Home>Leichtathletik>

"Wie schaffen die das? Sind die gedopt?"

Leichtathletik>

"Wie schaffen die das? Sind die gedopt?"

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

"Wie ist das möglich? Sind die gedopt?"

Amanal Petros hat bewegte Jahre hinter sich. Inzwischen gehört er im Langstreckenlauf zur absoluten Elite. Mit SPORT1 spricht er über seinen verlorenen deutschen Rekord, überraschende Leistungssprünge und Integration in Deutschland.
Amanal Petros' Bestleistung im Marathon liegt bei 2:04:58 Stunden
Amanal Petros' Bestleistung im Marathon liegt bei 2:04:58 Stunden
© IMAGO/Beautiful Sports
Amanal Petros hat bewegte Jahre hinter sich. Inzwischen gehört er im Langstreckenlauf zur absoluten Elite. Mit SPORT1 spricht er über seinen verlorenen deutschen Rekord, überraschende Leistungssprünge und Integration in Deutschland.

Amanal Petros hat sich in Deutschland zu einem der besten Langstreckenläufer entwickelt. Bei den Europameisterschaften 2024 in Rom gewann Petros im Halbmarathon sowohl alleine als auch mit dem Team Bronze, 2022 holte er mit der Mannschaft sogar EM-Silber im Marathon.

{ "placeholderType": "MREC" }

Über die Königsdistanz verlor er zuletzt aber den deutschen Rekord an Samuel Fitwi. Im SPORT1-Interview verrät der 29-Jährige, wie wichtig ihm der Rekord ist, wie penibel er bei der Einnahme von Medikamenten aufpassen muss und was ihm nach seiner Flucht nach Deutschland die Integration erleichtert hat.

SPORT1: Herr Petros, Sie befinden sich aktuell im Höhentrainingslager in Kenia. Warum gerade immer Kenia, was sind die Vorteile dort?

Amanal Petros: Ich lebe ja eigentlich in Deutschland, in Kenia trainieren aber die ganzen Europa-, Weltmeister und Olympiasieger. Selbst Eliud Kipchoge ist hier. Ich war auch schon im Trainingslager in den USA, Italien und Spanien, aber da hatte ich nicht genug Trainingspartner und musste viel organisieren, womit ich sehr viel Zeit verloren habe. Als Marathonläufer braucht man diese Zeit aber, um zu regenerieren. Daher bereite ich mich meistens hier auf 2.500 Meter Höhe auf wichtige Wettkämpfe vor.

{ "placeholderType": "MREC" }

SPORT1: Haben Sie erwartet, dass ihr deutscher Marathon-Rekord in Valencia fällt? Und was sagen Sie zum neuen Rekordhalter Samuel Fitwi?

Petros: Valencia ist eine schnelle Strecke mit oft sehr schnellen Bedingungen. Da habe ich auch angefangen, alle meine deutschen Rekorde zu laufen. Ich habe es mir daher schon vorstellen können und hatte es neben Samuel auch noch Richard Ringer zugetraut. Ich freue mich für ihn und gönne es ihm.

„Rekorde spielen keine Rolle“

SPORT1: Ärgert Sie der Rekordverlust ein klein wenig und ist es für Sie ein Ansporn, ihn zurückzuerobern oder spielen Rekorde keine große Rolle für Sie?

Petros: Grundsätzlich spielt der deutsche Rekord für mich keine große Rolle, aber gleichzeitig liebe ich auch die Herausforderung. Ich versuche dabei nicht besser als jemand anderes zu sein, ich versuche besser als meine Zeit, also besser als ich selbst zu sein. Mein Ziel für nächstes Jahr ist es, mehr als zwei Sekunden schneller zu sein, was natürlich der deutsche Rekord sein könnte.

{ "placeholderType": "MREC" }

SPORT1: Im deutschen Marathon geht es leistungsmäßig stetig bergauf. Was sind die Gründe dieses Aufstiegs?

Petros: Wir arbeiten hart. Die ganze Struktur wird aber auch besser, alles wird sehr professionell. Die Schuhe werden leichter, bequemer und schneller. Aber vor allem lernen wir auch viel bei der Ernährung und versuchen, uns immer zu verbessern. Daher werden alle besser, auch die Konkurrenz, und es wird jedes Jahr eine neue Bestzeit gelaufen.

SPORT1: Sie sprechen die Verbesserungen bereits an - inzwischen liegt der Rekord nur noch bei knapp über zwei Stunden. Wundern Sie diese Zeiten manchmal?

