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Leichtathletik: Das private Drama des einst schnellsten Manns der Welt

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Leichtathletik: Das private Drama des einst schnellsten Manns der Welt

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Das Drama einer 100-m-Legende

Heute vor 30 Jahren löste Leroy Burrell Carl Lewis als schnellsten Mann der Welt ab. Vor drei Jahren änderte der Tod seines Sohns Camerons, der in seine Fußstapfen folgen wollte, sein Leben.
Leroy Burrell (l.) gewann bei Olympia 1992 Staffel-Gold mit den USA
Leroy Burrell (l.) gewann bei Olympia 1992 Staffel-Gold mit den USA
© IMAGO / USA TODAY Network
mhoffmann
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Heute vor 30 Jahren löste Leroy Burrell Carl Lewis als schnellsten Mann der Welt ab. Vor drei Jahren änderte der Tod seines Sohns Camerons, der in seine Fußstapfen folgen wollte, sein Leben.

Vor ihm waren Jesse Owens, Armin Hary, Jim Hines, Ben Johnson und Carl Lewis. Nach ihm kamen Donovan Bailey, Maurice Greene, Asafa Powell und schließlich Usain Bolt.

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Leroy Burrell war einst der schnellste Mann der Welt, Weltrekord-Halter über 100 Meter und einer der größten Rivalen der Legende Lewis, seines US-Landsmanns, der - trotz eines Doping-Makels - bis heute als einer der größten Leichtathleten der Welt gilt.

Burrell hielt den Rekord 1991, als er nach dem Doping-Skandal um Ben Johnson 1988 zum ersten Mann wurde, der danach wieder die magische Marke von 9,90 Sekunden erreichte.

Heute vor 30 Jahren, am 6. Juli 1994, jagte Burrell Lewis den Rekord in einem Meeting in Lausanne zum zweiten Mal und diesmal endgültig ab. Die Bestmarke von 9,85 Sekunden hatte zwei Jahre Bestand, ehe der Kanadier Bailey sie bei Olympia 1996 in Atlanta nochmal um eine Hundertstel unterbot.

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Trotz dieser Errungenschaft trat Burrell letztlich als Unvollendeter ab: Ein ganz großer Titel als Einzelläufer war ihm unter dramatischen Umständen stets verwehrt geblieben. Burrells Leben nach dem Sport wurde vor drei Jahren von einem tragischen Schicksalsschlag einschneidend verändert.

Schlechte Augen brachten Leroy Burrell zur Leichtathletik

Burrell, geboren am 21. Februar 1967 in der Kleinstadt Lansdowne in Pennsylvania, wurde aus schicksalhaften Gründen Leichtathlet: Er hat eine eingeschränkte Sehkraft infolge einer als Kind erlittenen Augenverletzung, was ihn für viele Sportarten trotz seiner athletischen Veranlagung disqualifizierte.

In den Leichtathletik-Disziplinen, auf die er sich spezialisierte - Sprint und Weitsprung, anfangs auch noch Dreisprung - beeinträchtigte ihn das Handicap nicht. Nach einer herausragenden College-Karriere betrat er 1990 die Weltbühne und wurde über die 100-Meter-Distanz zum neuen großen Rivalen seines Trainingspartners und guten Freunds Carl Lewis.

Vor dem ersten großen Duell bei der WM in Tokio setzte Burrell mit seinem ersten Weltrekordlauf in New York das erste Ausrufezeichen. In Tokio allerdings hatte Lewis knapp die Nase vorn und siegte vor Burrell, beide unterboten dabei die vorherige Weltrekordzeit (Burrell 9,88 - Lewis 9,86). Noch mehr in Erinnerung blieb bei dem Wettbewerb Lewis‘ unglaubliches Weitsprung-Duell mit dem siegreichen Mike Powell.

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Fehlstart-Drama bei Olympia 1992 in Barcelona

Das sportliche Drama, für das Burrell besonders in Erinnerung ist, ereignete sich dann bei Olympia 1992 in Barcelona: Der Mitfavorit legte ihm Finale einen Fehlstart hin – und war dann bei der Wiederholung zu zögerlich, landete auf Platz 5. Gemeinsam mit Sieger Lewis folgte dann Gold mit der US-Staffel.

