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Leichtathletik: Ein Sprung wie eine Mondlandung

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Leichtathletik: Ein Sprung wie eine Mondlandung

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Ein Sprung in neue Sphären

Bob Beamon springt aus dem Nichts in eine neue Dimension und zur Weitsprung-Legende. Die Karriere des Olympiasiegers geht danach bergab.
Bob Beamon: Eine Weitsprung-Legende, die von Schicksalsschlägen heimgesucht wurde
Bob Beamon: Eine Weitsprung-Legende, die von Schicksalsschlägen heimgesucht wurde
© IMAGO/WEREK
Bob Beamon springt aus dem Nichts in eine neue Dimension und zur Weitsprung-Legende. Die Karriere des Olympiasiegers geht danach bergab.

Es ist der 18. Oktober 1968. Im Estadio Olimpico Universitario in Mexiko-Stadt hat der olympische Weitsprungwettbewerb gerade erst begonnen, da stehen die Weitenrichter schon vor einem Problem.

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Im ersten Durchgang hat der US-Amerikaner Bob Beamon einen weiten Satz in die Grube gesetzt. Der Sprung sorgt für Raunen im Stadion, Beamon hüpft wie ein Frosch aus der Grube und geht dann in leichten Trab mit wedelnden Armen über. Doch die Weitenrichter sind zunächst hilflos – bei einem der größten Momente der Leichtathletik-Geschichte.

Irrer Weltrekord stellt Kampfrichter vor Probleme

Sie können die Weite nicht messen, weil die Weitenmessanlage zu kurz ist. Während die Kampfrichter beraten, hat sich Beamon, der Springer mit der Startnummer 254, auf seinen Platz zurückgezogen und wartet. Erst zehn Minuten später haben die Kampfrichter die Lösung: ein klassisches Maßband wird Historisches offenbaren.

Beamons Sprung war nicht nur ein Weltrekord, er war ein Sprung in neue Sphären, eine Mondlandung (die echte sollte erst ein Jahr später erfolgen) in der Leichtathletik.

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Beamon pulverisiert vorherige Bestmarke

Sechs Sekunden Anlauf und 19 Schritte später katapultierte sich Beamon auf 8,90 Meter. Nie zuvor war ein Mensch weiter, geschweige denn annähernd so weit gesprungen. Vor ihm lag der Weltrekord bei 8,35 Metern. Gesprungen 1965 von Ralph Boston und 1968 von Igor Ter-Owanesjan aus der damaligen Sowjetunion, ebenfalls in Mexiko-Stadt.

Um 55 Zentimeter hatte Beamon, der 22-Jährige aus Texas, damals die Bestmarke überboten. Mehr als selbst Beamon erwartete. „Ich dachte, ich hätte den Weltrekord vielleicht um ein paar Zentimeter überboten“, erklärte er später seinen ersten Eindruck.

Doch es dauerte, bis der 1,91 Meter große Beamon realisiert hatte, was er da vollbracht hatte. Auf der Anzeige erschien die Weite in Metern, Beamon kannte als US-Amerikaner aber nur die Weitenangabe in Fuß und Inches. Als der Stadionsprecher die Weite mit 29 Fuß und 2,5 Inches durchsagte, wurde Beamon übermannt. Er brach zusammen, kauerte auf der Bahn und vergrub sein Gesicht in den Händen. „Sagt mir, dass ich nicht träume“, waren Beamons erste Worte nach seinem „Sprung ins 21. Jahrhundert“.

Beamon: Von Schicksalsschlägen geprägt

Es war wirklich wie ein Traum, aber es sollte nie schöner werden für den jungen Studenten. Das Leben hatte anderes mit ihm vor. Der vermeintliche Sprung ins Glück verpuffte. Was blieb, war Ernüchterung. Noch auf dem Siegerpodest stellte er sich die Frage: „Wohin gehe ich nachher?“ Bob Beamon war stets ein Suchender in seinem Leben, das von vielen schicksalhaften Ereignissen geprägt war.

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Seine Stütze in den frühen Lebensjahren, die geliebte Mutter, starb, als er noch ein Kind war. Diese Lücke konnte er nie schließen. Der Junge suchte nach Wegen aus der Krise, in der Schule war er Streithammel oder Clown. Hin- und hergerissen taumelte er durch seinen Alltag. „Meine Schulzeit war ein Dschungel. Man musste immer auf der Hut sein, bereit zu kämpfen oder zu laufen“, sagte Beamon.

Der Weg aus dem Dschungel führte zunächst zum Basketball, aber der US-Amerikaner war ein besserer Leichtathlet. Auf Anraten seines Coaches ging er zur North Carolina University und zog in die Nähe seiner kranken Oma. Als auch die starb, wechselte er ins texanische El Paso. Dort arbeitete er an Technik und Geschwindigkeit.

Tequila vor dem Weltrekord

Diese Symbiose entfaltete sich perfekt in Mexiko bei Olympia, wo Beamon zwar als Favorit an den Start ging, doch auf diesen Sprung deutete nach seiner Ankunft zunächst nichts hin: „Alles lief schief, also bin ich in die Stadt, habe mir einige Tequila genehmigt. Mann, was habe ich mich verloren gefühlt“, berichtete er später.

Dann stand er in der Qualifikation nach zwei ungültigen Versuchen plötzlich vor dem Aus. Sein Teamkollege Ralph Boston beruhigte ihn. Mit Erfolg - Beamon schaffte den Finaleinzug. Der Rest ist in die Sandgrube von Mexiko gemeißelt. 1973 beendete Bob Beamon seine Karriere, die nur ein gutes Jahr hatte: 1968.

Er wurde Sozialarbeiter. 15 Jahre später wurde er in die Hall of Fame aufgenommen und widmete sich als Schlagzeuger der Musik. 2024 nahm er mit 77 Jahren ein Hip-Hop-Jazz-Album auf und versteigerte seine Goldmedaille für umgerechnet rund 410.000 Euro. Bis heute ist Beamons Sprung von Mexiko der zweitweiteste gültige der Geschichte und weiterhin olympischer Rekord.

Nur sein Landsmann Mike Powell übertrumpfte Beamon im Jahr 1991 beim legendären Duell mit Carl Lewis in Tokio bei der WM um fünf Zentimeter.

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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)