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"Das ist die Entschädigung für alles"

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"Das ist die Entschädigung für alles"

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„Das ist die Entschädigung für alles“

Mit einer Bronzemedaille kehrte Lisa Mayer von den Olympischen Spielen zurück nach Deutschland. Bei SPORT1 schildert sie, dass sie im Sommer 2023 drauf und dran war, die Karriere zu beenden - sich dann aber glücklicherweise für die Fortsetzung entschied.
Lisa Mayer holte mit der deutschen Sprintstaffel die Bronzemedaille in Paris
Lisa Mayer holte mit der deutschen Sprintstaffel die Bronzemedaille in Paris
© IMAGO/Beautiful Sports
Mit einer Bronzemedaille kehrte Lisa Mayer von den Olympischen Spielen zurück nach Deutschland. Bei SPORT1 schildert sie, dass sie im Sommer 2023 drauf und dran war, die Karriere zu beenden - sich dann aber glücklicherweise für die Fortsetzung entschied.

Eine der besonderen Olympia-Heldinnen in Paris aus deutscher Sicht war Lisa Mayer. Die 28-Jährige hat sich vor gut zwei Monaten in der französischen Hauptstadt ihren Lebenstraum mit einer Bronzemedaille in der 4x100-Meter-Staffel erfüllt.

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Die in ihrer Karriere häufig verletzungsgeplagte Sprinterin beschreibt im SPORT1-Interview die besondere Magie dieses Abends und warum sich alle Qualen und Entbehrungen für diesen einen Moment gelohnt haben. Und dass sie sich glücklicherweise im Sommer 2023 gegen einen Rücktritt vom Leistungssport entschied.

SPORT1: Frau Mayer, in welcher Trainingsphase befinden Sie sich gerade?

Lisa Mayer: Wir haben im Oktober wieder angefangen und machen in den ersten Wochen allgemeine Übungen, die noch sehr unspezifisch sind, um wieder fit zu werden. Jetzt nimmt man auch noch Rücksicht auf etwaige Wehwehchen, die man aus der vergangenen Saison mitgebracht hat.

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SPORT1: Haben Sie trotzdem ein bisschen Muskelkater?

Mayer: Nicht nur ein bisschen (lacht). Da machen sich vier Wochen Beine hochlegen doch bemerkbar. Ich war vier Wochen fast durchgängig im Urlaub, das war auch dringend notwendig.

„Der Dämpfer hat mich mehr als ich wollte entmutigt“

SPORT1: Lassen Sie uns die vergangene Saison rekapitulieren. Wie lauteten die Ziele, als Sie das Jahr 2024 mit EM und Olympia durchgeplant hatten?

Mayer: Meine Saison 2023 ist ja plötzlich geendet, als ich mich im Juli mit einem Sehnenriss schwer verletzt hatte. Damals stand im Raum, ob ich die Karriere überhaupt noch fortführe. Ich habe mich entschieden, weiterzumachen - und deshalb kann ich genau sagen, was mein Ziel war. Mich hat jeden Tag, bei jedem Schritt motiviert, dass ich bei den Olympischen Spielen in Paris fit und schnell im Staffelfinale auf der Bahn stehen möchte. Diesem Ziel habe ich alles andere untergeordnet.

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SPORT1: Sie mussten sich mit Ihren Teamkolleginnen im April 2024 dann erst noch bei der Staffel-WM auf den Bahamas für die Spiele in Paris qualifizieren. War da schon zu spüren, dass einiges möglich ist?

Mayer: Das war der erste große Höhepunkt, den wir alle nicht auf die leichte Schulter genommen haben. Das war neu für uns, weil es erstmals in diesem Format stattfand. Wir mussten da schon auf den Punkt fit sein, was wir bereits im ersten Lauf mit der direkten Olympia-Quali sehr gut gemeistert haben. Das war also schon ein sehr schöner Start in die Saison.

