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Leichtathletik: Eine deutsche Sensation im Schatten eines Mythos

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Leichtathletik: Eine deutsche Sensation im Schatten eines Mythos

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Eine überschattete deutsche Sensation

Vor 56 Jahren wuchs Claus Schiprowski in einem der spannendsten Olympia-Wettkämpfe der Geschichte über sich hinaus. Ein anderes Ereignis am selben Tag ist aber heute mehr in Erinnerung.
Claus Schiprowski sorgte bei Olympia 1968 für eine dicke Überraschung
Claus Schiprowski sorgte bei Olympia 1968 für eine dicke Überraschung
© IMAGO/Kicker/Metelmann
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Vor 56 Jahren wuchs Claus Schiprowski in einem der spannendsten Olympia-Wettkämpfe der Geschichte über sich hinaus. Ein anderes Ereignis am selben Tag ist aber heute mehr in Erinnerung.

Der 16. Oktober 1968 ist einer der berühmtesten Tage der olympischen Geschichte. Aber auch für zwei deutsche Leichtathletik-Legenden ist er in besonderer Erinnerung.

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Zum 56. Mal jährt sich am Mittwoch die folgenschwere Black-Power-Geste der US-Sprinter Tommie Smith und John Carlos bei der 200-Meter-Siegerehrung in Mexico City. Dasselbe gilt für ein Ereignis, das aus heutiger Sicht völlig im Schatten des ikonischen und inzwischen mythischen Moments steht, sportlich allerdings ebenfalls denkwürdig war.

In einem der spannendsten Wettkämpfe der Olympia-Historie lieferten sich drei Spitzenathleten einen fesselnden Showdown – der mit einem wegweisenden deutschen Coup endete.

Großer Olympia-Showdown im Stabhochsprung

Bob Seagren, Wolfgang Nordwig und Claus Schiprowski hießen die drei Protagonisten im Estadio Olimpico Universitario. Von 12.30 Uhr mittags - rund fünf Stunden vor dem Startschuss des 200-Meter-Laufs - kämpften sie sieben Stunden lang um Gold im Stabhochsprung-Finale. Es entwickelte sich ein Dreikampf, der die Zuschauer vor Ort und an den TV-Bildschirmen in Atem hielt.

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Der 21 Jahre alte US-Amerikaner Seagren ging als Favorit ins Feld: Mit 5,41 Metern war er damals Weltrekordhalter der Disziplin, die sich gerade inmitten einer Revolution befand.

Vier Jahre zuvor in Tokio hatten Seagrens Landsmann Fred Hansen noch 5,10 Meter zum Sieg gereicht. Die rasante technische Entwicklung des anspruchsvollen Wettbewerbs - in dem bis dato immer ein US-Mann Olympia-Gold geholt hatte - hatte aber nicht nur Seagren vorangetrieben. Anders als später in der Ära Segej Bubka oder jetzt der von Armand Duplantis waren zahlreiche Konkurrenten auf ähnlich hohem Niveau, wie sich in Mexiko dann auch bestätigen sollte.

Claus Schiprowski fast mit Sensations-Gold

Vier Starter schafften es neben Seagren, die schon recht nah an den Weltrekord reichenden 5,35 Meter zu überwinden. An den 5,40 Meter scheiterten dann auch nur zwei von ihnen: Seagrens Landsmann John Pennel und Christos Papanikolaou aus Griechenland.

Blieben neben Seagrean also noch zwei Rivalen aus dem geteilten Deutschland: der Sachse Nordwig für die erstmals unter eigener Flagge antretende DDR und der überraschend starke BRD-Mann Schiprowski aus Gelsenkirchen-Buer - mit dem legendären Multi-Talent Willi Holdorf als Trainer an seiner Seite.

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Der damals 25-jährige Schiprowski steigerte in Mexiko seine vorher bei 5,18 Meter liegende Bestleistung um satte 22 Zentimeter, eine sensationelle Goldmedaille war zum Greifen nah: Letztlich lagen Seagren, Schiprowski und der gleichaltrige Nordwig gleichauf bei 5,40, weil alle die potenzielle neue Weltrekordhöhe 5,45 Meter dreimal rissen.

Zum Maßstab wurde dann die Zahl der Fehlversuche, die Seagren (2 Fehlversuche vor der 5,45) Gold und Sensationsmann Schiprowski (3) Silber sicherte. Nordwig hatte auch nur drei Fehler, war aber einmal häufiger als Schiprowski an der 5,40 gescheitert.

Schiprowski sprang nie wieder so hoch wie am Tag seines Leben, das Silber von Mexiko blieb der größte Triumph seiner Karriere. Sie endete vor Olympia 1972 auf dramatische Weise wegen der Folgen einer bei einem Trainingssturz zugezogenen Verletzungen.

DDR-Athlet Nordwig siegte 1972 in München

Seagren und Nordwig waren in München wieder am Start - nach einer langen Posse um das Verbot der damals neuartigen Karbonstäbe, die verbannt wurden, weil durch die ungleiche Verbreitung der Innovation keine Chancengleichheit herrschte.

Das Verbot begünstigte Nordwig, dem in München ein historischer Sieg vor Seagren gelang: Nordwig wurde zum ersten Stabhochsprung-Olympiasieger, der nicht aus den USA stammte. Das Vermächtnis des Siegers von München ist heute belastet dadurch, dass durch Vermerke hochrangiger DDR-Ärzte in Stasi-Akten hinterlegt ist, dass er während seiner Karriere mit Anabolika gedopt worden war.

Mexiko-Sieger Seagren wurde Hollywood-Schauspieler

Seagren, der am Donnerstag 78 wird, hatte nach der aktiven Karriere ein recht schillerndes Leben: Er wurde Schauspieler, unter anderem spielte er in der Kultserie „Drei Engel für Charlie“ einen Olympiasieger, der eine zweite Karriere als Privatdetektiv machte. Eine Spinoff-Serie mit Seagren als Hauptfigur war in Planung, wurde aber nicht verwirklicht.

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Das Hall-of-Fame-Mitglied - zeitweise verheiratet mit Schauspielerin und Playboy-Model Peggy McIntaggart, mit der er zwei Töchter hat - wurde schließlich Geschäftsführer einer Sportevent-Agentur.

Die weiteren Lebenswege der deutschen Konkurrenten waren nicht ganz so glamourös: Der heute 81 Jahre alte Nordwig war bis zum Ende der DDR Forschungsdirektor im Kombinat VEB Carl Zeiss Jena, nach der Wende Geschäftsführer einer Berliner Reisefirma. Der gleichaltrige Schiprowski verbrachte den Großteil seines Berufslebens als beamteter Sportlehrer des Landkreises Hildesheim, wo er sich stark für die Förderung von Leistungs-, Breiten- und Schulsport engagierte.