Ein Machtkampf um die Ausrichtung von WWE, ein folgenschwerer Richtungswechsel beim entzauberten Erfolgsprojekt NXT: Was sich bereits in den vergangenen beiden Tagen durch diverse auffällige Entwicklungen erahnen ließ, hat sich durch die Enthüllung neuer, bemerkenswerter Details konkretisiert.
Internes Erdbeben bei WWE: Neue Hammer-Details
Wie der Wrestling Observer berichtet, bereitet die WWE-Führung um Boss Vince McMahon eine Konzeptänderung bei der Dienstagsshow NXT vor - über den Kopf von McMahons bei NXT eigentlich federführendem Schwiegersohn Paul “Triple H” Levesque hinweg. (So eiskalt schwang sich Vince McMahon zum Wrestling-Herrscher auf)
Die jüngste Entlassungswelle bei NXT sei demnach an Triple H und seiner rechten Hand Shawn Michaels vorbei entschieden worden. Sie sei der Vorbote von weiteren “Veränderungen” um das Talentförderungsprojekt.
Die Kernidee, die Observer-Chefredakteur Dave Meltzer in plakativen Worten aus WWE-Kreisen zugetragen worden sein soll: “Keine Zwerge mehr, keine Leute, die mit über 30 loslegen.” Man fokussiere sich bei NXT wieder darauf, junge Talente zu fördern, denen man zutraue “Hauptdarsteller und Box-Office-Draws” zu sein, eine WrestleMania zu headlinen.
- Axel “Axeman” Tischer über “falsche Versprechungen” bei WWE und vieles mehr: Heelturn - der SPORT1 Wrestling Podcast: Die aktuelle Folge auf SPORT1, Spotify, Apple Podcasts, Deezer und überall wo es Podcasts gibt
Entgegen manch anderer Erfahrung, die WWE in dieser Hinsicht schon gemacht hat, heißt das aus Sicht der aktuellen WWE-Entscheider: große, muskulöse Schwergewichte.
WWE zieht Konsequenzen aus der Niederlage von NXT gegen AEW
Dem Observer zufolge hat McMahon den Strategiewechsel zusammen mit zwei langjährigen Vertrauten beschlossen: Kreativdirektor Bruce Prichard und Talentchef John Laurinaitis - der seit diesem Jahr wieder den Job macht, der nun die etwas wolkigere Rolle als Verantwortlicher für “Global Talent Strategy” ausfüllt.
Die neue Grundidee hinter NXT passt zu altbekannten Vorlieben von McMahon und Laurinaitis und ist eine Abkehr von den Veränderungen, die der als Modernisierer wahrgenommene Triple H eingeleitet hatte. Er hatte NXT und WWE generell verstärkt für körperlich schmächtigere, aber spektakulär kämpfende Stars aus dem Independent-Bereich geöffnet - eine boomende Szene, deren Fans die Triple-H-WWE an sich zu binden versuchte.
Anlass dafür, dass die Linie an Boden verliert: Die erfolgreiche Etablierung des Konkurrenten AEW - und der gescheiterte Versuch, das Wachstum des Rivalen mit NXT als zur selben Sendezeit laufendes Gegenprogramm zu etablieren. Dies soll NXT intern ein Verlierer-Image verpasst haben, mit weitreichenden Folgen.
Ist Adam Cole die Ausnahme von der neuen Regel?
McMahon und seine Vertrauten haben nun diverse Talente aussortiert, die nicht in ihr neues Konzept passen. NXT dürfte sich in den kommenden Wochen wieder dem Konzept von RAW und SmackDown annähern, nur mit jüngeren und weniger bekannten Talenten - ob es sich unter diesen Voraussetzungen im nationalen TV halten kann, muss sich zeigen.
Die Umwälzungen bei NXT dürften die Wrestling-Landschaft nachhaltig verändern. Weit über die aktuelle Entlassungswelle hinaus sendet sie vielen NXT-Akteuren die Botschaft, dass ihre Chancen auf eine größere Karriere bei WWE gering sind - und weitere Wechsel zu AEW zur Folge haben, wo schon diverse bei RAW und SmackDown gefloppte Talente wie Malakai (Aleister) Black und Andrade El Idolo erfolgreich eine neue Heimat gefunden haben. Und in einer Ironie der Geschichte wohl auch CM Punk und Daniel Bryan, quasi die Urväter des nun vor der Revision stehenden Wandels bei WWE.
Eine Ausnahme könnte Adam Cole sein, um den WWE laut Observer kämpft: Man wolle Cole - der nach Ablauf seines Vertrags Ende August fliegend wechseln könnte - halten. Auch wenn er aus WWE-Sicht ein “Zwerg” ist und in vielerlei Hinsicht die ultimative Verkörperung des NXT-Stils: McMahon hat anscheinend sein Kreativteam angewiesen, sich Storys für eine Beförderung von Cole zu RAW oder SmackDown einfallen zu lassen.
Die Frage, die Cole sich stellen muss: Tut McMahon das aus ehrlicher Überzeugung, dass Cole die Ausnahme der neuen, alten Regel ist? Oder nur, weil er AEW nicht die nächste perfekt in ihr Konzept passende Verheißung schenken will?