Burrell fiel danach in ein Loch, verpasste die Qualifikation für die Einzelkonkurrenz bei der WM 1993 in Stuttgart - und tröstete sich mit seinem zweiten WM-Gold in der Staffel nach Tokio.

Der oft auch verletzungsgeplagte Burrell erlebte im Jahr 1994 ein neues Hoch, gekrönt von dem neuen Rekordsprint in Lausanne - begünstigt von Top-Bedingungen und der Abwesenheit von Lewis und England-Star Linford Christie. Beide hatten für einen Auftritt in Lausanne mehr Gage gefordert, als die Veranstalter zu zahlen bereit waren.

Bis zu den darauffolgenden Höhepunkten konnte Burrell sein neues Formhoch aber nicht konservieren, das olympische Heimspiel 1996 in Atlanta verpasste er verletzungsbedingt. 1998 trat er vom aktiven Sport zurück.

Sohn Cameron beging nach Olympia 2021 Suizid

Hinter den Kulissen ist Burrell weiter eine Größe in der US-Leichtathletik geblieben, nach seinem Karriere-Ende wurde er Trainer des College-Teams in der Sporthochburg Houston, wo auch seine eigene Karriere begonnen hatte.

Burrell ist seit 1994 verheiratet mit seiner früheren US-Teamkollegin Michelle Finn, bei Olympia 1992 in Barcelona Teil der US-Goldstaffel über 4x 100 Meter. Das Paar zog drei Söhne groß, der älteste Sohn Cameron trat in die Fußstapfen der Sportfamilie – auch Leroys jüngere Schwester Dawn war als Hallen-Weltmeisterin im Weitsprung erfolgreich.

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Auch Cameron - Patenonkel: Carl Lewis - erreichte als Sprinter Top-Niveau und war mit einer persönlichen Bestzeit von 9,93 Sekunden nicht weit weg von den Leistungen seines Vaters, der zeitweise sein Trainer war. Am 9. August 2021 wurde Burrells Familie erschüttert von der Nachricht, dass Cameron tot aufgefunden worden war: Der 26-Jährige beging Suizid, einen Tag nach dem Ende der Olympischen Spiele in Tokio, an denen er eigentlich hatte teilnehmen wollen.

Vater Leroy berichtete später in einem TV-Interview mit dem Lokalsender KHOU 11, dass er vermutete, dass sein Sohn durch das Zusammenkommen einer Reihe von Faktoren innerlich zerbrochen sei: die stockende, ebenfalls durch Verletzungen zurückgeworfene Karriere, die persönliche Isolation und auf ihm lastenden Ungewissheiten der Corona-Pandemie, der außer Kontrolle geratene Erwartungsdruck wegen seines familiären Hintergrunds.

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Anmerkung der Redaktion: Wenn Sie sich selbst von Depressionen und Suizidgedanken betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge (http://www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die schon in zahlreichen Fällen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen konnten.

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Vater Burrell macht sich Vorwürfe

Cameron habe mehr Last auf seinen Schultern gehabt „als jemand in seinem Alter haben sollte“, sagte Burrell senior. Er mache sich auch selbst Vorwürfe wegen Camerons Tod: Er sei zu sehr geprägt gewesen von einem überholten und falschen Verständnis psychischer Probleme als Schwäche, die man als Leistungssportler in den Griff zu bekommen hätte, sich „zusammenreißen“ solle. Er sei seinem Sohn deswegen wohl nicht die Hilfe gewesen, die er hätte sein sollen.

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Burrells Sicht auf den Sport hätte sich durch die Tragödie um seinen Sohn „absolut“ verändert: Er sei sensibler geworden, achte seitdem auch als Trainer „viel mehr“ auf das Befinden seiner Schützlinge, gehe auf sie zu, frage mehr, was sie bewege.

Der frühere Weltrekordsprinter mahnte auch anderen Eltern und Trainer, aus dem Tod Camerons zu lernen: „Es ist ein Problem, wenn Sportlerkinder denken, dass sie Versager sind, wenn sie nicht einen bestimmten Gipfel erreichen. Wir müssen Kindern mehr beibringen, ihren individuellen Erfolg zum Maßstab zu machen, an dem sie sich beurteilen.“

Der heute 57 Jahre alte Leroy Burrell arbeitet weiterhin als Coach, 2022 wechselte er zu der ebenfalls sehr profilierten Sport-Uni in Auburn, Michigan.