Konstanze Klosterhalfen hatte gerade das Olympiastadion mit ihrem einsamen Rekordlauf in Staunen versetzt, da sorgte sie erneut für Verblüffung.
Klosterhalfen sorgt für Staunen
Boxen, so verriet das zierliche Lauf-Leichtgewicht, sei mittlerweile zentraler Teil ihres Trainings. "So richtig mit Schlagen, das macht super Spaß! Meine Finger waren richtig blau danach", sagte die 22-Jährige. Den mächtigen Punch, den sie bei der Leichtathletik-DM in Berlin auf der Bahn präsentierte, erklärt dies aber nicht alleine.
Klosterhalfen pulverisiert deutschen Rekord
Mit ihrem Fabel-Auftritt über 5000 m drang Klosterhalfen erneut in Bereiche vor, die einer deutschen Läuferin lange nicht zugetraut worden waren. "Ich wollte einfach schnell laufen, alles geben, und dann mal schauen, was passiert", sagte die Leverkusenerin, die mittlerweile in den USA trainiert. Was passierte, war einigermaßen unglaublich.
In 14:26,76 Minuten lief Klosterhalfen nicht nur ihre Konkurrenz in Grund und Boden, sondern zertrümmerte auch den 20 Jahre alten deutschen Rekord von Irina Mikitenko, war 15 Sekunden schneller. Klosterhalfen ist damit 13.-schnellste Läuferin der Geschichte, zweitschnellste gebürtige Europäerin.
Training in Portland beim Oregon Project
"Das ist auch für mich unbeschreiblich", sagte Klosterhalfen nach ihrem zweiten Rekordlauf binnen fünf Wochen. Am 30. Juni hatte sie in Stanford die von ihr selbst gehaltene deutsche 3000-m-Bestmarke um knapp zehn Sekunden unterboten, damals inmitten eines Weltklassefeldes. Am Samstag lief sie von Beginn an im Alleingang.
Ein Dreivierteljahr nach ihrem Wechsel nach Portland ins Oregon Project des Sportartikelgiganten Nike, wo sie unter Coach Pete Julian arbeitet, gehen Klosterhalfens Leistungen auf den längeren Strecken durch die Decke.
"Die Bedingungen sind sehr professionell. Dort am Haupt-Campus haben sie noch einmal andere Möglichkeiten, vor allem auf die Regenerationsmaßnahmen bezogen", erklärte Klosterhalfen SPORT1: "Dort dreht sich alles nur ums Laufen. Alles ist danach ausgerichtet - das ist vielleicht der größte Unterschied."
Zweifel laufen mit
Weil dort aber nicht nur die von ihr gerühmten "Weltcoaches und Weltathleten" ansässig sind, sondern das Project im ehemaligen Marathonläufer Alberto Salazar einen Leiter mit reichlich dubiosem Ruf hat, werden Klosterhalfen und ihre Entwicklung kritisch verfolgt. Sie selbst geht offensiv-verständnisvoll mit Zweiflern und Zweifeln um.
"Ich kann das schon verstehen. Aber jeder, der ein negatives Bild hat, soll gerne vorbeikommen und sich das angucken", sagte Klosterhalfen in Berlin: "Ich kann nur Positives berichten und hoffe, dass ich das durch meine Leistung weiter zeigen kann."
Als Klosterhalfen Ende Juni über 3000 Meter im Diamond-League-Meeting von Stanford hinter der in Äthiopien geborenen Niederländerin Sifan Hassan auf Platz zwei rannte und dabei ihren deutschen Rekord um knapp zehn Sekunden verbesserte, meldete sich prompt der Anti-Dopingexperte Professor Fritz Sörgel zu Wort.
"Wenn ich zehn Sekunden Unterschied sehe: Die Leistung muss ja irgendwie zustande gekommen sein, nur durch Training allein würde ich eher nicht annehmen", sagte er der Rheinischen Post.
Bei SPORT1 sagte sie: "Man bekommt das mit und ist im ersten Moment auch nicht glücklich darüber. Aber ich gehe nicht darauf ein und lasse es so gut es geht an mir abprallen. Ich weiß inzwischen, wie viel hier gearbeitet wird, wir Athleten trainieren superhart und die Leute hier kitzeln jede Kleinigkeit heraus."
3000 Meter fehlen im WM-Programm
Nach dem kurzen Rekordtrip nach Berlin - am Mittwochabend war sie aus den USA eingeflogen, am Sonntag schon auf dem Rückweg in Richtung Höhentrainingslager in Utah - legt Klosterhalfen den Fokus ganz auf die WM in Doha (27. September bis 6. Oktober). "Ich weiß noch nicht genau, welche Strecke ich mache", sagte sie. Die 3000 m, derzeit wohl ihre Idealstrecke, sind nicht im Weltmeisterschafts-Programm, die Wahl muss zwischen 1500 und 5000 m fallen.
Ob kurz oder lang, Klosterhalfen stellt trotz ihrer steilen Entwicklung noch keine überzogenen Ansprüche. "Ich möchte zum ersten Mal im Finale stehen und dann alles geben, was geht", sagte sie: "Mein Ziel ist es, immer mehr in die Weltspitze vorzudringen. Vom Taktischen habe ich noch viel zu lernen."