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Alles sauber beim Fabel-Weltrekord? "Bin da skeptisch"

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Alles sauber beim Fabel-Weltrekord? "Bin da skeptisch"

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Wie kam dieser Fabel-Rekord zustande?

Die Kenianerin Ruth Chepngetich pulverisiert mit einer Marathon-Fabelzeit den Weltrekord bei den Frauen. Der deutsche Bundestrainer Matthias Kohls ist angesichts der Leistungssteigerung skeptisch.
Ruth Chepngetich lief in Chicago einen Weltrekord im Frauen-Marathon
Ruth Chepngetich lief in Chicago einen Weltrekord im Frauen-Marathon
© IMAGO/Imagn Images
Benjamin Bauer
Benjamin Bauer
Die Kenianerin Ruth Chepngetich pulverisiert mit einer Marathon-Fabelzeit den Weltrekord bei den Frauen. Der deutsche Bundestrainer Matthias Kohls ist angesichts der Leistungssteigerung skeptisch.

Die Kenianerin Ruth Chepngetich hat in Chicago mit ihren 2:09:56 Stunden eine Marathon-Fabelzeit hingelegt, die Zweifel nährt. Die 30-Jährige blieb am Sonntag als erste Frau überhaupt unter 2:10 Stunden. Damit verbesserte die ehemalige Weltmeisterin die Bestmarke, die die Äthiopierin Tigist Assefa (2:11:53) 2023 in Berlin aufgestellt hatte, um 1:56 Minuten.

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Ihre Fabelzeit sorgte allerdings vielerorts eher für Kopfschütteln als für Bewunderung. Denn bei einer derartigen Leistungssteigerung schwingt das Thema Doping natürlich immer mit.

Auch Matthias Kohls, im DLV als Bundestrainer für den Marathon zuständig, steht der neuen Bestleistung von Chepngetich eher skeptisch gegenüber. Im Interview mit SPORT1 versucht Kohls, die Leistung der Kenianerin einzuordnen und erklärt, warum neue Bestmarken nicht immer förderlich für die Sportart sind.

Marathon-Fabelzeit wirft Fragen auf

SPORT1: Herr Kohls, was war Ihr erster Gedanke, als Sie die neue Weltrekord-Zeit von Ruth Chepngetich gesehen haben?

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Matthias Kohls: Mein erster Gedanke war, dass ich mir das im Internet noch einmal anschauen möchte, wie das Rennen genau gelaufen ist. So etwas ist nicht alltäglich - so eine Steigerung, nachdem das vor zwei Jahren schon einmal in Berlin passiert ist. Das war sicherlich nicht zu erwarten.

SPORT1: Ist dieser Rekord erklärbar?

Kohls: Auf den ersten Blick nicht. Von den Unterdistanz- oder Zubringerleistungen ist das deutlich über, beziehungsweise unter dem, was sie eigentlich mitbringt. Wir haben eine Zeit von 28:15 Minuten über 10 km und eine Halbmarathon-Zeit im 62-er Minutenbereich hochgerechnet. Diese Zeit wäre adäquat zu dieser Marathon-Leistung. Das hat noch nie eine Frau geschafft und deshalb ist das ein Stück weit tatsächlich schwer erklärbar.

Alles mit rechten Dingen zugegangen? „Bin da skeptisch“

SPORT1: Wie könnte sie es geschafft haben?

Kohls: Da möchte ich mich nicht an Spekulationen beteiligen. Die Bedingungen waren sicherlich gut und sie hat ideale Tempomacher gehabt. Das hat es aber immer schon gegeben und deshalb hoffe ich, dass alles mit rechten Bedingungen zugegangen ist. Aber ich persönlich bin da tatsächlich skeptisch.

SPORT1: Ist so ein Weltrekord dann eigentlich eher schlecht oder gut für die Leichtathletik?

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Kohls: Naja, es ist eine Momentaufnahme, die sicherlich jetzt erst mal Interesse auf die Disziplin lenkt. Es ist schon schwer erklärbar, wenn die Frauen-Leistungen jetzt teilweise stärker sind als die Männer-Leistungen mancherorts. Also das ist schon eine Entwicklung, die man hinterfragen kann. Ich glaube, dass der Marathon generell nicht ständig neue Rekorde braucht, um als lebensverlängernde Maßnahme bei Hobbyläufern attraktiv zu bleiben.

SPORT1: Um die Leistung einzuordnen. Es ist noch kein österreichischer Mann schneller als Chepngetich gewesen. Das ist doch eine Tatsache, dass man das Ganze mit Vorsicht genießen muss, oder?

Kohls: Ich denke, da gibt es sicherlich einige Nationen, wo die Männer-Rekorde noch nicht auf dem Level sind, aber wie gesagt: Jetzt muss man schauen, wie es für die einzelne Athletin zu dieser Leistung kam und ob sie diese auch bestätigen kann. Und ob sie jetzt die Unterdistanzen entsprechend auch auf ähnliche Qualität bringen kann.

„Die große Revolution ist eigentlich vorbei“

SPORT1: Wo ist denn das Ende der Fahnenstange der Entwicklung?

Kohls: Das Ende der Fahnenstange gibt es eigentlich nicht. Es gibt natürlich technische Veränderungen bei den Schuhen, die hatten ihre große Wirkung in den Jahren 2018 bis 2020. Seitdem hat sich natürlich noch etwas getan, aber die große Revolution ist eigentlich vorbei. Es geht um Reglementierung in dem Bereich der Schuhe und absolute Fachleute bei der Überprüfung. Physiologischen Grenzen zu benennen ist nicht möglich.

SPORT1: In welchem Bereich ist noch am meisten Steigerungspotenzial? Sind es die Schuhe, ist es die Strecke, sind es vielleicht die Tempomacher, die man einsetzt, oder ist es vielleicht doch letztlich die Trainingslehre?

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Kohls: Ich bin Trainer und ich gehe davon aus, dass das Training optimiert werden kann. Aber zum Training gehören viele Bausteine, die nicht nur mit dem Laufen zu tun haben. Da geht es auch um Regenerationsfähigkeit, Ernährung und natürlich auch um die Bedingungen, die man an so einem Tag haben muss, um so einen Rekord zu laufen.

SPORT1: Was wünschen Sie Chepngetich?

Kohls: Dass sie zunächst mal alle Kontrollen übersteht, wie bei einem Weltrekord üblich. Und ich hoffe auch, dass sie nachweisen kann, dass sie im Training regelmäßig kontrolliert wurde, dass es ein Blutprofil von ihr gibt über die letzten Jahre, das die Glaubwürdigkeit des Rekordes stützt.