SPORT1: Gut einen Monat später fand dann die EM in Rom statt, bei der es anfangs auch gut für Sie lief…

Mayer: Ja, aber dann gab‘s für mich einen kleinen bis mittleren Dämpfer. Ich bin einen super starken Vorlauf gelaufen, mein Trainer sagte, dass ich an dem Tag vielleicht sogar ins Finale hätte laufen können. Ich war auf jeden Fall in der Verfassung, um persönliche Bestzeit zu laufen. Alles andere ist schwer einzuschätzen. Dann kamen aber muskuläre Probleme, die in dieser Form nicht erwartet waren. Das war ein Dämpfer, der mich im ersten Moment - mehr als ich wollte - entmutigt hat. Aber an dieser Stelle war auch klar, dass bis Paris noch einige Wochen Zeit blieb. Und wenn wir ganz fokussiert und diszipliniert die Ursachen finden, therapieren und trainieren, dann war zu diesem Zeitpunkt klar, dass Olympia noch keinesfalls ausgeschlossen ist. So dramatisch waren die Probleme nicht, aber man ist in solch einer Situation super sensibel, weil man weiß, dass erst in acht Wochen der Höhepunkt stattfindet. Die EM ist zwar ein großes Event, aber mit Paris im Hintergrund geht man nicht das allerletzte Risiko.

„So eine atemberaubende Stimmung habe ich selten erlebt“

SPORT1: Sie haben Ihre Probleme dann rechtzeitig in den Griff bekommen …

Mayer: Ja, wir haben es mit meinem Physiotherapeuten und meinem Arzt super in den Griff bekommen, haben umfassend gearbeitet. Ich will nicht sagen, dass wir mit Kanonen auf Spatzen geschossen haben, wir sind aber sehr progressiv rangegangen, haben das Training angepasst - und die Probleme relativ schnell behoben.

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SPORT1: Bei Olympia haben viele Sportler von einer unglaublichen Stimmung geschwärmt. Wie war es bei Ihnen?

Mayer: Wenn ich sie mit Rio 2016 vergleiche, dann habe ich Paris ganz anders erlebt. Man hatte überall das Gefühl, in der Stadt sehr willkommen zu sein und dass die Menschen wirklich Lust auf diese Spiele hatten. So eine atemberaubende Stimmung wie im Stadion habe ich selten erlebt - und ich habe schon ein, zwei große Stadien dieser Welt gesehen. Auch im Olympischen Dorf wurde mit viel Liebe zum Detail gearbeitet. Man hat sich sehr wohlgefühlt.

SPORT1: Die 4x100-Meter-Staffel, bei der Sie antraten, kam dann relativ spät dran. Wie haben Sie den Vorlauf erlebt?

Mayer: Zunächst muss man sagen, dass wir mit dem klaren Ziel einer Medaille nach Paris gereist sind. Nachdem wir schon so oft Vierter und Fünfter waren, hatten wir uns das fest vorgenommen. Irgendwie war uns allen klar, dass die Medaille dieses Jahr fällig ist. In vielen Medien stand später, dass sie überraschend kam, was ich zu einem Teil verstehen kann. Für uns als Team war es aber eine klare Mission, diese Medaille zu holen. Dementsprechend fokussiert sind wir in den Vorlauf gegangen. Allerdings muss ich sagen, dass so ein Vorlauf noch nervenaufreibender als ein Finale ist, weil es eine Pflichtaufgabe war - allerdings muss auch da das Staffelholz erst mal ins Ziel kommen. Wir sind also sehr fokussiert an die Sache rangegangen und haben mit einer Saisonbestzeit schon gezeigt, dass wir sehr gut drauf sind. Da haben wir ein erstes Ausrufezeichen gesetzt und gezeigt, dass mit uns zu rechnen ist. Das war gut für unser Selbstvertrauen.

„Diese Erfahrung war wirklich verrückt und eindrucksvoll“

SPORT1: Das Finale lief dann aus deutscher Sicht wie gewünscht – auch wenn es bei Ihrem Wechsel von Alexandra Burghardt zu Ihnen einen leichten Wackler gab. Wie würden Sie es zwei Monate später bewerten?

