnet vor dem Highlight des Jahres geht die deutsche Leichtathletik buchstäblich am Stock. Diejenigen, die zuletzt häufig die Kohlen aus dem Feuer holten, sind verletzt – sei es Malaika Mihambo, Konstanze Klosterhalfen, Lea Meyer oder Johannes Vetter.

Insgesamt 20 Top-Athletinnen und -Athleten haben sich in den vergangenen Wochen abgemeldet, weil die Schulter zwickte, die Achillessehne riss oder der Rücken nicht mitspielte.

Für Gertrud Schäfer, die frühere Trainerin von Siebenkampf-Weltmeisterin Sabine Braun, kann es sich bei der der Größe des deutschen Lazaretts nicht mehr um Zufall handeln.

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„Man hat zwar ein medizinisches Team auf die Beine gestellt“, sagte Schäfer bei SPORT1. „Das hat aber nicht zur Reduzierung der Verletzungen geführt. Es muss irgendwie einen Fehler im System geben. Das ist sehr bitter und kann alles kein Zufall sein.“

DLV-Bundestrainerin Stein weißt Vorwürfe zurück

Schäfers Vermutung, dass der deutsche Leichtathletik-Verband durch das unzureichende Gesundheitsmanagement eine Hauptschuld an der Misere trage, widerspricht Chef-Bundestrainerin Annett Stein.

„Ich glaube, man kann es nicht so sagen, dass das Setup geändert werden muss“, erwidert Stein im Gespräch mit SPORT1. „Jeder arbeitet in seinem Umfeld mit seinem Trainer zusammen, einige am Bundestützpunkt. Dort sind die Netzwerke im medizinischen und physiotherapeutischen Bereich sehr gut.“

Auch diejenigen, die in der Nähe ihres Vereins trainieren, seien durch vielfältige Netzwerke abgesichert, sagt Stein.

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Woran lässt sich aber dann die überproportionale Häufung von Verletzungen festmachen?

„Wettkämpfe, die während Corona ausgefallen sind, werden jetzt nachgeholt, die Abstände dazwischen immer kürzer“, erklärt Stein. „Seit 2021 konnten die Athleten kein Jahr durchatmen.“

In der Tat gab es im vergangenen Jahr durch die (nachgeholte) WM in Eugene und die EM in München für viele Athleten eine Doppelbelastung – doch 2023 stehen als internationaler Saisonhöhepunkt lediglich die Titelkämpfe im Budapest auf dem Programm.

Und während am Saisonstart die meisten DLV-Stars wie Mihambo, Klosterhalfen, Meyer oder Robert Farken noch (mehr oder weniger) unbeschwert die Tartanbahn beackerten, hagelte es eine Absage nach der anderen, je näher die WM heranrückte.

Lückenkemper sieht globales Problem

Einen Verdacht, was die Ursache für die Verletztenmisere sein könnte, hat Europameisterin Gina Lückenkemper. Demnach seien Verletzungen nicht nur ein deutsches, sondern ein globales Problem – eines, das sozusagen hausgemacht ist.

„Man müsste den Einsatz von Carbonschuhen und Bouncer-Spikes in Frage stellen, weil die nicht sehr gesund für die Füße sind“, sagte die 26-Jährige bei SPORT1.

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Tatsächlich haben auch andere Nationen mit Ausfällen zu kämpfen, wie US-Superstar Sydney McLaughlin oder die belgische Siebenkämpferin Nafissatou Thiam. Und dennoch: Das deutsche Lazarett dürfte in Ungarn so groß sein, wie bei keiner anderen Nation.

Dabei hat sich das vom DLV bereits 2019 installierte appgesteuerte Athleten-Monitoring, das die Verletzungsrate der SportlerInnen reduzieren sollte, bis zum heutigen Tage nicht ausgezahlt.

Stein verteidigt umstrittenes System

Die Süddeutsche Zeitung berichtete von vielen Gesprächen mit Athleten und Trainern, wobei man sich im Groben einig war, dass das DLV-Projekt – zumindest derzeit – nicht alltagstauglich sei.

Annett Stein hält dagegen: Sie habe selbst als Trainerin an der Basis damit gearbeitet und sei überzeugt von dem System. „Jeder kann selbst entscheiden, ob er eine intensive Einheit noch umsetzt oder ob man, wenn einen das System warnt, noch einen Tag wartet.“

Andere Länder hätten gezeigt, dass es sechs Jahre dauere, bis das System implementiert gewesen sei – in Deutschland ist man derzeit im vierten Jahr. „Man benötigt Überzeugungsarbeit“, sagt Stein.

Ob diese Überzeugungsarbeit noch vor den Olympischen Spielen 2024 in Paris geleistet wird und das Projekt doch noch dazu beiträgt, die Verletztenliste im DLV zu reduzieren, ist die große Frage.

Lügst sich der DLV also in die eigene Tasche? Für Gertrud Schäfer ist jedenfalls klar, dass die Ursache woanders liegen.

Bereits vor fünf Jahren hatte sie eine Verletztenanalyse erstellt - und einige fatale Korrelationen herausgearbeitet. „Man konnte anhand der Verletzungen die verursachenden Trainerinnen und Trainer erkennen. Man hätte schon da aktiv werden sollen und müssen.“