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Olympia: Der spät enthüllte Doping-Makel einer Legende

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Olympia: Der spät enthüllte Doping-Makel einer Legende

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Legende mit spät enthülltem Makel

Carl Lewis vollendete heute vor 40 Jahren einen historischen Vierfach-Triumph bei Olympia in L.A. Viele Jahre später belastete eine brisante Enthüllung seinen Ruf - und vor allem den des US-Verbands.
Carl Lewis war der Star der Olympischen Spiele in L.A. 1984
Carl Lewis war der Star der Olympischen Spiele in L.A. 1984
© IMAGO/USA TODAY Network
mhoffmann
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Tobias Wiltschek
Tobias Wiltschek
Carl Lewis vollendete heute vor 40 Jahren einen historischen Vierfach-Triumph bei Olympia in L.A. Viele Jahre später belastete eine brisante Enthüllung seinen Ruf - und vor allem den des US-Verbands.

Mit neun Goldmedaillen ist er zweiterfolgreichste Olympia-Leichtathlet aller Zeiten - hinter Paavo Nurmi und vor Usain Bolt. Wenn er lief und sprang, schaute ein Millionen-Publikum in der ganzen Welt an den TV-Geräten zu.

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Wie kein Zweiter brachte Carl Lewis Explosivität und Geschmeidigkeit in Einklang. Der Sprinter und Weitspringer gehörte zu seiner aktiven Zeit nicht nur in der Leichtathletik zu den absoluten Superstars, er wurde auch dank seiner Ausstrahlung zur Sport-Ikone einer gesamten Generation.

1984 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles eroberte er eine ganze Nation im Sturm. Heute vor 40 Jahren vollendete Lewis in L.A. mit der Sprint-Staffel eine historische Siegesserie: Mit gerade einmal 23 Jahren hatte Lewis zuvor auch über 100 Meter, 200 Meter und im Weitsprung Gold geholt. Mit seinem vierfachen Gold-Coup schaffte der Modellathlet aus Alabama genau das, was seinem großen Vorbild Jesse Owens 1936 in Berlin auch schon gelang.

Lewis - legendär auch für sein unvergessenes Weitsprung-Duell mit Mike Powell bei der WM in Tokio 1991 - ist bis heute einer der Namen, den jeder mit der Leichtathletik und Olympia verbindet. Zur Geschichte des ehemals schnellsten Manns der Welt gehört allerdings auch die unfreiwillige Hauptrolle in einer Skandal-Enthüllung, die einige bis heute aktuelle Fragen an die US-Leichtathletik aufwarf.

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Carl Lewis entging 1988 einer Doping-Sperre

Vier Jahre nach seinen Glanzleistungen von Los Angeles wurden in Lewis‘ Körper 1988 während der Olympia-Qualifikation für Seoul drei verbotene Substanzen gefunden wurden: Pseudoephedrin, Ephedrin und Phenylpropanolamin.

Laufen und springen durfte er in Südkorea trotzdem. Im Weitsprung holt er ebenso Gold wie über 100 Meter. Im Sprint aber erst, nachdem seinem großen Konkurrenten Ben Johnson der Olympiasieg wieder aberkannt wurde. Der Kanadier war gedopt, wie kurz danach aufflog.

Rivale Lewis blieb eine Strafe erspart: Das Nationale Olympische Komitee der USA hatte ihn zunächst zwar suspendiert. Lewis aber argumentierte, dass die Mittel so gering dosiert waren, dass sie ihm keinen Vorteil gebracht hätten. Außerdem hätten sie sich in einem Nahrungsergänzungsmittel befunden, über dessen Inhalte er nicht informiert gewesen sei.

Das US-NOK USOC folgte der Logik: Er wurde freigesprochen und bekam Startrecht für Olympia 1988. Die Weltöffentlichkeit erfuhr lange nichts von Lewis‘ Fall, denn das USOC behandelte ihn intern - weswegen der große Wirbel erst Jahre später folgte, als die Angelegenheit nach außen drang. Wie viele andere Fragwürdigkeiten.

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US-Verband verheimlichte Fälle regelwidrig

Es war das Jahr 2003, als Sports Illustrated den Fall Lewis enthüllte: Wade Exum, ehemaliger Chef des Anti-Doping-Programms des USOC, befand sich nach seiner Entlassung in einem Rechtsstreit mit seinem Ex-Arbeitgeber - und gab die brisanten Akten weiter, die nicht nur Lewis betrafen: Insgesamt über 100 US-Athleten seien zwischen 1988 und 2000 durch Dopingtests gefallen und hätten trotzdem die Starterlaubnis für die Olympischen Spiele bekommen.

Der Fall Lewis ist nicht 1:1 mit dem von Ben Johnson vergleichbar: Die Konzentration der in Lewis‘ Körper gefundenen Substanzen war tatsächlich gering - nach dem damaligen, inzwischen weiter gelockerten Regelwerk des IOC hätte es keine Sperre geben müssen, nur eine nähere Untersuchung.

Der US-Verband regelte den Fall Lewis und den der anderen 100 Kolleginnen und Kollegen jedoch im Stillen und verheimlichte sie vor der Öffentlichkeit und auch vor dem IOC - entgegen der geltenden Regeln. Als die Vertuschung aufflog, war der Ärger groß, vor allem in mit den USA konkurrierenden Ländern.

Unter anderem bezeichnete die selbst über einen Doping-Skandal gestürzte deutsche Sprinterin Katrin Krabbe als „echten Hammer“, dass in den USA „eindeutige Dopingverstöße unter den Tisch gekehrt wurden“, während gegen sie in anderer Schärfe durchgegriffen worden sei.

„Bei mir wurde verfahren wie bei hundert anderen auch“

Lewis selbst reagierte gelassen auf die Enthüllungen: „Ich bin auf drei verbotene Substanzen positiv getestet worden, aber das Olympische Komitee der USA hat mich freigesprochen. Bei mir wurde genauso verfahren wie bei hundert anderen Sportlern auch, die positiv getestet wurden“, sagte er im April 2003 der kalifornischen Zeitung Orange County Register.

Tatsächlich ist der Fall Lewis wegen der nicht überschrittenen Grenzwerte kein Beweis, dass die heute 63 Jahre alte Leichtathletik-Legende ein Doping-Betrüger war.

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Der jahrelange intransparente und regelwidrige Umgang mit Dopingfällen erschütterte jedoch die Glaubwürdigkeit der US-Leichtathletik als Ganzes - woran auch im aktuellen Doping-Streit der USA mit China zu erinnern ist.

In Paris waren die US-Leichtathleten mit 14 Goldmedaillen die mit Abstand erfolgreichste Nation in ihrer Sparte.