Cindy Roleder stürmte mit einem fulminanten Schlussspurt an ihren Konkurrentinnen vorbei, breitete im Ziel jubelnd ihre Arme aus und feierte ihr EM-Gold mit einem breiten Lächeln. Nach EM-Bronze 2014 und WM-Silber 2015 gab es für die 26 Jahre alte Hürdensprinterin in Amsterdam nun den ersten großen Titel - und einen historischen Triumph.
Roleder stürmt zu Hürden-Gold
In europäischer Jahresbestzeit von 12,62 Sekunden verwies die Leipzigerin Alina Talay (12,68/Weißrussland) und Titelverteidigerin Tiffany Porter (12,76/Großbritannien) auf die Plätze. Für das Team des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) war es das dritte Edelmetall der Titelkämpfe. Als bisher letzte Deutsche hatte Johanna Klier 1978 Hürden-Gold für die DDR gewonnen - da war Roleder noch nicht einmal geboren.
"Zeit von damals bestätigt"
"Es war ein fantastischer Lauf, ich habe mich sehr gut gefühlt. Mein Start war zwar nicht perfekt, aber ich hatte ein sehr gutes Finish", sagte Roleder: "Ich habe davon geträumt, dass die deutsche Hymne einmal nur für mich gespielt wird."
Mit der deutschen Fahne um die Schultern ging es nach ihrem Erfolgslauf auf die Ehrenrunde. Wie bereits bei ihrer völlig überraschenden Silbermedaille bei der WM in Peking im vergangenen Jahr. "Ich habe meine Zeit von damals bestätigt. Es war nicht nur eine Eintagsfliege. Jetzt bin ich gut gerüstet für Rio", sagte sie.
Eine weitere Feier bei den Olympischen Spielen in Rio in wenigen Wochen soll folgen. Mit ihrem Auftritt katapultierte sie sich in den Favoritenkreis auf eine Medaille. Schneller liefen in diesem Jahr nur Sprinterinnen aus den USA. "Ich denke schon, dass man für das Finale zügig laufen muss. Es wird sich zeigen, wie die Zeiten werden", sagte Roleder.
Roleder beweist Nervenstärke
Und wieder einmal zeigte die ehemalige Siebenkämpferin in einem Endlauf keine Nerven. Hürde für Hürde schob sie sich nach vorne - und sie gewann. Nur drei Hundertstelsekunden über ihrer persönlichen Bestzeit. Und auch in Rio wird es nicht alleine auf die Zeit ankommen, sondern vor allem auf die Wettkampfhärte in der entscheidenden Phase. Die Verkrampftheit, die sie früher einige Male am Erfolg hinderte - inzwischen hat sie sie abgelegt.
Dabei hatte Roleder eigentlich schon Anfang 2014 ihre Hürden-Spikes an den Nagel hängen wollen. Nach einigen Dämpfern wollte sie sich ganz auf den Siebenkampf konzentrieren, doch von ihrer alten Liebe konnte sie nicht lassen. Es lohnte sich.