Petros: Ich habe früher nur in meiner deutschen Heimat trainiert - und damals habe ich mich gewundert: ‚Wie schaffen die ganzen Leute das? Das geht gar nicht! Sind die gedopt?‘ Aber nach sieben, acht Monaten Training in Kenia verstehe ich es besser. Ich trainiere hier vor Wettkämpfen meist mehr als 200 Kilometer pro Woche. Es gibt hier nur trainieren, essen und schlafen. Daher kann ich mir inzwischen gut vorstellen, dass es möglich ist. Das heißt aber nicht, dass jeder sauber ist.

SPORT1: Stutzt man also auch als Athlet bei manchen Leistungssprüngen?

Petros: Ja, aber so ist es halt. Ich fokussiere mich sowieso nicht auf die anderen. Wenn einer besser als ich ist, soll er besser sein. Ich versuche immer besser als im Vorjahr zu sein. Wenn ich das schaffe, bin ich meist auch besser als die anderen.

{ "placeholderType": "MREC" }

SPORT1: Im Tennis gibt es mit Jannik Sinner und Iga Swiatek zwei große Dopingfälle, in denen Kontaminierung eine Rolle spielt. Wie sehr achten Sie auf darauf, was genau in ihren Körper gelangt?

Petros: Als Profiläufer bist du bei der NADA und WADA eingetragen. Du bist in diesem System, weil du ein Profi bist. Wenn du das bist, musst du alles wissen. Wir haben ein System namens „Whereabouts“, das heißt, man muss über einen Zeitraum von drei Monaten jeden Tag eintragen, wo man ist. Dazu kommt, dass man auch nicht alles nehmen darf, was einem der Arzt oder die Apotheke gibt. Wir haben ein System im Internet, wo man nachschauen kann, was man nehmen darf. Wenn du trotzdem etwas nimmst, was du nicht darfst, bist du im Arsch, dann bist du gedopt.

SPORT1: Überprüfen Sie das alles selbst oder haben Sie ein Ärzteteam, was das immer gegencheckt?

Petros: Ich habe meinen Doktor, bin seit 2017 auch bei der Bundeswehr-Sportfördergruppe und dem Bundeswehr-Arzt und habe den DLV-Arzt. Bevor ich etwas nehme, wo ich unsicher bin, schicke ich ihm das und er kontrolliert alles. Ich schaue aber auch selbst im System nach. Ein Medikament von einer Apotheke oder so zu nehmen, ohne nachzufragen oder genau Bescheid zu wissen, kann dazu führen, dass du im Arsch bist. Denn du bist dafür verantwortlich.

SPORT1: Beim Olympia-Marathon mussten Sie leider aussteigen. Ihr DLV-Kollege Hendrik Pfeiffer war danach verärgert, da es hieß, dass sie wegen den Folgen einer Infektion ausgestiegen sind. Was sagen Sie zu dem Vorfall?

Petros: Die Situation um ihn habe ich weniger mitbekommen. Aber ich hatte gehört, dass jemand sagte, dass ich mit einer Infektion in den Wettkampf reingegangen bin - doch das stimmt nicht. Ich war exakt 14 Tage vor dem Wettkampf krank. Ich war aber mehr als zehn Tage vor dem Wettkampf wieder gesund und topfit, das hat der Bundeswehr-Arzt, der Bundestrainer und der DLV-Arzt bestätigt. Es war alles gecheckt worden, auch mein Leistungsvermögen. Und außerdem war ich vor der Infektion topfit, aber nach der Infektion nicht mehr in meiner alten Form. Da ich krank war, war die Zeit zu knapp, um mich schnell zu regenerieren, aber ich hatte trotzdem keine Probleme, dort zu laufen. Ich bin ausgestiegen, weil ich wie viele andere Läufer Oberschenkelprobleme hatte. Was andere Leute sagen, ist mir egal, aber das ist die Wahrheit.

SPORT1: Sie sind in Eritrea geboren, in Äthiopien aufgewachsen und dann 2012 als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Sehen sie sich diesbezüglich auch in einer besonderen Rolle, als ein positives Beispiel für Integration?

Petros: Ich versuche einfach ein gutes Vorbild für Menschen zu sein, die aus dem Ausland nach Deutschland oder auch nach Europa kommen. Man muss einfach integriert sein. Wenn du dich nicht integrieren willst, hast du in Deutschland auch nichts zu suchen. Es gibt meist einen guten Grund für die Flucht - aber ich muss dann auch auf die deutsche Gesellschaft, Mentalität, Kultur und Sprache achten. Wenn du das machst und schaffst, hast du dein Bestes getan. Integration ist immer das Wichtigste - und es spielt dabei keine Rolle, ob das in Deutschland oder woanders ist.