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Wie WWE sich an einer Ikone verging

Wrestling-Legende Dusty Rhodes wurde bei WWE einst seltsam behandelt, heute hält nicht nur Sohn Cody das Vermächtnis umso höher.
Dusty Rhodes (2.v.r.) mit den früheren WWE-Kollegen Terry Taylor, Tito Santana und Brutus Beefcake (v.l.)
Dusty Rhodes (2.v.r.) mit den früheren WWE-Kollegen Terry Taylor, Tito Santana und Brutus Beefcake (v.l.)
© WWE
Wrestling-Legende Dusty Rhodes wurde bei WWE einst seltsam behandelt, heute hält nicht nur Sohn Cody das Vermächtnis umso höher.

Ein Schönling war er nicht unbedingt. Wie ein Modellathlet sah er auch nicht aus. Und einen Sprachfehler, ein sehr auffälliges Lispeln, hatte er auch.

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Dass Dusty Rhodes zu einem Wrestling-Superstar werden würde, zu einem der größten aller Zeiten gar: Nicht jeder hätte es erwartet vor diesem Hintergrund. Er wurde es trotzdem. Beziehungsweise: gerade auch deswegen.

Der „American Dream“ wurde geliebt, gerade weil er kein Typ wie jeder andere war. Er prägte und bereicherte die Showkampf-Welt vor und hinter den Kulissen in unschätzbarem Ausmaß. Entsprechend groß war die Trauer, als er 2015 nach einer Magenkrebs-Erkrankung an Nierenversagen verstarb - 69 Jahre alt, aber bis zuletzt aktiv als Talententwickler bei WWE.

Dustys Vermächtnis lebt fort und wird immer wieder hochgehalten, bei WWE ebenso wie beim inzwischen formierten Rivalen AEW - bei dem Dustys Söhne Cody und Dustin Rhodes (der frühere Goldust) tragende Rollen spielen.

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Dusty Rhodes war großer Rivale von Ric Flair

Rhodes, geboren als Virgil Riley Runnels Jr. am 11. Oktober 1945 im texanischen Austin, wurde zur Legende als Verkörperung des „common man“, des einfachen Arbeiters, der sich im Ring stellvertretend für seine Fanklientel behauptete.

Das funktionierte einerseits, weil Rhodes in dieser Rolle authentisch war als tatsächlich in armen Verhältnissen aufgewachsener Sohn eines Klempners. Andererseits hatte er eine besondere Gabe, seine Rolle herüberzubringen.

Rhodes verband ein enzyklopädisches Verständnis seiner Branche mit dem Charisma und der rhetorischen Kraft eines Predigers - tatsächlich war Rhodes inspiriert von den Gottesdiensten schwarzer Kirchengemeinden, die er in seiner multiethnischen Nachbarschaft öfters besuchte.

Rhodes' Promo-Ansprachen atmeten ähnlich wie die Wortbeiträge den Geist des Gospel, hatten poetische und literarische Qualitäten. Exemplarisch dafür steht die berühmte "Hard-Times"-Promo, in dem er eine Drohung seines Rivalen Ric Flair zu einer Erzählung über die Nöte der einfachen Arbeiter - die wirklich wüssten, was "harte Zeiten" seien.

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Großer Einfluss im Ring und hinter den Kulissen

Rhodes war das perfekte Gegenstück zum schillernden Flair, der sein großer Gegenspieler war, als er in den achtziger Jahren zum großen Fanliebling der Crockett-Promotions wurde, der WCW-Vorgänger war damals zweite nationale Kraft neben der früheren WWF.

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Seine Erfolgsformel hatte Rhodes - ursprünglich als böser "Texas Outlaw" unterwegs - im Jahrzehnt davor in Florida gefunden, als die Wrestling-Szene noch aus regionalen Territorien bestand (das System, das WWE-Boss Vince McMahon dann zerschlug).

Der „American Dream“ wurde zum regionalen, dann zum nationalen Phänomen. Dreimal war er - in seiner unverwechselbaren Aussprache - der „World‘sssss Champion“ des Ligenverbunds NWA, schlug große, oft blutige Schlachten mit Harley Race, Terry Funk, Abdullah the Butcher, Kevin Sullivan, insbesondere aber eben gegen Flair. Ihn und seine „Four Horsemen“ - vor allem auch den zweiten Erzfeind Tully Blanchard - bekämpfte Rhodes in unterschiedlichen Konstellationen und wechselnden Partnern wie Magnum T.A., Nikita Koloff, den tragisch früh verstorbenen Road Warriors Animal und Hawk.

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Der technisch beste Wrestler war Rhodes dabei nie, was ihn auszeichnete, war das Gespür für das Publikum, die Fähigkeit, es hinter sich zu bringen mitzureißen mit allem, was er tat.

