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Wrestler: So leiden WWE-Talente

Der deutsche WWE-Hoffnungsträger Marcel Barthel erklärt im SPORT1-Interview seine schwere Anfangszeit beim Wrestling-Marktführer und wie er die Fans zum Buhen bringt.
Marcel Barthel spricht bei SPORT1 über seine Anfänge bei WWE
Marcel Barthel spricht bei SPORT1 über seine Anfänge bei WWE
© SPORT1-Grafik/WWE
Patrick Hauser
Der deutsche WWE-Hoffnungsträger Marcel Barthel erklärt im SPORT1-Interview seine schwere Anfangszeit beim Wrestling-Marktführer und wie er die Fans zum Buhen bringt.

Marcel Barthel ist aktuell das heißeste deutsche Eisen beim Wrestling-Markführer WWE. Der Hamburger ist Teil der populären Gruppierung Imperium um NXT United Kingdom Champion WALTER, wohnt und trainiert anders als der Österreicher jedoch in den USA.

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Dennoch tritt er wie WALTER und seine weiteren Imperiums-Kollegen Fabian Aichner und Alexander Wolfe sowohl in den USA bei der Talente-Show NXT als auch beim England-Ableger NXT UK auf, zuletzt attackierte er Topstar Finn Balor. Der 29-Jährige stand zunächst jahrelang bei der deutschen Wrestling-Liga wXw als Axel Dieter Jr. (nach seinem Vater Axel Dieter, ein deutscher Wrestlingpionier) im Ring und begann bereits vor zehn Jahren mit dem Showkampf-Sport, bevor er 2017 einen Vertrag bei WWE unterschrieb.

WWE-Boss Triple H traut der deutschsprachigen Gruppe viel zu: "Sie werden alle einschlagen, alle vier", sagte der Talentvorstand im November 2019 auf SPORT1-Nachfrage.

Vor der Kamera spielt der 1,90 Meter große und 85 Kilo schwere Barthel gemeinsam mit seinem Tag-Team-Partner Aichner den arroganten Bösewicht, im SPORT1-Interview präsentiert er sich gut gelaunt und in Plauderlaune. Barthel spricht über seine Anfänge bei WWE, seine Vision und die Arbeit mit Wrestling-Legenden wie Triple H oder Shawn Michaels.

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SPORT1: Sie sind im Sommer 2017 nach Orlando, Florida gezogen, trainieren dort im WWE Performance Center und haben Matches um die NXT Tag Team Titel sowie Auftritte bei den Hauptshows RAW und SmackDown absolviert. Wie sind Sie mit Ihrer persönlichen Entwicklung zufrieden?

Marcel Barthel: Ich bin sehr zufrieden. Ich bin in die USA gezogen und plötzlich schaut die ganze Szene in deinem Heimatland auf dich und wartet auf dein TV-Debüt. Bei mir hat es anderthalb Jahre gedauert, da waren schon einige ungeduldig. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich am Ende alles als richtig herausstellt, wenn man gerade daran denkt, dass es nicht wirklich voran geht. Ich könnte nicht glücklicher sein als im Moment.

SPORT1: Sie treten regelmäßig beim England-Kader NXT UK und auch bei NXT in den USA auf. Was ist der größte Unterschied zwischen den beiden Ligen?

Barthel: NXT war die Vision von unserem Boss Triple H und hat sich in den letzten Jahren unfassbar entwickelt. Wir waren eine kleine Gruppe von sehr talentierten Leuten aus der ganzen Welt und stehen jetzt im Mittelpunkt der Wrestling-Szene. NXT ist etwas ganz Besonderes, wir teilen alle diese Vision. Das macht den Unterschied zu allen anderen aus und macht es zum besten Wrestling-Produkt der ganzen Welt. NXT UK ist noch relativ jung, darin sind die besten Talente aus ganz Europa. Wir kommen alle sechs Wochen nach Großbritannien und zeichnen dort fürs TV auf. Es steckt im Gegensatz zu NXT noch in den Kinderschuhen, NXT kommt live im TV und ist durch das USA Network im ganzen Land zu verfolgen. NXT UK ist aber auf einem sehr guten Weg, nicht zuletzt wegen Imperium. Wir richten die Aufmerksamkeit auf dieses Produkt.

