Und dann war da auch noch: Tobias Potye. Zugegeben, er gehörte nun nicht gerade zu den Anwärtern auf uneingeschränkte Aufmerksamkeit.
Deutschlands unvermuteter EM-Held
Und an einem Abend, an dem Malaika Mihambo Gold holen soll und es Konstanze Klosterhalfen dann tatsächlich tut, steht ein Münchner Hochspringer mit zweifelhafter sportlicher Vita nun mal nicht so im Vordergrund.
Potye vor der EM noch unbeschriebenes Blatt
Aber dann: Ehe Klosterhalfen rannte und Mihambo sprang, da war es in der Südkurve des Olympiastadions doch schon sehr laut.
Tobias Potye, Lokalmatador und kräftig angefeuert von „jedem, der es hierher schaffen konnte“, flog jeweils im ersten Versuch über 2,18, 2,23 und 2,27 m. Das reichte am Ende glatt zu Silber hinter Olympiasieger Gianmarco Tamberi aus Italien (2,30).
Potye reihte sich damit ein in ein illustre Liste deutscher Medaillengewinner in seiner Disziplin - unter ihnen Legenden wie Dietmar Mögenburg und Carlo Thränhardt oder auch der entthronten Titelverteidiger Mateusz Przybylko. (Das wurde aus dem einstigen Jahrhunder-Talent Dietmar Mögenburg)
Potye (27) war mal U20-Europameister, doch das ist neun Jahre her. Seitdem? Ging es lange Zeit nicht so richtig hoch hinaus, genau genommen nie höher als 2,27, die er 2018 zum ersten Mal überquerte. Das mag auch an Potyes Körper liegen.
Der sei für Leistungssport nun mal nicht so geschaffen, „der mag das nicht so gerne“, erzählte er im Bauch des Olympiastadions mit einem Lächeln.
Tatsächlich hatte Potye sogar mehr gewollt als Silber, immerhin ist er deutscher Hallenmeister - und gemeinsam mit Przybylko (in München 6./2,23) deutscher Meister, Höhe vor einigen Wochen in Berlin: 2,30. Mehr ging bislang nicht.
Potye studiert Informatik
„Ich habe nicht eine Technikeinheit gemacht in den letzten zwei Jahren, da ist es natürlich schwer, jeden Sprung zu treffen.“
In diesem Jahr hat Potye, Informatikstudent, aber als Mitglied der Sportfördergruppe der Bundeswehr zurzeit Hochsprungprofi, „nur das Knie trainiert“ - gesprungen ist er „nur im Wettkampf“.
„Die Medaille“, sagte er, sei trotz der erheblichen Einschränkungen „auf jeden Fall das Ziel gewesen, von daher kann ich mich nicht beklagen“. Heißt aber auch: Er wollte schon mehr.
„Ich bin schon ein paar mal gegen Gianmarco gesprungen“, berichtete Potye, „und eigentlich war die Zeit reif, ihn zu schlagen. Jetzt muss ich das nochmal vertagen - aber es wird kommen.“ Bis 2024, bis Olympia in Paris, will er auf jeden Fall weitermachen.