Zunehmend bedeutsam wurde im Lauf der Jahre auch sein Einfluss hinter den Kulissen, als Talentförderer und kreativer „Booker“, der Matches und Storys in Szene setzte und dabei vor Ideen sprühte. Seine am Ende etwas zu sehr ausgereizte Spezialität: Das „Dusty Finish“, bei dem der Publikumsliebling ein großes Titelmatch scheinbar gewann, um den Gürtel später aufgrund einer Formalie wieder aberkannt zu bekommen - mit dem Ziel, das Rückmatch anzuheizen und zu einem noch größeren Kassenschlager zu machen.

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Zwiespältiges Verhältnis zu WWE

1989 führte ein Krach hinter den Kulissen - Rhodes hatte eine Blut-Szene mit den Road Warriors inszeniert, die von den Senderverantwortlichen des TV-Partners nicht erwünscht war - zum Bruch mit Crockett, Rhodes landete bei der WWF.

Die Konstellation war pikant: Rhodes war für Ligaboss McMahon jahrelang Frontfigur des Feindes. Dass er etwa dem „Million Dollar Man“ Ted DiBiase - der Rolle, die damals als sein Alter Ego galt - einen buckelnden Diener zur Seite stellte, der Rhodes‘ bürgerlichen Vornamen Virgil trug, wurde allgemein als böser Seitenhieb verstanden.

Und auch als Rhodes dann sein Angestellter war, wurden die meisten Beobachter das Gefühl nicht los, dass McMahon ihn in den Fehden mit DiBiase und dem damals als "Macho King" antretenden Randy Savage abwerten statt groß machen wollte. Mit seiner überbetonten Interpretation des "Common-Man"-Charakters mit dem gepunkteten Ringanzug ("Polka Dots") und Begleiterin Sapphire wurde Rhodes bei der WWF jedenfalls eher zur Karikatur seines früheren Erfolgscharakters.

Anfang 1991 ging Rhodes wieder zu WCW, von da an mit nur noch gelegentlichen Auftritten im Ring, später unter anderem als Überraschungs-Mitglied der bösen nWo (New World Order) um Hulk Hogan. Auch der ehemalige "Virgil" Mike Jones war als Scherge mit von der Partie, der neue Name, den er bei WCW bekam, lautete wohl auch nicht zufällig "Vincent".

2005, vier Jahre nach dem bitteren Ende von WCW, kam es zur Wiederannäherung zwischen Rhodes und WWE, wo er diverse Backstage-Rollen ausfüllte und vor der Kamera immer wieder Auftritte hatte, vor allem, um seinen jüngeren Sohn Cody zu etablieren - 2007 wurde Papa Rhodes in die Hall of Fame aufgenommen und bestritt einen letzten WWE-Kampf gegen Codys damaligen Rivalen Randy Orton.

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Sohn Cody hält das Vermächtnis hoch

Die Spuren, die Dusty Rhodes in der Branche hinterlassen hat, sind bis heute überall zu besichtigen: Das Performance Center von WWE in Orlando ist eine regelrechte Kultstätte für den American Dream, der dort bis kurz vor seinem Tod als Kreativchef des Nachwuchskaders NXT noch zahlreiche Karrieren aufstrebender Stars angeschoben und inspiriert hat. Zu seinen Ehren wird dort auch jedes Jahr das Tag-Team-Turnier "Dusty Rhodes Classic" veranstaltet.

In langfristig vielleicht noch wesentlicherem Maße lebt Dustys Erbe auch an anderer Stelle fort: Bei der Anfang 2019 gegründeten Konkurrenzliga AEW agieren die Söhne Cody (als Co-Chef) und Dustin (als Promo-Coach) in Schlüsselpositionen. Die wie der Vater als „Wrestling Minds“ geltenden Brüder haben die Promotion stark nach dem Bilde des verstorbenen Papas mitgeformt - zu Dusty Rhodes‘ Ehren heißt der Chefsessel hinter den Kulissen der AEW-Shows die „Dusty Position“. (Cody Rhodes im SPORT1-Interview: Seine Vision hinter AEW)

Durch den Abgang von WWE hat Cody auch als Wrestler den letzten Schritt gemacht: Bei AEW ist der „American Nightmare“ nun der Star, der er (wie sein Vater) bei WWE nie war. Weil er zu sich gefunden hat und die Stärken, die sein Vater einst hatte - Charisma, Redetalent, Leidenschaft, Authentizität - in einer zeitgemäßen Form neu verkörpert.

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Besonders groß ist der Jubel, wenn Rhodes Junior den Vater zitiert, am Mikro das Lispeln nachahmt, im Ring das Tänzeln und die berühmten „Bionic Elbows“. Der Geist des großen Dusty Rhodes lebt fort.