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SPORT1: Was haben Sie persönlich für Ziele bei WWE? Wollen Sie eher starke Matches abliefern oder auch Titel gewinnen?

Barthel: Ich komme aus einer traditionsreichen Richtung im Wrestling, darum ist für mich vor allem die Arbeit im Ring wichtig. Shawn Michaels, mit dem wir intensiv zusammenarbeiten, sagt immer: 'Kümmer dich um die Sachen, die in deiner Kontrolle liegen.' Ob ich bei WrestleMania kämpfe oder nicht, liegt nicht in meiner Hand. Unsere Arbeit im Ring liegt in meiner Kontrolle, da geben wir jeden Abend hundert Prozent. Die Richtung von Imperium geht eher gegen das Entertainment-Konzept. Wir sind also sowieso ein Sonderfall. Als ich vor zehn Jahren mit dem Wrestling angefangen habe, wollte ich drei Sachen erreichen: Ich wollte davon leben, ich wollte durch den Sport die Welt sehen und ich wollte mit meinen Jungs aus der Umkleide zusammen sein. Ich habe alle drei Sachen erreicht und lebe mein bestes Leben. Alles, was jetzt kommt, ist Zusatz.

Barthel über seinen Charakter und einen Nazi-Gruß

SPORT1: Sie arbeiten im Performance Center mit Legenden wie Shawn Michaels, Triple H oder Matt Bloom zusammen. Wie ist es, von solchen Wrestling-Ikonen Feedback zu bekommen?

Barthel: Es ist unfassbar. Wenn ich das Leuten erklären muss, die nicht viel mit Wrestling zu tun habe, sage ich: 'Du sitzt mit Diego Maradona und Pélé zusammen, höher geht es nicht.' Jeden Montag und Dienstag rede ich mit Shawn, er ist ein großer Unterstützer von Imperium. Wenn man das mal hinterfragt und ein Stück zurück geht, ist es einfach unfassbar. Vor ein paar Wochen war der Undertaker da, auch Kane hat vorbeigeschaut. Ich kann kaum jemanden nennen, der nicht da war und mit uns gearbeitet hat. WWE ist in Sachen Talententwicklung Weltspitze, sie geben ihren eigenen Talenten so viele Chancen. Ich kann mir momentan nichts wünschen. Wir arbeiten mit den besten Wrestlern der Welt zusammen, ich bin in den letzten drei Jahren ein viel besserer Profi geworden. Nicht nur die großen bekannten Leute helfen mir, sondern auch andere wie William Regel oder Robbie Brookside. Diese Leute sind ein ganz wichtiger Teil für jeden, sie haben das ganze Wissen parat und geben es weiter.

SPORT1: Sie haben einen sehr markanten Gesichtsausdruck und wirken im Ring sehr arrogant. Spielen Sie gerne den Bösewicht oder würden Sie auch mal Publikumsliebling sein?

Barthel: Wenn man mich zum ersten Mal sieht, bin ich eher der Heel. Ich habe gelernt, das zu meinem Vorteil zu nutzen. Als wir das erste Mal durch Amerika getourt sind, habe ich im Ring Promos gehalten, ohne ein Wort zu sagen. Die Leute sind dann durchgedreht. Viele sagen mir: 'Was bist du für ein arroganter Sack?' Ich bin der geborene polarisierende Typ (lacht). Ich hatte schon bei der deutschen Liga wXw eine Gruppe, die mich bejubelt hat, aber tendenziell mehr Leute, die mich ausgebuht haben. Tendenziell bin ich der Heel, aber wenn ich in meine Heimatstadt Hamburg zurückkomme, wird die Halle trotzdem Kopf stehen. Man kann mich als beides einsetzen, aber ich mache, glaube ich, einen ganz guten Job als Heel.

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SPORT1: Im vergangenen Jahr hat ein Zuschauer Ihnen bei einem NXT-Event den Nazi-Gruß gezeigt, Sie wollten ihn dann rauswerfen lassen. Was haben Sie in dem Moment gedacht? 