Mayer: Das ist für mich ganz schwierig, weil immer noch so viele Emotionen da sind. Es klingt verrückt, aber ich habe mir das Rennen noch gar nicht oft angeschaut. Was ich aber sagen kann: Der Regen, der an diesem Abend eingesetzt hat, der kam unfassbar plötzlich, weil wir noch bei Sonnenschein und blauem Himmel in den Callroom gegangen sind und diesen Wetterumschwung nicht mitbekommen haben. Aber wir haben uns alle, kurz bevor wir vorgestellt wurden, angeguckt und irgendwie haben wir eine magische Atmosphäre durch den Regen gespürt, die uns im Positiven getragen hat. Wobei ich sagen muss, dass ohne diesen Regen der Wechsel von Alex zu mir sofort funktioniert hätte, weil es so aussah, als sei der Stab aufgrund der Nässe einmal durch meine Hand durchgerutscht und ich ihn nicht greifen konnte. Es gab einen Wackler, aber ich hatte die Sache insgesamt im Griff, auch weil ich immer im Blick hatte, dass ich den Wechselraum nicht überlaufe.

SPORT1: Wie haben Sie den Moment erlebt, als Rebekka Haase als Dritte die Ziellinie überquerte?

Mayer: Ich muss gestehen, dass man solch ein Rennen dann nur noch in Trance mitkriegt. Von meinem Lauf selber kann ich kaum noch irgendwas sagen, außer dass Gina plötzlich dieses Staffelholz hatte. Ich konnte es auch gar nicht sehen, weil meine Sicht durch die Kugelstoßerinnen behindert war. Ich habe es nur über die Leinwand gesehen. Das sind dann ganz besondere Sekunden und ich kann gar nicht beschreiben, wie sich das anfühlte. Die 200 Meter, die ich von meiner Position bis zum Ziel laufen musste, wo die anderen drei Mädels waren, haben sich endlos angefühlt – einfach, weil alles so anstrengend war. Wahrscheinlich, weil meine Gefühle und die ganzen Emotionen mich so übermannt haben. Diese Erfahrung war wirklich verrückt und eindrucksvoll.

SPORT1: Wie ist es jetzt, acht Wochen nach diesem Rennen? Haben Sie immer noch ein Lächeln auf den Lippen?

Mayer: Wenn ich an die Spiele und besonders an die Medaille zurückdenke, dann kann man nur ein Lächeln auf den Lippen haben. Wenn ich mal nur auf mich schaue, dann umso mehr, dass es mit solch einem Happy End ausgeht. Ich war so viele Jahre verletzt, habe so viele internationale Höhepunkte verpasst und musste mich immer wieder zurückkämpfen. Für dieses Ziel in Paris habe ich nochmal allen Mut und alle Kraft zusammengenommen. Dass dieses Durchhaltevermögen und dieser Kampf dann so belohnt werden, ist unbeschreiblich.

SPORT1: Kann man also sagen, dass sich alles, was Sie auf sich genommen haben in all den Jahren, für diesen einen Moment gelohnt hat?

Mayer: Zu hundert Prozent. Das ist die Entschädigung für alles. Und es ist der Beweis, dass ich Kämpfen und Durchhalten im Leben immer belohnt wird. Das habe ich schon in München beim EM-Titel 2022 erfahren dürfen – aber die olympische Medaille ist das höchste, was wir in unserer Sportart erreichen können. Das ist nochmal eine ganz neue Ebene.

SPORT1: Haben Sie auch noch Olympia 2028 in Los Angeles im Blick?

Mayer: Sag niemals nie, aber ich denke jetzt nur noch Jahr für Jahr. Das kommt daher, weil ich weiß, wie viel Leid und Schmerz dahinter gesteckt hat und wie schnell eine Verletzung dazwischenkommt. Mit 32 Jahren wäre ich 2028 noch nicht zu alt, aber jetzt gehe ich erst einmal mit voller Motivation in die neue Saison mit der WM in Tokio als großes Ziel. Ich habe für die Staffel in Paris sehr viel im Einzel zurückgesteckt, was ich jederzeit wieder so machen würde, aber ich will 2025 über 100 und 200 Meter angreifen und darauf den Fokus legen.