Barthel: Ich bin bei diesem Thema sehr empfindlich, weil ich persönlich betroffen bin und in dieser Zeit mehrere Familienmitglieder verloren habe. Über meine Familie ist damals viel Leid und Qual gekommen, mein Vater war Kriegsgefangener. Ich finde, dass so etwas nirgendwo auf der Welt etwas zu suchen hat. Das gilt für uns als WWE und NXT, aber auch im Sport wie jetzt zum Beispiel gerade im Fußball. Wer uns anschaut und an solche Sachen denkt, muss hinterfragen, was in deren Leben falsch läuft. Ich bin der letzte Mensch, der etwas Politisches zeigen will. Als Profi werden einen viele Sachen an den Kopf geschmissen, wenn man auf dem Weg zum Ring ist. Unser Job ist es, damit professionell umzugehen und den Leuten eine gute Show zu bieten. In diesem Fall habe ich mir mein Recht vorbehalten, zu sagen, dass man diesen Mann rausschmeißen soll. Es gab auch Fälle, bei denen japanische oder dunkelhäutige Ringerinnen derartig angegangen wurden. Das ist leider ein Problem auf der ganzen Welt, das gibt es beim Fußball und beim Catchen. Wir als Firma distanzieren uns von allen politischen Sachen und fokussieren uns auf die beste sportliche Leistung des Abends, dafür steht Imperium.

"Das war eine krasse Belastung"

SPORT1: Sie verbringen den Tag regelmäßig im Performance Center (PC), in dem wegen der Coronakrise nun auch WrestleMania stattfindet. Wie ist der normale Tagesablauf für WWE-Talente?

Barthel: Man weiß nie, wer reinspaziert. Ich persönlich muss mittlerweile nicht mehr so oft ins PC. Das ist wie eine eigene Welt und eine eigene Liga. Man muss sich hocharbeiten. Wir (Barthel und Tag-Team-Partner Aichner aus Südtirol, Anm. d. Red.) haben wie jeder andere angefangen mit allen möglichen Hilfsjobs, die man machen muss. Wir haben mitgemacht und hart gearbeitet, obwohl wir schon zehn Jahre dabei waren. Wir waren alle auf einer Ebene und haben Vollgas geben, das hat sich gelohnt. Nach anderthalb Jahren sind wir auf einem Stand, dass wir nur dreimal die Woche trainieren müssen. Wir arbeiten im Gym, haben sogenannte Skull-Sessions mit Shawn Michaels und gehen einmal noch extra zum Trainieren rein.

SPORT1: Was hat sich seit Ihrer Vertragsunterschrift geändert?

Barthel: Am Anfang mussten wir jeden Tag rein, der einzige freie Tag war Sonntag. Wir sind von Montag bis Mittwoch in den Ring gegangen, haben Donnerstag wieder trainiert und sind nach dem Duschen sofort zu einer Houseshow (Show, die nicht im TV übertragen wird) gefahren. Man ist dann erst um ein Uhr zuhause und am nächsten Tag geht das Ganze wieder los. Das war eine krasse Belastung. Für mich war das nichts Neues: Wir haben bei wXw das gleiche gemacht, nur für viel weniger Geld. (lacht) Ich habe mich also nicht darüber beklagt und gemeckert, dass ich den Ring aufbauen muss. Wir haben ganz unten angefangen und uns hochgearbeitet. Jetzt sind wir auf einem Stand, wo wir nicht mehr so oft kommen müssen und nicht mehr ganz so doll geknechtet werden. Es ist einfach schön, da zu sein und wir gehen gerne da hin. Es gibt eine Gruppe von Leuten, die nicht mehr ins PC müssen. Ich könnte auch wegziehen aus Orlando, aber wir wollen da rein und ich möchte gern hierbleiben. Das ist eine schöne Stadt, hier ist das PC und die TV-Tapings. Wir bleiben hier und trainieren mit coolen Leuten. Das tut ja nicht weh… wobei, unter Umständen schon (lacht).